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Schirms auf die Schulter des Stämmigen, der bisher noch gar nichts gemerkt hatte und auf seinen Anschluß wartete.

      „Einen Moment, bitte!“

      Der Stämmige wandte sich um und … erstarrte, als aus der Spitze dieses Regenschirms ein schmaler Degen hervorschnellte, dessen federnde und wippende Spitze sich auf seinen Adamsapfel legte.

      „Es würde mir leid tun, falls ich Sie erschreckt haben sollte“, entschuldigte sich Parker, „Sie dürfen aber versichert sein, daß Ihnen mit Sicherheit nichts passieren wird, falls Sie sich entsprechend zurückhaltend benehmen!“

      „Tante Ethel!“ meldete sich eine nicht unsympathische Stimme, als Josuah Parker gerade den Hörer übernommen hatte.

      „Ich erlaube mir, Sie zu begrüßen“, antwortete Parker, während er dafür sorgte, daß die Degenspitze nach wie vor auf dem Adamsapfel des Stämmigen liegenblieb, „darf ich mich vorstellen … Parker mein Name, Josuah Parker!“

      Auf der Gegenseite war ein leichtes Schnaufen der Überraschung zu hören.

      „Ich fürchte, daß ich Ihre beiden Neffen hier im Hause des Mister Wake ein wenig rauh anfassen mußte“, redete der Butler in seiner höflich-gemessenen Art weiter, „ich darf Ihnen aber versichern, daß körperliche Schäden bisher nicht aufgetreten sind.“

      „Hören Sie genau zu, Mister Parker“, erwiderte Tante Ethel jetzt, nachdem sie sich von der Überraschung erholt zu haben schien, „Sie wissen vielleicht nicht, daß Sie mit dem Feuer spielen. Lassen Sie sich warnen! Was immer Sie auch getan haben oder noch tun werden, Sie werden nicht lange leben, wenn Sie nicht …“

      „Sie erlauben, daß ich Sie unterbreche.“ Parker nickte dem Stämmigen freundlich zu, dessen Gesicht schweißnaß geworden war und dessen Augen verwegen auf die Degenspitze schielten, „Drohungen schätze ich nicht sonderlich, zumal sie gegen die guten Sitten verstoßen.“

      „Sie müssen wissen, was Sie tun, Mister Parker! Es geht um Ihr Leben, nicht um das meine!“

      „Geht es im Moment nicht um die Memoiren des verstorbenen Mister Wake?“ fragte Parker zurück.

      „Was wissen Sie von den Memoiren?“ Tante Ethels Stimme wurde etwas schrill.

      „Dies werden Ihnen Ihre beiden Neffen zu berichten wissen“, schloß Parker die Unterhaltung und legte den Hörer auf. Dann wandte er sich ausschließlich dem Stämmigen zu, der vor lauter Schielen hinunter auf die Degenspitze bereits aus dem Gleichgewicht gekommen war und nun leicht schwankte.

      „Freundliche Grüße an Ihre Tante Ethel“, sagte Parker höflich, „berichten Sie der Dame, daß ich mein bescheidenes Augenmerk ab sofort auf gewisse Brände richten werde. Und nun möchte ich Sie bitten, das zu räumen, was man gemeinhin das Feld nennt!“

      Als Parker den Stockdegen zurück in den Schirm rutschen ließ, spielte der Stämmige sehr deutlich und sichtbar mit der Möglichkeit, sich auf den Butler zu stürzen.

      Doch dann schien er sich seine Chancen ausgerechnet zu haben und verzichtete auf einen Angriff.

      „Wir sprechen uns noch“, drohte er dafür grollend, „und dann werde ich Ihnen mal zeigen, was ’ne Harke ist. Wir sprechen uns noch, mein Wort darauf!“

      „Ich sehe einer erneuten Begegnung mit Interesse entgegen“, sagte Parker kühl, „würden Sie nun die Freundlichkeit haben und Ihren Mitarbeiter hinüber zum Wagen tragen? Ich möchte die Suche nach den Memoiren des Mister Wake fortsetzen!“

      „Und haben Sie sie gefunden?“ wollte Mike Rander eine gute Stunde später wissen. Josuah Parker hatte ihn in seinem Stadtbüro aufgesucht und Bericht erstattet.

