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waren, die Sturmgewehre im Anschlag und zum Töten bereit.

      Später sollte er sich an seine Worte erinnern: »Wir können das nicht tun; es geht nicht.«

      »Lieutenant, wir haben Befehle auszuführen.«

      »Ich kann aber nicht.«

      »Sie müssen.«

      Wyman hatte unwillkürlich den Kopf geschüttelt, wodurch seine Miene genauso entrückt gewirkt hatte wie jene derer, die am Feuer gehockt hatten. »Diese Menschen wollten uns nichts Böses.«

      »Lieutenant, wir haben unsere Befehle. Sollten Sie ihnen nicht nachgehen, bleibt mir keine andere Wahl, als Sie von Ihrer Befehlsgewalt zu entbinden.«

      Zu diesem Zeitpunkt hatte Wyman ein junges Mädchen im Visier gehabt, das vielleicht fünf oder sechs Jahre alt gewesen war – bestimmt nicht älter – und die sich Beistand suchend an den Oberschenkel ihrer Mutter geklammert hatte. Es hatte zaghaft gelächelt, eine Hand gehoben und ihm zugewinkt. Das hatte ihm beinahe das Herz gebrochen, denn er hatte gewusst, was kurz darauf geschehen würde.

      Deshalb hatte er seine Augen geschlossen – er hatte sie zugekniffen, doch das hatte nicht genügt, da er das Mündungsfeuer auch durch die Lider aufflammen gesehen hatte, als sein Team das Feuer eröffnet und ungestraft gemordet hatte.

      Als es wieder still geworden war und verbrannter Geruch aufgekommen war, hatte er die Augen aufgeschlagen.

      Überall hatten Leichen mit himmelwärts verrenkten Gliedern gelegen. Ein blutiger Wust hatte den Boden getränkt und das kleine Mädchen hatte tot auf seiner Mutter gelegen und ihn vorwurfsvoll angestarrt, weil er außerstande gewesen war, dies zu verhindern.

       Es tut mir furchtbar leid.

      Doch das Kind war dadurch natürlich nicht wieder zum Leben erwacht.

      Am Morgen darauf hatte er danebengestanden und mit angesehen, wie eine Planierraupe die Leichen in eine Aushebung geschoben hatte. Die scheinbar knochenlosen Körper waren in das Loch gerollt, auf dem nie ein Stein zum Gedenken daran stehen würde, dass sie je gelebt hatten. Es würde eines der vielen ohne Grabmal sein, mit welchen das Gelände nicht weit vor den Wällen Elysiums gespickt war.

      Wegen seines Versagens beim Ausführen des Tötungsbefehls war er kurzerhand vom Dienst entbunden und aus dem Korps entlassen worden. Der Mann, den man einst dafür gerühmt hatte, Aufständische so kaltblütig und standhaft wie eine Maschine töten zu können, war von seinen Kollegen zu einem Feigling degradiert worden. Da die Funktionäre der Föderation jedoch seiner Vergangenheit und seinen herausragenden Leistungen in der Eliteeinheit gedachten, wurde er wieder eingesetzt, und zwar als Besatzungschef an Bord von Mausoleum 2069, einer verglichen mit dem, was er gewohnt war, weniger angesehenen Position, aber nichtsdestotrotz stand er auf dieser Weise noch auf der Gehaltsliste der Föderation.

      Nun befand er sich in seinem Quartier und bereitete sich auf den Besuch des Präsidenten vor. In einer Hand hielt er ein äußerst flaches Tablet, das die erforderlichen Protokolle und Verfahrensweisen auflistete, denen er vor dem Eintreffen des Staatsoberhauptes folgen musste.

      Da diese Vorkehrungen im engen Zusammenhang mit der Wartung des Schiffes standen, hatte man Mittel entwickelt, um jegliche Möglichkeit von Fehlfunktionen auszuschließen, die jemandem an Bord gefährlich werden konnten.

      Diese lagen allerdings im Zuständigkeitsbereich des leitenden Ingenieurs Jim Schott. Er musste sichergehen, dass alle Systeme durch eine stete computergestützte Analyse instandgehalten wurden. Sollten ungewöhnliche Messwerte auftreten, würde man sofort entsprechende Maßnahmen zur Behebung des Fehlers am Schiff ergreifen.

