Скачать книгу

Laterne! Und dann schafft den Kerl herbei, der diese Hungerleider führt. Wer ist das?«

      Sie sehen alle zu Nat Templar, der sich nicht rührt. Irgendeiner der Mormonen nimmt die erste beste Laterne, zündet sie an und sieht zu Templar.

      »Führst du die Leute, Mann?«

      »Ja, Mister!« bringt Templar gepreßt heraus. »Was soll das – was haben wir euch getan? Warum dringt ihr hier mit Waffengewalt ein und bedroht Frauen und Kinder?«

      »Halt’s Maul!« knurrt einer der Mormonen scharf. »Fragen stellen wir. Komm her, Mister, los!«

      Templar beißt die Zähne zusammen und setzt sich langsam in Bewegung. Unsicher geht er zwischen den Freunden durch, bis ihn der Mormone am Arm packt und mitzerrt. Gleichzeitig erscheint der Mann mit der brennenden Laterne in der Ecke und leuchtet auf das Lager hinab. Ein Blick genügt Graines, um zu erkennen, daß der alte Mendan krank ist.

      »Was fehlt dem schießwütigen Verleumder?« fragt er Templar finster. »Hat er Fieber?«

      »Er hat einen Schlaganfall bekommen«, antwortet Templar heiser. »Er hat sich wohl zu sehr aufgeregt.«

      »So?« fragt Graines, während ein böses Grinsen um seine Mundwinkel spielt. »Zu sehr aufgeregt hat er sich? Schlaganfall bekommen? Das ist die Strafe Mormons für seine lästerlichen Reden – das ist die Strafe. Kann er nicht aufstehen?«

      »Nein«, erwidert Templar heiser. »Er ist ohne Bewußtsein.«

      »Das will ich erst sehen!« knurrt der Mormone grimmig. Er bückt sich, faßt den Alten an der Schulter und rüttelt ihn heftig.

      Augenblicklich greift Rachel mit einem zornigen Ausruf nach Graines’ Arm, hält ihn fest und faucht:

      »Lassen Sie ihn los, Sie Unmensch – er liegt auf den Tod – und Sie vergreifen sich an ihm! Steht das auch in den Gesetzen Mormons, daß man Kranke mißhandeln soll?«

      Graines zuckt zusammen. Er läßt los, aber in seiner Wut gibt er Rachel einen Stoß vor die Brust, daß sie hintenüberkippt und nach einem Aufschrei liegenbleibt.

      »Weibergezeter!« keucht Graines wütend. »Euch zeige ich noch, was hier geschehen wird. Wie heißt du, Mister?«

      Er wendet sich nach Templar um. Der holt tief Luft.

      »Nathan Templar«, gibt er zurück. »Graines, was Sie hier tun, ist nicht gesetzmäßig. Mann, ich werde mich beschweren.«

      »Das könnt ihr immerhin versuchen«, antwortet Graines mit beißendem Hohn. »Du bist der Anführer, gut, dann mach die Ohren auf, Templar: Ich befehle euch, alle Sachen zusammenzupacken und eure Wagen zu nehmen. Ich lasse euch die Wagen und euer Eigentum, aber alles, was ihr hier aufgebaut habt, werde ich zerstören, verstanden?«

      »Was soll das heißen?« fragt Templar keuchend. »Graines, was bedeutet das?«

      »Das bedeutet, daß ihr in Utah nichts mehr verloren habt!« entgegnet Graines giftig. »Dieses Land ist für euch verboten. Es gehört uns, und wer es widerrechtlich betritt, den jagen wir mit Gewalt fort, wenn es sein muß.«

      »Das kann doch nicht sein«, stammelt Templar entsetzt. »Ihr macht euch einen Spaß. Graines, als wir herkamen, haben wir uns genau nach den Besitzverhältnissen hier erkundigt. Das Tal gehört niemandem.«

      »Das ist euer Irrtum, seit gestern gehört es uns!« höhnt Graines finster. »Wir dulden keine anderen Leute auf unserem Land. Ich will euch hier nicht mehr länger sehen.«

      »Mein Gott!« stößt eine der Frauen klagend heraus. »Unsere Häuser sind fast fertig, wir haben angefangen, die Steine zusammenzutragen und das Land urbar zu machen. Das kann doch kein Mensch verlangen. Das ist ja unmenschlich. Wir tun doch niemandem etwas, wir wollen doch nur ein Stück Boden, auf dem wir in Frieden leben können. Was soll aus unseren Kindern werden, was aus meinem alten Vater und meiner Mutter?

      Mr. Graines, Sie können uns nicht vertreiben. Überall hat man uns davongejagt, niemand hat uns geduldet. Mr. Graines – Barmherzigkeit! Wir besitzen nichts mehr, wir müßten verhungern, wenn wir nicht bleiben dürfen. Unsere Ersparnisse sind zu Ende.«

      Graines wirft ihr einen düsteren Blick zu. Um seinen Mund spielt ein rachsüchtiges Lächeln.

