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Alma. Sie war immer für andere Leute da, und weil dieses vegetarische und vegane Restaurant nicht lief, ging sie öfters dahin, als sie es bei ihrem Freund Roberto Andoni gemacht hatte, und der war wirklich ein Freund.

      Alma sah der Frau Doktor hinterher, wie sie leichtfüßig zu ihrem Auto lief und davonfuhr. Dabei vergaß sie nicht, ihrer getreuen Haushälterin zuzuwinken und ihr ein letztes Lächeln zu schenken.

      Sie war ein Glückspilz!

      Davon war Alma fest überzeugt, als sie ins Haus zurückkehrte. Und man sollte sie wegen dieser Pinselei in Ruhe lassen. Sie wollte Spaß haben, sich entspannen, aber sie wollte keine Künstlerin sein. Das war eine brotlose Kunst, und sie selbst hielt sich nicht für begabt, es sah hübsch aus, was sie da fabrizierte, mehr nicht. So, und nun würde sie sich wieder an ihre Arbeit machen. Es gab immer etwas zu tun. Und das war auch gut so, denn wie hieß es doch so schön? »Wer rastet, der rostet.«

      Roberta hatte einen wirklich anstrengenden Tag hinter sich, sie hatte ohne Pause gearbeitet, Patientenbesuche gemacht, und sie hatte sich in einem Fall mit der Krankenkasse herumschlagen müssen, weil die die Kosten für eine Kur nicht übernehmen wollte. Es gab halt immer wieder Tage wie diesen. Am liebsten hätte Roberta jetzt die Beine hochgelegt, hätte sich entspannt, ausgeruht. Und verhungert wäre sie auf keinen Fall, denn dank Alma war der Kühlschrank immer gefüllt. Als sie noch ohne Alma hatte auskommen müssen, gab es in ihrem Kühlschrank immer eine gähnende Leere. An diese Zeiten wollte Roberta sich nicht erinnern. Da hatte sie wirklich nicht gut für sich gesorgt und nichts von dem getan, was sie ihren Patienten immer predigte.

      Sie hatte keine andere Wahl, als in den ›Seeblick‹ zu gehen, denn das hatte sie Julia Herzog, die sie zufällig unterwegs getroffen hatte, versprochen. Und die hatte sich sichtlich gefreut. Klar, für die Ärmste zählte jeder Gast. Julia Herzog war wirklich zu bedauern. Es musste schrecklich sein, immer am Existenz­minimum vorbeizuschrappen. Aber vielleicht konnte sie die nette Wirtin ein wenig aufmuntern, denn sie hatte, so glaubte sie wenigstens, gute Nachrichten für sie. Schon allein deswegen musste sie in den ›Seeblick‹ gehen.

      Roberta zog eine Jeans, T-Shirt, darüber eine Sweatjacke aus einem kuscheligen Material an, dann noch bequeme Sneaker. Ehe sie ging, betrachtete sie sich im Spiegel und war zufrieden. Alles war aufeinander abgestimmt, sie liebte es, ihre Kleidung Ton-in-Ton zu tragen, was Nicki allerdings langweilig fand. Die griff gern mal in den Farbtopf und trug schrill.

      Nicki würde kommen, das hatte sie fest zugesagt, und Roberta freute sich deswegen sehr. Einmal, weil sie das Zusammensein mit Nicki immer genoss und weil dann endlich die Aussprache zwischen ihr und Mathias von Hilgenberg stattfinden konnte.

      Als sie unterwegs war, freute Roberta sich, ihren inneren Schweinehund überwunden zu haben. Die Luft war klar und kühl, ein kalter zunehmender Mond warf gespenstische Schatten, auf dem nachtblauen See kräuselten sich die Wellen und klatschten monoton gegen das mit Sträuchern bewachsene Ufer. Roberta liebte diesen Weg, dennoch war es eine ein wenig unheimliche Szenerie, die vermutlich daherrührte, dass es auf dem See vollkommen still war. Es gab kein Geschnattere der Enten, man sah keine Schwäne majestätisch dahingleiten, kein Gezanke der Möwen. Die hatten sich zurückgezogen.

      Als dicht über ihr mit lautlosem Flügelschlag eine Eule vorüberflog, zuckte Roberta zusammen. Sie hatte keine Angst, es war nur ein wenig unheimlich, doch so etwas hatte sie früher ebenfalls schon erlebt. Sie war nicht so gut drauf, sie war erschöpft, und Lars fehlte ihr, der für ein paar Tage verreist war. Sie wusste nicht immer, wohin er dann fuhr. Sie fragte auch nicht, sondern hatte gelernt, damit zu leben.

