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dem Bruder, als sie neben dem Wagen standen, ehe Frank ihn zum Tor kutschierte.

      »Halt’s Maul!« herrschte Halbom den Bruder an.

      Auch das dritte Opfer bekamen sie nicht zu Gesicht.

      Das heißt, das hatte Hal auch nicht erwartet.

      Er wußte genau, wo sich die kleine Erica Hartman befand. Viele Stunden hatte er dafür geopfert, um das herauszubekommen. Während die anderen Boys im Saloon hinter ihrem Bier oder Whisky standen, war er wie ein streunender Wolf durch die Gassen gezogen und hatte seine Opfer beobachtet.

      Nichtsahnend hatte die Wäscherin Harma Lonegan ihm alles von dem kleinen John Dandyson erzählt, was er wissen wollte. Und die sechzehnjährige Joana Moorfield, die in der Nagelhütte des österreichischen Einwanderers Hartman arbeitete, hatte dem Texaner alles über die kleine Erica Hartman gesagt, was er für seinen Plan wissen mußte.

      Aber keine der beiden Frauen vermochte sich später daran zu erinnern. So raffiniert hatte der Desperado sie ausgeforscht!

      Als sie an Hartmans Hof vorüberkamen, sah Ed den großen, struppigen Hund, der vorn im Tor stand.

      Ob Hal auch mit ihm gerechnet hatte?

      Ed sah den Bruder an.

      Der blickte aus hellen Augen auf das große Tier.

      Da wußte Ed, daß Hal auch mit dem Hund gerechnet hatte, daß der ein Faktor in Hals großem Plan war.

      Hals Plan war für Ed etwas Gewaltiges, von dem er so gut wie nichts wußte. Oder doch nur soviel, daß er ihnen Geld bringen würde. Und daß sie drei Kinder spazieren fahren wollten, um an dieses Geld zu kommen.

      Ed hielt es für eine Idee, die ebenso einmalig war, wie sie ihm ungeheuerlich erschien. Das Verbrecherische daran war ihm nur vage bewußt.

      Noch einmal hatte Halbom Chester die Orte gesehen, die er in der kommenden Woche schon als Verbrecher betreten wollte.

      Völlig ahnungslos ritt Frank Macirian hinter den Brüdern her. Jawohl, er war ahnungslos, wenn er auch später glaubte, schon zu diesem Zeitpunkt von einer düsteren Vorahnung bedrückt worden zu sein.

      Im allerletzten Augenblick schien sich noch ein schier unüberbrückbares Hindernis für Hal zu ergeben, ein Umstand, der seinen ganzen Plan fast zum Scheitern gebracht hätte.

      Als sie nämlich auf die Ranch zurückkamen, stand Randolph Gloster mitten im Hof in der prallen Sonne. Der Rancherssohn trug sich wie immer städtisch, hatte eine Reitgerte in der Hand, mit der er nervös und sichtlich ungehalten gegen seine hellbraunen weichen Stiefel schlug.

      Hal blickte ihm argwöhnisch entgegen. Er spürte, daß da etwas auf ihn zukam, was sein Werk aufhalten könnte.

      Ja, er nannte es bei sich allen Ernstes sein Werk! Und dennoch wußte Halbom Chester, daß das, was er da plante, ein schweres Verbrechen war.

      Kindesraub! Zum Zwecke der Gelderpressung.

      Erst vor acht Jahren war unten an der Küste von Louisiana ein Mann deswegen an den Galgen gebracht worden.

      Es ist nie ermittelt worden, ob Halbom Chester gewußt hatte von dem Mulatten Drobkin, oder von den beiden Headlands, die in Boston ein Mädchen geraubt hatten, um von einem reichen Goldhändler Geld zu erpressen. Von Ester Hastings, die in New York einer Geschäftsfrau das Baby gestohlen hatte, um zu Geld zu kommen. Und von den siebzehn anderen Fällen des Kindesraubes, die die Kriminalgeschichte der jungen Union bereits aufzuweisen hatte.

      Doch noch niemals bis zu diesem Tage war im sogenannten Wilden Westen ein derartiges Verbrechen verübt worden.

      Der Rancherssohn blickte an den drei Peons, die jetzt in den Hof ritten, vorbei und rief mit seiner schnarrenden, schon quäkenden Stimme nach dem Vormann.

      »Ginger! Kommen Sie rasch zu mir!«

      Ernest Ginger trat aus einem der Ställe und kam auf den Sohn des Bosses zu.

