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zu drohen, soll er seine Energie lieber dazu verwenden, seine Praxis zu retten und die Klagen, die gegen ihn erhoben werden, glimpflich zu überstehen.«

      Sie wechselten noch ein paar Worte miteinander, dann verabschiedeten sie sich.

      Roberta war wütend auf ihren Exmann, und vielleicht hätte sie sich länger mit ihm und dem von ihm Gesagten beschäftigt, wäre da nicht der Pharmavertreter. Die rannten ihr zwar die Praxis ein, doch auf das, was dieser Mann ihr anbieten wollte, war sie gespannt.

      Es sollte da ein sensationelles Blutdruckmittel geben, hochwirksam und fast ohne Nebenwirkungen. Mit den Blutdrucktabletten, das war so etwas. Es gab zwar viele auf dem Markt, dennoch war es schwierig, Patienten auf ein Mittel einzustellen, ganz besonders wegen der vielen Nebenwirkungen.

      Roberta stand auf, dann ging sie selbst hinaus, um den Vertreter in ihren Raum zu lassen.

      Ursel Hellenbrink hatte genug zu tun, die musste sie nicht auch noch als so etwas wie eine Vorzimmerdame in Anspruch nehmen.

      Der Vertreter war ein junger, dynamischer Mann, der noch nicht lange als Pharmavertreter arbeitete und nun glaubte, mit diesem Mittel würden ihm bald die gebratenen Tauben in den Mund fliegen.

      Roberta wollte ihm seine Illusionen nicht rauben. Sie hatte schon viele Vertreter kommen und gehen sehen. Es gab nur wenige unter ihnen, die so richtig Geld verdienten, für die meisten war es ein mühsamer Job, mit Wartezeiten in den Praxen und vielen Kilometern, die sie herunterreißen mussten.

      Was war schon einfach. Wenn sie ihre vielen Arbeitsstunden durch das teilte, was sie verdiente, dann war das auch nicht so toll. Schön, sie kam zurecht, sehr gut sogar, und sie würde ihren Beruf auch für weniger Geld ausüben, weil sie ihn liebte und sich nichts anderes vorstellen konnte.

      Sie lächelte den jungen Mann an.

      »Guten Tag, Herr Stemmer, kommen Sie herein. Ich bin gespannt, was Sie mir anzubieten haben.«

      *

      Eigentlich passte es Inge nicht, doch der Termin war schon vor Wochen ausgemacht worden, und nun drängte es auch, weil die Köhlers nach Singapur aufbrechen würden. Da konnte man nichts mehr verschieben.

      Sie mochte den jungen Studienrat Dr. Tim Köhler und seine Frau Veronika sehr. Doch sie war sehr zwiegespalten. Auf der einen Seite freute sie sich sehr, dass beide wieder zueinandergefunden hatten und glücklich und zufrieden in ein neues Leben aufbrechen würden.

      Andererseits musste Rickys Haus einen neuen Mieter finden, was allerdings nicht schwer sein würde. Der Sonnenwinkel war sehr begehrt. Nicht für alle, Veronika Köhler hatte es hier nicht aushalten können, obwohl sie gemeinsam mit ihrem Mann das Haus ausgesucht hatte. Ihr war im Sonnenwinkel die Decke auf den Kopf gefallen, und sie war immer wieder nach Berlin, in ihre alte Heimat geflohen. Und dorthin wollte sie auch zurück, während er sich im Sonnenwinkel sehr wohlfühlte und mehr noch am Gymnasium in Hohenborn, wo er ein sehr beliebter Lehrer war.

      Wegen seiner Frau hatte er alles aufgeben wollen, und es war schon verrückt, dass sie dann, als alles geregelt schien, kalte Füße bekam und sie sich ihrer Sache nicht mehr sicher war.

      Inge hatte wirklich ihre Zweifel gehabt, ob alles gut gehen würde, und dann war ein Wunder geschehen. Anders konnte man es wohl nicht nennen.

      Tim hatte das Angebot bekommen, als Lehrer an einer Internationalen Schule in Singapur zu arbeiten. Und da sie beide von einer früheren Reise Singapur kannten und liebten, hatte er zugegriffen. Jetzt waren beide glücklich und freuten sich auf ihr neues Leben.

      Inge hatte ihn angehört, sie ebenfalls, und sie hatte schon ihren Anteil daran, dass sie nicht auseinandergegangen waren.

      Ach, was sollte es.

      Es war nie der richtige Zeitpunkt für etwas.

      Werner war daheim, Bambi mit den Großeltern zu einer Städtereise aufgebrochen, und Hannes verabschiedete sich von seinen alten Freunden, die hier geblieben waren und ihn glühend um das Leben beneideten, das er führte.