      Sie beschleunigte ihre Schritte, und oben beim ›Seeblick‹ angekommen, musste sie feststellen, dass leider wieder nur ein paar verloren wirkende Autos auf dem großen Parkplatz standen, der zu Robertos Zeiten immer überfüllt gewesen war. Es war traurig. Julia Herzog war wirklich zu bedauern, die zusehen musste, wie sich ihr Traum allmählich im Nichts auflöste, wenn nicht etwas geschah. Hoffentlich hielt sie durch, und hoffentlich würde sich bald der Erfolg einstellen. Sie war eine so patente junge Frau, die das Herz auf dem rechten Fleck hatte.

      Als sie das Restaurant betrat, wollten Magnus und Teresa von Roth es gerade verlassen. Sie blieben stehen, begrüßten einander. Roberta war sich sicher, dass sie gekommen waren, um die Wirtin ein wenig aufzumuntern. So waren sie halt, immer hilfsbereit, immer darauf bedacht, wie es den Menschen in der Umgebung ging.

      »Frau Doktor«, bemerkte Magnus, nachdem sie einander herzlich begrüßt hatten. »Wie schade, dass wir uns nicht abgesprochen haben. Wir hätten gemeinsam essen können, ganz so wie in früheren Zeiten.«

      Ja, das hatten sie in der Tat häufig getan. Und es war immer schön gewesen, denn Magnus und Teresa von Roth waren kluge, geistreiche, kurzum, sie waren fantastische Gesprächspartner.

      »Sie können bleiben«, schlug Roberta vor, »und noch etwas trinken und mir ein wenig Gesellschaft leisten.«

      »Das würden wir von Herzen gern tun«, bedauerte Teresa, »doch wir sind zum Skypen mit unserem Hannes verabredet, und das dürfen wir nicht verpassen. Ich bin ja nicht so für die moderne Technik, doch wenn man jemandem am anderen Ende der Welt hat wie wir unseren Hannes, dann ist das eine fabelhafte Errungenschaft.«

      Das bestätigte Roberta, und sie konnte durchaus verstehen, dass die beiden es jetzt eilig hatten.

      »Dann grüßen Sie den Hannes bitte von mir«, trug Roberta ihnen auf. »Und wenn er das nächste Mal in den Sonnenwinkel kommt, dann möchte ich ihn auch gern sehen. Er ist ein großartiger Mann, der genau weiß, was er will, und er ist so überaus sympathisch.«

      Wer hörte solche Worte nicht gern, die Großeltern strahlten um die Wette, versprachen, es Hannes auszurichten, und dann hatten sie es eilig.

      Julia Herzog hatte sich zurückgehalten, doch jetzt eilte sie auf Roberta zu.

      »Danke, Frau Doktor, dass Sie gekommen sind«, sagte sie leise, etwas, was Roberta zutiefst berührte. Die Wirtin bedankte sich für ihr Kommen, dabei müsste es doch umgekehrt sein. Sie müsste froh sein, in diesem schönen Restaurant sein zu dürfen.

      »Ich freue mich, hier zu sein«, bemerkte Roberta, und während Julia sie an ihren Lieblingstisch führte, schaute Roberta sich um. Sie kannte die Gäste, die an den wenigen Tischen saßen, nicht. Es war niemand aus dem Sonnenwinkel. War das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Sie wollte es als ein gutes Zeichen werten. Immerhin hatte es sich über den Sonnenwinkel hinaus herumgesprochen.

      Roberta bestellte eine Gemüselasagne, die hier besonders lecker war, dazu einen Wein. Den konnte sie trinken, weil sie ohne Auto hier war.

      Julia eilte davon, um die Bestellung auszuführen, und Roberta sah sich um. Die Wirtin gab sich so viel Mühe, auf jedem schön eingedeckten Tisch gab es frische Blumen. Sie hatte optisch einiges verändert, einige Tische herausgestellt, und das war gut so. Nichts war schlimmer als viele unbesetzte Tische.

      Roberta kannte sich in der Gastronomie nicht aus, aber sie konnte rechnen. Mit den paar Gästen kam Julia niemals über die Runden, dabei schmeckte es hier wirklich ganz ausgezeichnet. Es musste wirklich nicht immer Fleisch sein.

      Nach dem Essen bestellte Roberta noch einen Kaffee, und dann bat sie Julia, sich zu ihr zu setzen. Das war ohne Weiteres möglich, denn die jetzt noch verbliebenen Gäste schaffte die freundliche Bedienung auch allein.

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