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warum sollte ich? Ich habe doch noch nie gebetet, das weißt du doch.«

      Nach einer weiteren Pause legte er sich plötzlich auf sie, packte sie am Hals und drückte mit beiden Händen kräftig zu. Inge Schubert strampelte in Todesangst mit den Beinen und versuchte, ihn wegzustoßen. Aber es gelang ihr nicht. Nach einer kurzen heftigen Gegenwehr wurden ihre Bewegungen zunehmend kraftloser, bis sie ohne sichtbare Lebenszeichen liegen blieb.

      Switalla stand nun auf, schaltete das Licht wieder ein und ging in das Wohnzimmer, wo er seine Kleidungsstücke abgelegt hatte. Er nahm das Brotmesser aus seinem Mantel. An das Bett zurückgekehrt, schlitzte er ihr die linke Halsschlagader auf, durchschnitt anschließend die vordere Halspartie völlig und setzte mehrere Stiche in die Herzregion. Er war sich plötzlich nicht mehr sicher, ob er sie durch das Würgen wirklich getötet hatte.

      Als das grausame Werk getan war, begann er, den Leichnam zu sezieren, denn er verfügte ja über einige berufliche Erfahrungen auf diesem Gebiet. Sektionsgehilfe, das war schon immer sein Traumberuf gewesen. Er fügte dem Opfer mehrere Schnittverletzungen im Gesicht zu und öffnete den Bauchraum, wobei er bemerkte, dass das Messer mehr riss als schnitt. Darüber war Switalla sehr verärgert und stellte das Massaker umgehend ein. Er ging in das ans Schlafzimmer angrenzende Wohnzimmer und wollte sich wieder anziehen, da entschloss er sich zu einem weiteren Selbstversuch.

      Da ihn die Tat nicht sonderlich erregt hatte und er ruhig geblieben war, kehrte er in das Schlafzimmer zurück, um zu testen, ob ihn der Anblick mit dem vielen Blut erschüttern würde. Das war nicht der Fall. Die Ermordung von Inge Schubert hatte ihn nicht berührt, er fühlte sich befreit, irgendwie so, als ob gar nichts geschehen wäre. In aller Ruhe zog er sich nun an und steckte eine Packung Schlaftabletten der Marke »Kalypnon« ein, die sich in einer Glasschale auf dem Wohnzimmertisch befand. Mit diesen wollte er sein Leben beenden, nachdem er seinen Plan nun endlich vollendet haben würde.

      Aus der Manteltasche von Inge Schubert nahm er noch den Haus- und Wohnungsschlüssel. Er wollte schon gehen, da stiegen wieder Zweifel in ihm auf: Diese Prüfung hast du bestanden, dachte er, du bist ruhig und gelassen geblieben. Aber gelingt das auch, wenn es dann wirklich darauf ankommt? Und willst du das auch? Er entschied sich für eine weitere Prüfung. Er löschte das Licht und verschloss die Tür; sein mörderischer Besuch hatte etwa dreißig Minuten gedauert.

      Gegen 1.30 Uhr klingelte er nach einem Fußweg von ungefähr einer halben Stunde (wir befinden uns also immer noch im Stadtbezirk Berlin-Mitte) an der Wohnungstür von Ursula Kaschube, mit der er eine konfliktbehaftete, oft in Alkohol ertränkte lose Beziehung unterhielt. Er wusste, dass sie allein lebte. Trotz aller Konflikte in der Vergangenheit (die Volkspolizei in Mitte musste Ursula Kaschube mehrmals schützen!) wurde er eingelassen, so wie er es vorausgedacht hatte. Es gab kein Licht in der Wohnung, denn in den elek­trischen Leitungen hatte es geknistert, so dass sie vorsichthalber alle Sicherungen herausgedreht hatte. Auf dem Betttisch stand nur ein kleiner Kerzenrest, den Switalla bei seiner Ankunft anzündete, da in der Wohnung auch keine Streichhölzer vorhanden waren.

      Sie rauchten gemeinsam eine Zigarette und legten sich auf das Sofa im Zimmer. Switalla zog sich bis auf die Unterhose aus; da an seinem Unterhemd bereits viel Blut war, wollte er es nicht noch mehr beschmutzen.

      Beide sprachen noch drei Minuten miteinander, dann legte er unvermittelt seine Hände um ihren Hals und würgte sie, bis keine Bewegungen mehr zu verzeichnen waren. Als er losließ, machte Ursula Kaschube noch einige röchelnde Atemzüge. Switalla nahm ein Kissen vom Sofa und drückte es ihr aufs Gesicht, bis er glaubte, dass sie tot sei. Er legte sein Ohr an ihre Brust, hörte keine Herzschläge mehr und nahm auch keinerlei Bewegung in ihrem Körper wahr.

      Nun wollte er wie bei Inge Schubert mit dem mitgebrachten Messer seinem zweiten Opfer die Halsschlagadern aufschneiden, um den Tod mit Sicherheit herbeizuführen. Er nahm zunächst davon Abstand, weil er plante, dort in der Wohnung zu übernachten, sich auszuschlafen und Kraft zu sammeln für die eigentliche Prüfung – und auf einem blutüberströmten Sofa war das wohl kaum möglich. Um sein Vorhaben trotzdem realisieren zu können, legte er einige Matratzen, die an der Schrankecke standen, und einige Bekleidungsstücke auf den Fußboden des Wohnzimmers. Anschließend bettete er das Opfer darauf und schlitzte ihm mit dem mitgebrachten und schon verwendeten Brotmesser die linke Halsschlagader auf. Zur Sicherheit wollte er ihr das Messer noch in das Herz stoßen. Dabei waren ihm allerdings die Kleidungsstücke, die Ursula Kaschube trug, im Wege. So riss er ihr den BH und den Hüfthalter vom Körper, bis sie völlig nackt dalag.