      „Leider kann ich Ihre Frage nicht positiv beantworten“, gab der Butler zurück, „die bewußten Memoiren sind entweder nicht im Haus des verstorbenen Mister Wake, oder aber so gut versteckt worden, daß sie nicht zu finden sind. Es gibt allerdings noch eine dritte Möglichkeit, Sir.“

      „Wake hat sie vor seinem Tode weggeschafft.“

      „Dies, Sir, wäre durchaus möglich.“

      „Aber wohl kaum denkbar. Immerhin arbeitete er doch an seinen Erinnerungen. Nicht anzunehmen, daß er jede Seite aus dem Haus geschafft hat.“

      „Vielleicht unter der Voraussetzung, daß er gewisse und überraschende Besuche befürchtete.“

      „Spekulationen, Parker.“ Rander befaßte sich schon wieder mit dem Schriftsatz auf seinem Schreibtisch. „Ihre Tante Ethel und die beiden Neffen dieser Dame interessieren mich nicht.“

      „Sehr wohl, Sir.“

      „Ich möchte nicht, daß Sie sich mit diesen Leuten befassen. Aufregungen haben wir in den vergangenen Monaten hinreichend genug gehabt.“

      „Sehr wohl, Sir.“ Parkers Haltung wurde womöglich noch steifer als sonst.

      „Sie sind mit meiner Haltung natürlich mal wieder nicht einverstanden, wie?“

      „Sehr wohl, Sir … Hier handelt es sich um Gangster, die ganz offensichtlich gegen Bezahlung Brände legen und sich nicht scheuen, Menschen umzubringen, die ihnen unbequem werden. Ich verweise auf den Tod des Mister Wake. Solchen Gangstern sollte man umgehend und nachdrücklich das Handwerk legen.“

      „Da stimme ich Ihnen zu, Parker, aber Sie haben wahrscheinlich vergessen, daß wir so etwas wie eine Polizei haben, die sich berufsmäßig damit zu befassen hat.“

      „Gewiß, Sir, aber vor Überlastung dürfte sie gewisse Zusammenhänge nicht sehen oder erkannt haben.“

      „Unterschätzen Sie Lieutenant Madfords Büro nur nicht.“ Mike Rander lächelte. „Ich gehe jede Wette ein, daß er sich bereits mit Wakes Tod befaßt.“

      „Wie Sie meinen, Sir.“

      „Also schön“, Rander seufzte und verdrehte die Augen. „Befassen Sie sich von mir aus weiter mit dieser Tante samt Neffen … Aber rechnen Sie nicht mit meiner Hilfe, Parker! Ich bin schließlich Anwalt und habe andere Dinge zu tun.“

      „Ich werde Sie auf keinen Fall belästigen, Sir, wenn es sich eben einrichten läßt. Ich möchte mir allerdings erlauben, eine Warnung auszusprechen.“

      „Ja?“ Rander sah von seinem Schriftsatz hoch.

      „Besagte Tante Ethel und ihre beiden Neffen werden inzwischen in Erfahrung gebracht haben, daß ich die Ehre habe Ihr Butler zu sein. Daraus werden diese Gangster gewisse Schlüsse ziehen, die in ihrer Endkonsequenz eine tödliche Gefahr darstellen könnten.“

      „Okay, Parker! Sie haben’s wieder mal geschafft und mich in einen Fall hineingezogen“, gab Rander in einer Mischung aus Ärger und Ergebenheit zurück, „befassen wir beide uns also mit Tante Ethel …“

      „Und mit den ‚Heißen Katzen‘, Sir!“

      „Womit? Mit heißen Katzen?“

      „Nach meinen oberflächlichen Ermittlungen, Sir, wird in Kreisen der Unterwelt von jungen Damen getuschelt, die man im Berufsjargon ‚Heiße Katzen‘ nennt. Diese jungen Damen sollen sich dem Vernehmen nach mit Brandstiftung befassen und dürften offensichtlich Nichten besagter Tante Ethel sein.“

      Die beiden jungen Damen sahen recht ansehnlich aus, wie Josuah Parker es bezeichnet hätte. Eine von ihnen trug ein dezentes Kostüm im Minischnitt, die zweite ein weitschwingendes Kleid, das den sommerlichen Temperaturen durchaus angepaßt war.

      Sie standen neben einem Chrysler und unterhielten sich angeregt miteinander. Es sah wie Zufall aus, daß sie sich in Höhe jenes Hauses befanden, in dem Anwalt Mike Rander sein Stadtbüro eingerichtet hatte.

      Rander besaß noch eine zweite Kanzlei, sie war jedoch in jenem Bürohochhaus untergebracht, auf dessen Dach sein Penthouse stand. Im Stadtbüro, das sich im Loop befand, wurden all jene Fälle juristisch vorbereitet, die vor dem Stadtgericht zur Verhandlung kamen. Im Bürohochhaus hingegen beschäftigte Mike

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