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Dr. Norden Bestseller Classic 50 – Arztroman. Patricia Vandenberg
Читать онлайн.Название Dr. Norden Bestseller Classic 50 – Arztroman
Год выпуска 0
isbn 9783740967086
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Dr. Norden Bestseller Classic
Издательство Bookwire
»Ich rufe einen Arzt«, sagte sie.
Purzel hatte sich auf die Treppe gesetzt, und dort saß er auch noch, als Helga zurückkam.
»Dr. Norden kommt sofort«, sagte sie beruhigend.
Sie wollte der jungen Frau emporhelfen, aber die schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht. Ich kann keinen Schritt mehr gehen«, stöhnte sie. »Viola – Viola …« Da wurde sie ohnmächtig.
Helga verlor nicht so leicht die Fassung, aber nun war sie doch maßlos erschrocken. Die Fremde wollte zu Viola. Es war kein Zufall, dass sie hierhergekommen war.
Purzel schien sie zu kennen, deswegen hatte er so gejault, aber Helga hatte diese junge Frau noch nie gesehen.
Dr. Norden kam. »Bitte rufen Sie den Notarztwagen. Es eilt«, sagte er zu Helga. Er sagte ihr die Nummer. Helga rannte die Treppe empor. Es war ein Glück, dass sie ein so gutes Zahlengedächtnis hatte, das auch in der Aufregung nicht versagte.
Der Notarztwagen kam. Auf der Straße hatten sich schon einige Neugierige angesammelt, doch von alldem nahm Helga keine Notiz. Sie hörte nur, wie Dr. Norden sagte: »Zur Frauenklinik Dr. Leitner, schnellstens.«
Purzel begann wieder zu jaulen. Sie kniete nieder und streichelte ihn, und als sie sich aufrichtete, stand ein großer breitschultriger Mann vor ihr.
Die Wagen waren davongefahren, die Neugierigen waren wieder gegangen, nur dieser Mann war da.
»Was ist denn hier los?«, fragte er heiser. »Was machen Sie hier? Ist etwas mit Frau Röhm?«
Helga hatte ihre Fassung zurückgewonnen. Purzel begrüßte den großen Mann nun schwanzwedelnd.
»Wer sind denn Sie?«, fragte Helga tonlos.
»Rodenberg. Mir gehört das Haus, wenn Sie nichts dagegen haben.«
Viola hatte ihr gesagt, dass der Hausbesitzer einige Monate beruflich abwesend sei. Mehr wusste sie über ihn nicht, aber Helga hatte sich auch nie dafür interessiert, wem das Haus gehörte.
»Ich heiße Helga Merten und bin eine Freundin von Viola. Sie hat Urlaub, und ich betreue Purzel«, sagte sie kühl. »Passt Ihnen das nicht?«
In seinen hellen Augen blitzte es auf. »Verzeihung«, sagte er nun höflich. »Ich habe mich nur über den Menschenauflauf gewundert und dachte, dass Viola etwas passiert ist.«
»Es war eine fremde junge Frau, die hier zusammengebrochen ist«, erwiderte Helga zurückhaltend. »Ich habe den Arzt gerufen, und nun ist sie in die Klinik gebracht worden. Und ich werde wieder an die Arbeit gehen, die dringend fertig werden muss. Ich hoffe, dass Sie durch meine Anwesenheit nicht gestört werden.«
»Bitte, nicht so aggressiv«, sagte er. »Ich war erschrocken. Wenn man nach langer Abwesenheit so empfangen wird, ist das doch wohl nicht verwunderlich. Wollen wir nicht einen Beruhigungsschluck nehmen?«
»Nein, danke, ich muss arbeiten«, erwiderte Helga. »Komm, Purzel.«
Er folgte ihr, aber doch etwas widerwillig, und er drehte sich immer wieder zu Herrn Rodenberg um.
»Wir sehen uns schon noch, Purzel«, sagte der. »Ich bitte nochmals um Verzeihung, gnädige Frau.«
Helga warf den Kopf herum. »Ich bin durchaus nicht gnädig«, konterte sie und verschwand schon hinter der Wohnungstür.
»Und du benimmst dich jetzt, Purzel, sonst kannst du meinetwegen zu diesem Tölpel gehen«, sagte sie. Doch dann ebbte ihre Erregung schnell ab, und sie dachte darüber nach, ob dieser Mann für Viola nicht auch sehr viel übrig hatte. Seltsam war es schon, dass sie nie über ihn gesprochen hatte. Seltsam war es aber auch, dass ein anscheinend alleinstehender Mann und Viola unter einem Dach wohnten.
