Скачать книгу

müsstest du doch eigentlich besser wissen, mein Schatz.«

      »Etwa Kilian, dieser Schauspieler?«, fragte Fee. »Ich habe sie mal zusammen gesehen. Dieser Herzensbrecher passt doch auch nicht zu ihr.«

      »Vielleicht denkt sie anders. Zerbrechen wir uns nicht den Kopf darüber. Ich mache mir Sorgen über Annika.«

      »Annika Winkler? Was fehlt ihr denn?«

      »Die Mutter, mein Liebes.«

      »Es war eine Rabenmutter«, sagte Fee aggressiv. »Annika kann sie nicht vermissen. Herr Winkler ist ein guter Vater.«

      »Aber er hat keine Zeit für das Kind, und die schwere Grippe hatte die Kleine sehr mitgenommen. Winkler will sie in ein Kinderheim bringen, aber sie sträubt sich mit Händen und Füßen dagegen. Sie möchte zu ihrer Großi, aber du weißt ja, wie die alte Frau Winkler beisammen ist.«

      »Jetzt fängst du auch schon damit an, Frauen um die sechzig als alt zu bezeichnen«, sagte Fee verweisend.

      »Das war nur der Vergleich zur jungen Frau Winkler, die ja mit ihrem Liebhaber über alle Berge ist«, erklärte Daniel. »Gerald Winklers Mutter ist durch die Scheidungsgeschichte schrecklich mitgenommen.«

      »Sie wollte doch auf die Insel der Hoffnung gehen. Da könnte sie Annika mitnehmen.«

      »Das will Herr Winkler anscheinend nicht. Er fühlt sich noch schuldbewusst, weil er die Scheidung eingereicht hat.«

      »Du liebe Güte, es gibt schon seltsame Männer. Ihm sind doch wahrhaftig Hörner aufgesetzt worden.«

      »Aber er hat gehofft, dass seine Frau Annika zuliebe zur Vernunft kommt. Nun macht er sich Vorwürfe, weil seine Mutter unter all diesem Getratsch so leidet.«

      »Sie leidet nur, weil ihr Sohn so betrogen worden ist. Er ist doch wahrhaft ein feiner Mensch.« Sie machte eine kleine Pause und dachte nach. »Könnten wir ihn nicht überzeugen, dass es gut für seine Mutter und auch für Annika ist, wenn sie gemeinsam auf die Insel gehen?«

      »Ich möchte mich da nicht einmischen, Feelein«, sagte Daniel.

      »Dann werde ich mal mit Frau Winkler sprechen.«

      »Du bist ein Schatz.«

      »Mein Schatz ist Mami«, meldete sich Danny zu Wort.

      »Meine Mami«, rief der kleine Felix weinerlich. Er wollte nicht hintenan gestellt sein, aber das stand auch nicht zu befürchten. Fee und Daniel Norden liebten ihre Kinder über alles, und nun hofften sie darauf, dass sich zu den beiden Buben auch noch ein Schwesterchen gesellen würde. Daniel wünschte sich von ganzem Herzen eine kleine Fee, und er wusste ganz genau, dass es in seiner Ehe niemals solche Probleme geben würde wie bei den Winklers.

      Deren Ehe war unter ganz anderen Umständen geschlossen worden. Gerald Winkler, ein bekannter Verleger, hatte die sehr reizvolle Kunststudentin Vera bei einer Vernissage kennengelernt, sich Hals über Kopf in sie verliebt und schon nach wenigen Wochen geheiratet.

      Sie hatten ihre Tochter Annika bekommen, aber Vera war das Leben an Geralds Seite bald langweilig geworden. Sie war anspruchsvoll und ebenso exaltiert, und sie fand es äußerst schick, sich mehr in den Kreisen der Nichtstuer zu bewegen, als Ehefrau und Mutter zu sein. Sie hatte ihre Affären, aber einige Jahre verstand sie es doch recht geschickt, diese der Öffentlichkeit vorzuenthalten. Doch eines Tages ließ sie dann alle Rücksichten fallen, als sie sich in einen bekannten Schlagersänger verliebte, der nicht gerade den besten Ruf genoss. Dies aber brachte für ihren Mann das Fass zum Überlaufen. Lächerlich ließ sich Gerald Winkler dann doch nicht machen. Es war schon ein Schock für Vera gewesen, als er kurzerhand die Scheidung einreichte. Als ihm dann auch Annika zugesprochen wurde, wusste Vera, dass sie zu viel riskiert hatte. Sie hatte alles aufs Spiel gesetzt, verloren und dann gemeint, mit Annika einen Trumpf in der Hand zu haben, doch diesmal hatte sich Gerald Winkler von seiner härtesten Seite gezeigt.

