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und den klobigen Mann eiskalt ansieht.

      »Finger weg!« sagt sie scharf. »Mr. Graines, lassen Sie mich in Ruhe und gehen Sie fort, so lange Sie noch Zeit dazu haben. Das ist ein Rat, Mister.«

      Kaum hat sie es gesagt, als Graines wieder zu lachen beginnt. Es ist dieses meckernde, unangenehme Lachen, das sie noch aus der Stadt in Erinnerung hat. Von rechts kommt nun der strohblonde Mann und drängt sein Pferd vor. Einen Augenblick hat Rachel das bedrohliche Gefühl, in eine Zange genommen zu werden. Da aber stellt Graines sein Gelächter ein und sagt finster:

      »Jeremy, laß das! Entschuldigen Sie, Miss Mendan – mein Vetter Jeremy ist manchmal etwas wild. Das hier ist mein Vetter Cohr.«

      »Es interessiert mich nicht, was und wer diese beiden Männer sind«, antwortet Rachel erregt. »Sie sollen verschwinden, Mr. Graines. Belästigen Sie mich nicht, sonst rufe ich um Hilfe, verstanden?«

      Einen Moment starrt Graines sie überrascht an, aber ihm scheint nicht in den Sinn zu kommen, daß sie ihn wirklich wegschicken will. Er lacht Sekunden später wieder, wendet sich nach links zu seinem Vetter Cohr und sagt:

      »Na, hat sie nicht Feuer im Blut? Was habe ich dir erzählt?«

      »Sie scheint dich nicht zu mögen«, gibt der Vetter zurück. »Zach, wenn du dir da nur nicht zuviel vorgenommen hast.«

      »Was?« fragt Graines erstaunt. »Mich mag jede – und ich habe auch jede bekommen, die ich wollte. Nun gut, sie lernen es mit der Zeit. Frauen haben gehorsam zu sein. Wenn sie mir den Kübel nicht geben will, soll sie ihn allein tragen. Ich werde mit ihrem Vater reden – und damit ist es erledigt.«

      Nun ist es an Rachel, erstaunt zu sein. Verwirrt und zugleich erschrocken blickt sie zu dem selbstgefällig lächelnden Graines hoch.

      »Moment mal, Mister – was wollen Sie?« erkundigt sie sich. »Sie wollen mit meinem Vater reden?«

      »Ja, warum nicht?« fragt Graines grinsend. »Das ist bei uns so üblich. Ich hätte sonst meinen Vater geschickt, aber er ist krank – und mir ist die Sache eilig. War er das vorhin?«

      »Sicher, aber…«

      »Gut«, unterbricht Graines sie zufrieden. »Er macht einen vernünftigen Eindruck, der Mann. Los, ihr Burschen, sie will sich nicht helfen lassen, soll sie tragen.«

      lm nächsten Augenblick treibt er seinen Braunen an. Verstört blickt Rachel den drei Männern nach, die direkt auf die halbfertigen Häuser zureiten.

      »Mein Gott«, sagt sie entsetzt, und plötzlich ahnt sie, was dieser Mann mit den seltsam glitzernden Augen tun will, »er muß verrückt sein, das ist die einzige Erklärung.«

      *

      Matt Mendan dreht sich um, als er den Hufschlag hört. Wie gewohnt greift er zu seinem Gewehr, stützt sich auf die Mündung und sieht ihnen entgegen.

      Zu seinem Erstaunen halten die drei Männer auf ihn zu. Verwunderte Blicke der Nachbarn treffen den Alten. Aber dann hört er Gwen Templar erschrocken und hell sagen:

      »Dad, das ist der Mann aus der Stadt, dieser Mr. Graines.«

      Im nächsten Augenblick sind die drei Reiter vor dem Wagen angekommen. Graines’ erster Blick trifft das Gewehr, auf das sich der Alte stützt. Dann schweift sein Blick kurz über die Männer und Frauen hinweg.