      Laut rief ihm der entgegen: »Gerade war einer der Boys vom Vorwerk da. Heute nacht sind an die siebzig Rinder abgetrieben worden. Geo Barks hat sofort sämtliche Männer aufgebracht, um die Tiere einzufangen. Aber es sind entschieden zu wenig Männer auf dem Vorwerk. Sie müssen noch zehn Leute zusammenbringen, Ginger. Rasch.«

      Der Vormann sagte sofort: »Ich habe heute nur noch drei Cowboys hier, und die werden drüben beim Brennen gebraucht. Dann müssen wir eben die Peons nehmen.«

      Der Blick des Ranchersohnes glitt sofort auf die drei jungen Männer, die eben von den Pferden gestiegen waren und jedes Wort mitangehört hatten.

      »Well, das ist richtig. Chester, machen Sie sich sofort mit sämtlichen Leuten fertig. Sie müssen Proviant mitnehmen für wenigstens zwei Tage.«

      Der Vormann knurrte ungehalten: »Ich mache das schon.«

      »Ja, ich weiß.«

      Randolph Gloster wandte sich ab und ging lässig schlendernd auf das Ranchhaus zu, in dessen halboffener Tür soeben Lolita erschien.

      Sie war wieder auffällig gekleidet. Mit ihrem leuchtendroten Rock und der blauen Bluse und sah bildhübsch aus.

      Frank Macirian vermochte den Blick nicht von ihr loszureißen.

      Der Vormann blickte ihn finster an.

      »He, was gaffst du da, Macirian? Mach die Klappe zu, sonst fliegen dir die Zähne noch versehentlich davon!«

      Macirian zuckte wie unter einem Schlag zusammen und senkte den Kopf.

      »Ist doch verständlich, Mr. Ginger«, sagte da Halbom Chester, »wenn ein heißblütiger Arizonamann sich nach einem so hübschen Girl umsieht.«

      »So, findest du, Hal?« kam es heiser über die Lippen des Vormanns, und finster ruhte sein Blick auf dem Gesicht des heißblütigen Arizonamannes.

      »Dann wird’s ja wohl Zeit, daß ich ihm etwas Abkühlung besorge.«

      »Ich glaube, er hat nicht allzuviel Lust, den heißen Treck nach Texas hinüber mitzumachen!« Geschickt riß Hal die Sache auf diese Weise herum.

      Der Vormann musterte Macirian giftig.

      »So also ist das, Junge. Na warte, dann bist du auf jeden Fall bei dem Troß.«

      Schon wollte Hal aufatmen, als er den Vormann sagen hörte: »Die beiden Chesters sind tüchtige Reiter, die mit den Cowboys mitkommen werden. An ihrer Stelle werden der alte Wagman und Mike Jenkins den staubigen Treck fahren.«

      Die Chester Brothers tauschten einen verstörten Blick miteinander.

      Und Hal sagte sofort: »Wie Sie meinen, Mr. Ginger. Ich hoffe nur, daß die beiden alten Männer den Treck richtig über die Route bringen und sich drüben in Texas von den Sands nicht aufhalten lassen.«

      Das war ein Hieb, der saß.

      Die Sands waren die hier im Grenzgebiet so gefürchteten Banditen des Llano, die rücksichtslos jeden Wagen und jeden Reiter anfielen, um ihn zu plündern.

      Die drei großen, sechsspiegeligen Planwagen der Gloster Ranch durften auf keinen Fall diesen Sands in die Hände fallen.

      Vormann Ginger wußte genau, daß nur ein Texaner mit diesem texanischen Gesindel fertig werden konnte. Nur ein Texaner kannte deren Schliche, die Gegenden, wo sie sich herumtrieben, ihre Angriffsweise und dergleichen.

      Und es gab nur zwei Texaner auf der Glosser Ranch! Halbom und Edward Chester.

      Es wäre eine Narrheit gewesen, bei einem so wichtigen Transport durch texanisches Gebiet auf diese beiden Leute zu verzichten. Dann mußten eben zwei Reiter weniger hinter den versprengten Rindern her jagen! Darauf würde es dann auch nicht mehr ankommen.

      Ginger schob sich den Hut tief in die Stirn, wippte auf den Stiefelspitzen und schob die Daumen unter den Waffengurt.

      »Da sagst du was, Chester. Nein, gegen dieses Diebesgesindel können wir die beiden alten Knochen nicht

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