Helga schob alle Gedanken schnell beiseite, um sich der unterbrochenen Arbeit zu widmen. Sie musste sich immer wieder erst gedanklich in diese Übersetzungen hineinfinden, und deswegen mochte sie es gar nicht, wenn sie herausgerissen wurde. Doch Purzel benahm sich nun auch wieder manierlich, und da sie ein sehr pflichtbewusster Mensch war, gelang es ihr, auch das Nachdenken über diesen dramatischen Zwischenfall auszuschalten.
*
Dr. Norden hatte seinen Freund und Kollegen Dr. Leitner schnellstens informiert, und der OP in der Frauenklinik war gleich bereit.
»Name der Patientin?«, fragte Schwester Hilde.
»Vorerst noch unbekannt«, erwiderte Dr. Norden.
»Damit können wir uns nicht aufhalten«, sagte Dr. Hans-Georg Leitner. »Es besteht höchste Lebensgefahr.«
Er sah Daniel an. »Es ist tragisch. Sechster Monat. Ich werde nicht umhinkommen, das Kind mit der Gebärmutter zu entfernen. Sonst hat die Frau keine Überlebenschance, die Blutung kommt nicht zum Stillstand.«
Herr im Himmel, dachte Daniel, und dann wird sie kein Kind mehr bekommen können.
»Du musst es wissen, Schorsch«, sagte er zu seinem Freund.
»Mir graust immer vor solchen Eingriffen«, erwiderte der. »Aber ihre Chancen sind ohnehin minimal.«
Dr. Norden war froh, dass er dieser Operation nicht beiwohnen musste. Auf ihn wartete allerdings ein volles Wartezimmer.
Dr. Leitner operierte. Er wusste, dass er auch für sich ein Risiko einging, denn eine Uterusamputation bedurfte der Einwilligung der Patientin oder ihres Mannes.
Aber die Patientin war bewusstlos, und den Namen des Mannes kannte man so wenig wie den ihren. Und wenn man auf die Einwilligung nicht verzichten wollte, konnte man sie gleich sterben lassen.
Es war eine noch junge Frau, knapp dreißig, schätzte Dr. Leitner. Sie war gut gekleidet und gepflegt. Jetzt sah sie elend aus, aber normalerweise musste man sie wohl schön nennen können.
Dr. Leitner operierte. Er wusste, dass es um Minuten ging, Minuten, die über Leben und Tod entscheiden konnten. Er öffnete die Bauchhöhle mit der traumwandlerischen Sicherheit, die man von ihm gewohnt war. Jeder andere Gedanke war ausgeschaltet, wenn es für ihn darum ging, ein Leben zu retten.
Der Zeiger der Uhr sprang von Minute zu Minute, aber darauf achtete niemand. Jedermann im OP wusste, dass das Kind keinesfalls zu retten war, aber die Patientin überlebte. Zumindest starb sie nicht auf dem Operationstisch, wenn sie jetzt auch aussah, als hätte sie keinen Tropfen Blut mehr in sich. Wächsern war ihr Gesicht, wie eine Maske, aber das Herz schlug noch. Es fragte sich nur, ob es noch genügend Kraft hatte.
»Transfusion wiederholen«, sagte Dr. Leitner erschöpft. Und dann erst kam ihm der Gedanke, welche Probleme ihm durch diese Patientin entstehen könnten.
Helga hatte indessen den schwierigsten Teil ihrer Übersetzung beendet, und als Purzel wieder zu jaulen begann, war sie nicht mehr so ungehalten.
»Du hast es heute aber wichtig«, sagte sie, aber da hörte sie den Türgong. Vielleicht hatte er schon einmal angeschlagen.
»Bist ja ein braver Hund, Purzel«, sagte sie. Als sie die Treppe hinunterging, steckte auch Theo Rodenberg seinen Kopf aus der Wohnungstür. Er sah verschlafen aus, sein Haar war zerrauft.
»Hat es bei Ihnen auch geläutet?«, fragte er mürrisch. »Das wird ein Hausierer sein.«
Helga war nun schon mal unten. Es konnte auch Gerald Winkler sein, der ihr wieder Arbeit brachte.
Doch vor der Tür stand ein Taxichauffeur. Er nahm seine Mütze vom Kopf und sagte höflich: »Ich dachte schon, es wäre niemand zu Hause. Da habe ich heute eine junge Frau hergefahren, und die hat ihre Tasche im Taxi liegen lassen. Es ging ihr anscheinend nicht gut.«
Helga war so bestürzt, dass sie nicht gleich etwas sagen konnte, und da hatte er ihr auch schon die Tasche in die Hand gedrückt.
»Ich muss weiter«, sagte er noch, und schon ging er davon.
»Hallo«, rief Helga ihm nach, und er drehte