      Während er das Tablet mit einem Finger bediente, meldete sich jemand über die Gegensprechanlage. Es war Schott, der durch den Lautsprecher seltsam blechern klang. »Wyman?«

      Der Besatzungschef drückte die Antworttaste. »Ja bitte, Jim?«

      »Du musst sofort zur Kommunikationszentrale kommen.«

      »Wieso? Was ist denn los?«

      »Es gibt da etwas, das du sehen solltest.«

      »Ist Ärger im Verzug?«

      »Das weiß ich nicht genau.«

      »Ich bin sofort da.«

      Die Verbindung wurde mit einem Klick getrennt.

      Eric Wyman legte sein Tablet nieder und brach zur Zentrale auf.

      Kapitel 7

      Jim Schott war kein geselliger Mensch, egal welchen Maßstab man anlegte, dafür war er jedoch ein Realist.

      Einen Fuß auf die Erde gesetzt, hatte er zum letzten Mal sieben Jahre zuvor, als Ingenieur im Feld New Houston. Schon damals war ihm klar gewesen, dass es sich bei der Stadt nicht um das Paradies handelte, von dem die Obrigkeit die Bevölkerung gern überzeugen wollten. Mit dem Bevölkerungswachstum einherging nämlich logischerweise auch ein gesteigerter Nahrungsmittelbedarf, wodurch die Aquakulturen arg strapaziert wurden, da zu viele Mäuler gestopft werden mussten und zu geringe Fischbestände vorhanden waren, um die Nachfrage zu decken.

      Deshalb hatte man hastig Bestimmungen festgelegt. Nach der Geburt eines einzelnen Kindes stand man in der Pflicht, sich sterilisieren zu lassen, und genau diese Regel hatte Schott zu dem Glauben veranlasst, dass dies der Anfang vom Ende menschlicher Freiheit war.

      Bald traten weitere Bestimmungen in Kraft. Die meisten davon beschnitten Menschenrechte, um Oasen wie New Houston zu Orten für ein »besseres Leben« zu machen. Sich dagegen zu wehren oder auch nur andere Meinungen kundzutun, wurde sofort als Kritik an den gemeinschaftlichen Werten gedeutet. Aus diesem Grund verbannte man jeden mit unersprießlichen Standpunkten in die Wastelands.

      Er bezeugte außerdem, wie sich edle Absichten wohlgesinnter Politiker schnell ins Gegenteil verkehrten, da die Natur des Menschen durchbrach und Egoismus zur Triebfeder ihres Handelns wurde. Mit diesem Fokus auf eigene Interessen erhielt natürlich auch die Habgier Einzug – die wiederum schnell zu Korruption führte.

      Die Felder von Elysium dienten nur als vorübergehende Lösung, während der Planet Tag für Tag weiter ausblutete und nunmehr auf lebenserhaltende Maßnahmen angewiesen war.

      Als Realist sah Schott die Wahrheit deutlich vor sich, während alle anderen sie gern verdrängten, weil sie zu schmerzhaft war, um ihr ins Auge zu blicken.

      Darum ergriff er die Möglichkeit, die Erde zu verlassen, sofort, als sie sich auftat, und hielt das Ganze eher für einen Segen, anstatt sich verbannt zu fühlen, wie andere, weil sie diesen utopischen Städten nicht den Rücken kehren wollten, welche in Wirklichkeit aber verkümmerte Gärten Eden auf einem sterbenden Planeten waren.

      Auf dem Mausoleum 2069 fand er hingegen tatsächlich paradiesische Zustände. Das Schiff bot Unmengen Platz, wo er sich ungestört allein bewegen konnte. Die Aqua- und Hydrokulturen warfen Nahrung für viele Jahre ab, und Mausoleen waren außerdem nicht von Korruption betroffen, weil sie im Alltagsgeschäft von Politikern allenthalben Fußnoten darstellten. In seiner Freizeit suchte er oft das Observatorium auf und blickte stundenlang hinaus auf die kosmischen Formationen, die in prächtigen Grün-, Rot- und Violetttönen – kraftvollen, hübschen Farben – im All schwebten.

      Ja, für John Schott, den Realisten, bedeutete dies hier das wahre Paradies.

      Wie Eric Wyman ging auch er seinen Pflichten nach und hielt sich aufs Strengste an die Protokolle, um die Sicherheit der an Bord Bestatteten zu garantieren.

      An diesem Tag jedoch entdeckte er eine Unregelmäßigkeit auf seinem Monitor.

      Zuerst war es nur ein kurzer Impuls, höchstens etwas Kleines, Vernachlässigbares, aber beim Näherkommen wurde es schließlich immer größer. Die Umrisse des Gebildes auf dem Monitor blieben nicht unverändert, sondern nahmen ständig neue Formen an und verwandelten sich in etwas, aus dem er nicht so recht schlau wurde.

      Als Eric Wyman die Kommunikationszentrale

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