      »Das sind nicht unsere Sorgen!« antwortet er hämisch. »Hier ist kein Platz für Gesindel, das es wagt, auf uns zu schießen. Frauen und Kinder hinaus. Geht zu den Wagen und nehmt eure Sachen mit. Aber wehe euch, einer nimmt eine Waffe mit ins Freie. Die Männer bleiben einstweilen hier.«

      Frauen beginnen vor Kummer und Schreck zu weinen. Kinder fallen in das herzzerreißende Schluchzen ein, aber unerbittlich und mit starren, kalten Blicken helfen die Mormonen den Leuten auf die Beine. Schon treibt man die ersten Frauen und Kinder hinaus in den peitschenden Regen. Männer ballen in ohnmächtigem Zorn die Fäuste, aber angesichts der drohenden Waffen wagt niemand Widerstand zu leisten. Templars Gesicht ist bleich wie der Tod. Der große Mann zittert vor Zorn am ganzen Leib, als man Matt Mendan packen will.

      Neben ihrem Vater hat sich Rachel Mendan aufgerafft. Das blonde Mädchen sieht den drei Männern entgegen, die auf ein Kommando von Graines herankommen. Sie haben eine provisorische Trage dabei und schieben Rachel unter Verwünschungen zur Seite, als sie sich ihnen in den Weg stellen will.

      »Das könnt ihr nicht tun!« sagt Rachel entsetzt. »Er ist sterbenskrank, ihr könnt ihn doch nicht bei dem Wetter auf einen Wagen schaffen. Das wäre Mord!«

      »Es ist mir gleich, ob er krank ist – er hat auf mich geschossen!« sagt Graines wütend. »Hinaus mit ihr und ihm. Schafft ihn zu seinem Wagen!«

      Verzweifelt wehrt sich Rachel gegen den bärenstarken Cohr. Der Mann lacht nur kurz, hebt sie hoch und trägt sie dann an Nat Templar vorbei ins Freie. Templar muß mit ohnmächtigem Grimm zusehen, wie man den alten, besinnungslosen Matt Mendan auf die Trage legt. Dann hebt man den Alten hoch und bringt auch ihn vor die Tür.

      Erst nachdem kein Mensch mehr im Gemeinschaftsbau ist, erlaubt Graines, daß einige Frauen hineingehen und die Sachen zu den Wagen bringen. Man hat die Waffen der Siedler zusammengebunden und in eine Kiste geworfen. Graines steht mit finsterem Gesicht neben der Tür des Gemeinschaftshauses und treibt mit wütenden, harten Worten die Frauen an, sich zu beeilen.

      »Hinaus mit euch – und bringt eure Wagen von dem Schuppen hier fort!« sagt er barsch. »Aus der Nähe eurer halbfertigen Hütten, rate ich euch. Packt zusammen, schnell, schnell!«

      Der Regen klatscht auf die Wagen, die Männer, die ihre Pferde anschirren und Frauen, die durch den aufgeweichten Boden, Ballen und Kleiderbündel auf den Armen, hasten.

      »Ihr verfluchten Marodeure!« knirscht Jackson, und in seiner Wut stürmt er blindlings auf einen gemein lachenden Mormonen zu. »Dafür sollst du bezahlen, Schurke!«

      »Jackson, Jackson!«

      Templars Warnschrei kommt zu spät. Jackson stürzt sich auf den Mormonen und schlägt ihn innerhalb von zwei Sekunden nieder. Dann greift er nach dem Gewehr des Mannes, will hoch und sieht zu spät, daß ein anderer Mormone vom äußeren Ring, der die Wagen umgibt, zu Pferde heranjagt.

      Der Mormone schwingt sein langläufiges Gewehr um den Kopf wie einen Dreschflegel. Ehe Jackson herumfahren kann, trifft ihn ein wilder Hieb an der Schulter. Mit einem heiseren Schrei sinkt Jackson zu Boden.

      In Sekunden haben die Mormonen ihre Waffen auf die Siedler angeschlagen.

      Graines starrt, in jeder Faust einen Revolver, zu Templar hinüber. Einen Moment scheint es, als wolle er den Befehl zum Feuern geben, dann senkt er die Waffen und brüllt zornig:

      »Fahrt ab – abfahren! Den Kerl da auf einen Wagen – und dann fort mit euch, sonst bleibt ihr alle hier – aber tot!«

      Templar steigt ab. Er nähert sich Jackson, hebt den Mann hoch und schafft ihn zu seinem Wagen, auf dem Jacksons Mutter den kleinen Edzel Jackson, Jacksons sechsjährigen Sohn, festhält.

      »Fahrt los«, sagt Templar dumpf.

Скачать книгу