      Inge deckte den Tisch im Wohnzimmer, holte das beste Geschirr heraus, das Silber, das eigentlich nur zu besonderen Anlässen hervorgeholt wurde, so war es auch mit dem Porzellan.

      Die Kristallgläser funkelten, und die Stoffservietten passten zu der Tischdecke. Blumen hatte sie aus dem Garten geholt, die in der Silbervase so richtig edel aussahen.

      Inge betrachtete ihr Werk und war sehr zufrieden.

      Professor Werner Auerbach kam ins Zimmer, stellte sich neben seine Frau, umfasste sie liebevoll.

      »Ist das nicht ein wenig übertrieben, mein Schatz?«, wollte er wissen. »Aber schön sieht es aus. Was das hier alles anbelangt, da kann dir niemand etwas vormachen. Was gibt es denn zu essen?«, war seine nächste Frage.

      Inge lächelte ihren Mann an. Wie sehr sie ihn doch liebte, immer noch, nach all diesen Jahren.

      »Lass dich überraschen, mein Schatz«, sagte sie, »aber ich muss jetzt zurück in die Küche, und du kannst dich schon mal um den Wein kümmern. Ich habe alles schon herausgestellt.«

      Sie eilte davon, und auch er blickte ihr liebevoll nach, denn auch Werner Auerbach wusste, was er an seiner Inge hatte.

      Es dauerte nicht lange, da klingelte es an der Tür, und die Gäste kamen. Inge stellte erfreut fest, dass Tim und Veronika Köhler sich auch hübsch gemacht hatte, und sie bekam von ihnen einen wundervollen Blumenstrauß, der ein Vermögen gekostet haben musste.

      Inge bedankte sich, bat die Gäste ins Wohnzimmer, und während sie die Blumen versorgte, schenkte Werner den Aperitif ein.

      Auch er mochte die Köhlers gern, ganz besonders ihn. Er war ein kluger Mann, ein hingebungsvoller Lehrer, und er erinnerte Werner an seinen Schwiegersohn Fabian, der seinen Lehrerberuf auch über alles liebte, und der es als Leiter eines großen, sehr bekannten Gymnasiums schon weit gebracht hatte.

      »Man wird Sie in Hohenborn vermissen, Herr Doktor Köhler«, sagte er. »Wie ich weiß, waren Sie nicht nur bei Ihren Schülern sehr beliebt, sondern auch bei Ihren Kollegen und den Eltern.«

      »Ich werde ebenfalls alles vermissen«, gab Tim zu, »aber jetzt freue ich mich auf die neue Herausforderung.«

      »Darüber freue ich mich auch«, sagte Veronika. »Tim gibt ja meinetwegen hier alles auf, und ich hätte mich irgendwann sehr schlecht gefühlt, wenn wir nach Berlin zurückgegangen wären.« Sie war wenigstens ehrlich, und das sprach für sie. »Tim war so froh, hier im Sonnenwinkel und am Hohenborner Gymnasium sein zu dürfen. Zurück nach Berlin, das war niemals eine Option für ihn.«

      »Manchmal muss man für seine Liebe Opfer bringen«, sagte Inge, die hereingekommen war und das noch mitbekommen hatte.

      »In diesem Fall ist es zum Glück kein Opfer, denn Singapur, das wollen sie beide. Das Angebot musste wohl im letzten Augenblick auf Ihren Weg kommen.«

      Davon waren die Köhlers ebenfalls überzeugt.

      »Den Sonnenwinkel werde ich nicht vermissen«, gab Veronika zu, »aber Sie, Frau Auerbach, Sie schon.«

      Sie wandte sich an Werner.

      »Herr Professor, wissen Sie eigentlich, was für eine wunderbare Frau Sie haben? Sie ist klug, verständnisvoll, eine hervorragende Ratgeberin. So etwas findet man selten.«

      Werner Auerbach fühlte sich geschmeichelt, Inge wurde ganz verlegen und sagte rasch: »Bitte, entschuldigen Sie mich, ich muss nach dem Essen sehen.«

      Wenig später saßen sie sich an der festlich gedeckten Tafel gegenüber und genossen das köstliche Essen.

      Sie aßen eine Essenz vom Kürbis mit Lachsbällchen, einen Rehrücken mit handgemachten Spätzle und Wurzelgemüse, und zum Nachtisch hatte Inge ihren Spezialteller zubereitet, auf dem sich allerlei Köstlichkeiten befanden und ein krönender Abschluss eines gelungenen Mahls waren. Dass dabei die angeregte Unterhaltung nicht einen Augenblick ins Stocken kam, war eine besondere Zugabe.

      Inge bedauerte,

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