      Nun stieß er ihr mehrere Male mit dem Messer in die Herzregion und schnitt ihr den Hals durch. Er vollzog an ihr einen Kragenschnitt von Schulter zu Schulter, wobei er wieder die »Vision des Sezierens« hatte. Anschließend schnitt Switalla die Haut vom Kragenschnitt aus über dem Brustbein auf, verlängerte den Schnitt über die Bauchdecke bis zu den Genitalien und setzte dann das Messer am rechten Oberschenkel an. Er hatte die Absicht, den Oberschenkelknochen herauszulösen, was er aber nicht realisieren konnte, da das Messer zu stumpf war. Er wollte nun ihren rechten Unterschenkel abtrennen, was ihm aber wegen des unscharfen Messers auch nicht gelang. Er ärgerte sich sehr über sein mangelhaftes Sektionswerkzeug und gab sein Vorhaben auf, auch seinen Plan, in der Wohnung zu übernachten. Man konnte ja auch kaum etwas sehen; nur der kleine brennende Kerzenstummel spendete etwas Licht …

      Er nahm das blutige Messer, tastete sich durch die dunkle Wohnung zur Küche, säuberte es dort unter dem Wasserhahn und trocknete es an einem Handtuch ab.

      Wie schon bei Inge Schubert hielt er auch hier einen Moment lang inne, um seine Erregungszustände zu begutachten. Wieder fiel ihm dabei auf, dass er während der gesamten grausamen Tat ruhig und gelassen geblieben war. Er ging zum Wohnzimmer zurück, steckte das Messer in die linke Innentasche seines Mantels und zog sich an. Er steckte Wohnungs- und Haustürschlüssel, die auf dem Tisch lagen, ein, löschte ordnungsgemäß die Kerze und verließ die Wohnung. Mit einem Taxi begab er sich auf den Nachhauseweg in die Linienstraße, wo er gegen 2.30 Uhr eintraf.

      Die Mutter hatte ihren Sohn bei seiner Rückkehr offensichtlich nicht kommen hören. Switalla ging in die Küche, wo sein Bett stand, entkleidete sich und legte sich schlafen. Zuvor hatte er sich den Wecker gestellt, da er bereits um 6 Uhr in Berlin-Karlshorst sein wollte.

      Seit einer tätlichen Auseinandersetzung im Dezember 1968 und der darauf von seiner Ehefrau Rosemarie erstatteten Anzeige gegen ihn reifte in ihm der feste Entschluss, seine Angetraute zu ermorden. Er glaubte, sie für immer verloren zu haben, und wollte nicht, dass sie ein anderer Mann bekommt.

      Zur Tötung seiner Frau hatte er mehrere Pläne in Erwägung gezogen. Einer sah vor, einen Polizisten zu überfallen, um so an eine Pistole zu gelangen. Diesen Plan hatte er jedoch wieder verworfen. Terminlich hatte sich Switalla eigentlich auf den 25. Februar 1969 festgelegt, den Tag der Ehescheidung vor Gericht. Er stellte sich vor, im Gerichtssaal seine Rosemarie mit einem Messer zu töten und anschließend seinem Leben selbst ein Ende zu setzen.

      Aber nun, nach der Auseinandersetzung mit »Henne« und der drohenden Anzeige, schien es ihm angebracht, sein Vorhaben umgehend auszuführen.

      Um 5.30 Uhr klingelte der Wecker, und Switalla, beseelt von seinem Projekt, das er nun verwirklichen wollte, stand sofort auf. Er dachte schnell und unkon­trolliert, aber war ganz ruhig. Heute schaffe ich es, sagte er zu sich selbst, heute kommt die Vollendung, ich koste den Gedanken aus, bis ich da bin und weiß, dass nichts mehr angefangen werden kann. Alles geht seinem Ende entgegen.

      Er fuhr mit der S-Bahn nach Karlshorst, wo er ungefähr nach einer Stunde ankam. Dann lief er in die Brehmstraße. Hier wohnte seine Frau in einem Mehrfamilienhaus zusammen mit ihrem geschiedenen Ehemann Wolfgang Kirchhoff, deren drei Töchtern und dem gemeinsam mit Switalla gezeugten Sohn. Es war noch früh am Tag, doch Switalla mutmaßte, dass Wolfgang Kirchhoff bereits auf seiner Arbeitsstelle verweilte.

      Er war sich aber nicht ganz sicher. Die Haustür war verschlossen. Es war noch dunkel, und seine Beobachtungen der unbeleuchteten Fenster brachten ihm keine neuen Erkenntnisse.

      So entschloss er sich, noch einige Zeit verstreichen zu lassen, und spazierte im Wohngebiet umher, auch zum nahe gelegenen Friedhof. Hinter den Bahnschienen lag der Tierpark, und er nahm Raubtiergerüche vom Alfred-Brehm-Haus

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