      Annika vermisste ihre Mutter nicht, aber sie war acht Jahre alt und verstand, was man klatschte. Und es traf sie tief, dass man ihren geliebten Papi so hintergangen hatte. Sie hatte mitbekommen, dass man ihre Mutter als Flittchen bezeichnete. Flittchen war ein schlimmes Wort, das hatte Annika begriffen. Sie wollte nicht mehr zur Schule gehen und wollte auch nicht mehr hören, wenn sich die beiden Hausmädchen unterhielten.

      Dr. Nordens Sorge um das Kind war durchaus begründet, denn Annika hatte auch keinen Appetit mehr, und zuzusetzen hatte sie sowieso nichts.

      Fee Norden sprach schon am nächsten Tag mit Frau Winkler, und schon wenige Tage später trafen die »Großi« und ihre Enkelin auf der Insel der Hoffnung ein.

      Dass es mit ihnen dort wieder aufwärtsgehen würde, davon war Fee Norden überzeugt.

      Gerald Winkler stürzte sich noch mehr in die Arbeit, und Helga Merten bekam auch viel zu tun. Jetzt war es ihr ganz angenehm, in dem ruhigen Vorort wohnen zu können. Purzel erwies sich auch als rücksichtsvoller Hund. Ihr taten die Spaziergänge gut, zu denen er sie zwang. In dem Großstadtgetriebe hätte sie sich dazu nicht aufraffen können.

      Wenn Viola diesen Schnösel heiratet, werde ich diese Wohnung übernehmen, dachte sie. Gerald Winkler wohnte nur ein paar Straßen weiter. Er war sehr überrascht gewesen, als sie ihm sagte, wo sie die nächsten vier Wochen zu erreichen wäre, und nun brachte er ihr die Arbeiten aus dem Verlag mit.

      Gerald Winkler schätzte Helgas Zuverlässigkeit, und er schätzte sie auch deshalb, weil sie sich niemals einzuschmeicheln versuchte, Distanz wahrte und niemals den Versuch machte, einen anderen auszubooten.

      Helga schätzte Gerald Winkler als überaus anständigen Chef, und sie hatte Mitgefühl mit ihm wegen dieser hässlichen Scheidungsaffäre. Immer trifft es doch die Anständigen, dachte sie für sich.

      Hoffentlich kommt Viola nicht auch mit einem Katzenjammer heim, dachte sie bekümmert. Oder lieber doch, bevor es zu spät ist, überlegte sie weiter. Warum war sie nur so skeptisch? Es schien bei den beiden doch wirklich alles in Ordnung zu sein. Hätte sie Viola jetzt sehen können, wäre sie davon sogar überzeugt gewesen.

      Viola war unbefangenen Gemütes und hatte die ersten Tage der Schiffsreise sehr genossen, im Gegensatz zu Werner Kilian, der in der Kabine geblieben war und seine Ruhe haben wollte.

      »Ich fühle mich elend, ich bin überarbeitet«, hatte er zu Viola gesagt und sie ziemlich barsch angeredet.

      Nun gut, dachte sie, er soll seine Ruhe haben. Ich lasse mir den Urlaub nicht vermiesen.

      Viola sah blendend aus und wurde umschwärmt. Und als Werner dann aus der Versenkung auftauchte, gefiel ihm das gar nicht. Es kränkte ihn in seiner Eitelkeit, und er demonstrierte auffällig, wer bei Viola das Sagen hatte.

      Aber es gab noch eine ganze Anzahl hübscher Frauen an Bord, und wenn er der Mittelpunkt war, fühlte er sich ganz in seinem Element. Da Viola tolerant und in Urlaubsstimmung war, kam es nicht zu Differenzen. Sie dachte jetzt auch nicht mehr daran, dass ihr Sparkonto durch diese Reise gewaltig reduziert worden war. Sie würde von Werner ja alles zurückbekommen, und schließlich war es gleich, wer die Reise bezahlte und wer die Wohnung.

      *

      Purzel schien sein Frauchen nicht mehr zu vermissen, und Helga hatte sich so an den lieben kleinen Kerl gewöhnt, dass sie ihn auch nicht mehr missen wollte.

      Als er sie jedoch bei einer ganz schwierigen und dazu noch dringenden Arbeit mit einem ungewohnten Jaulen störte, wurde sie ungehalten.

      »Beherrsch dich, Purzel, deine Zeit ist noch nicht gekommen«, sagte sie, aber diesmal ließ er sich nicht beruhigen.

      »Na, dann, ab durch die Mitte«, sagte sie seufzend. »Was fehlt dir denn nur.«

      Das merkte sie dann, als sie aus dem Haus traten, denn auf den Stufen hockte eine zusammengekrümmte Frau.

      »Ich kann nicht mehr«, stöhnte sie, »ich kann nicht mehr weiter. Bitte …« Aber sie konnte nicht mehr sprechen.

      Helga überlegte blitzschnell. Sie sah, dass die Frau schwanger war,

Скачать книгу