      »Hallo, Mr. Mendan!« sagt Graines halblaut. »Kein gutes Tal, das ihr euch ausgesucht habt, es gibt bessere.«

      »Mag sein«, erwidert der Alte und sieht weit hinten Rachel angelaufen kommen. »Wir wollten ein Tal haben, auf das niemand Anspruch hat, darum sind wir hergekommen. Sie sind Graines?«

      »Ja, mein Name ist Zach Graines«, antwortet der Mormone knarrend. »Sieht aus, als hätten Sie schon von mir gehört, Mr. Mendan.«

      »Das habe ich«, bestätigt Matt Mendan kühl. »Und was wollen Sie, Mr. Graines?«

      Graines lächelt.

      »Ich hätte meinen Vater geschickt – so ist es Sitte bei uns«, sagt er halblaut. »Er ist jedoch krank und muß im Bett bleiben. Mr. Mendan, ich möchte, daß Ihre Tochter zu uns kommt. Sie wird es nirgendwo besser antreffen können.«

      Matt Mendan erstarrt. Er glaubt nicht richtig zu hören, richtet sich jäh auf und mustert Graines wie einen Narren.

      »Was ist das?« fragt er heiser. »Sie wollen, daß meine Tochter zu Ihnen kommt – zu Mormonen? Aus welchem Grund, Mister?«

      »Nun, sie soll sehen, wie es bei uns zugeht«, gibt Graines zurück. »Und wenn es ihr gefällt, kann sie für immer bleiben. Sie, alter Mann, bekommen bei uns dann alles, was Sie brauchen. Ich meine, das ist ein gutes Angebot.«

      Rachel kommt immer näher, der Alte bemerkt ihr gerötetes Gesicht und sieht dann zu Graines hoch.

      »Was soll das heißen, Mister?« fragt er Graines scharf. »Mister, meine Tochter arbeitet für niemanden, verstanden?«

      »Ich meine auch nicht, daß sie arbeiten soll, ich kann sie heiraten, wenn sie will. Und sie wird wollen, wenn sie sieht, was bei uns zu Hause alles ist.«

      »Hören Sie, Mister, wenn das ein Spaß sein soll, dann ist es ein verdammt übler. Machen Sie dieses verrückte Angebot, wem Sie wollen, aber nicht mir. Sie sind nicht ganz bei Verstand, wenn ich Sie richtig verstanden habe, Graines. Sind Sie nicht schon verheiratet?«

      »Na und?« fragt Graines verwundert. »Wir können mehrere Frauen haben – unsere Lehre erlaubt es uns. Alter Mann, ich frage Sie, ob Sie damit einverstanden sind, daß Ihre Tochter zu uns kommt, und Sie beschimpfen mich. Das ist nicht in Ordnung, Mr. Mendan. Ich bin ein wohlhabender Mann und angesehen. Ich mache keine Späße, wenn ich einen Vater um seine Tochter frage. Das ist mein Ernst, Mr. Mendan. Fragen wir Ihre Tochter.«

      Rachel hält schwer atmend an und blickt von Graines zu ihrem Vater, dessen Gesicht sich zu röten beginnt. Sie hat die letzten Worte gehört, und sie kennt den Zorn des Alten.

      »Dad, um Gottes willen, rege dich nicht auf«, sagt sie erschrocken. »Mr. Graines denkt wie ein Mormone und vergißt, daß sein Glaube für uns nicht gilt.

      Hören Sie, Graines, es mag sein, daß manches Mormonenmädchen froh wäre, wenn Sie um seine Hand anhielten, aber ich bin es nicht. Ich mag Sie nicht, Mr. Graines, Sie gefallen mir nicht und werden mir nie im Leben gefallen. Ist das deutlich genug?«

      »Das sagen viele, aber sie lernen es alle«, antwortet Graines. Man merkt ihm an, daß er beleidigt ist. »Bei uns bestimmt der Vater, und die Töchter haben zu gehorchen und den Mann zu nehmen, den er haben will. Sie gefallen mir, Miss, ich will Sie heiraten, haben Sie begriffen?«

      Einen Moment holt Rachel tief Luft. Doch auch ihr Vater hat sich jetzt gefaßt.

      »Sie sind wahnsinnig!« keucht der alte Matt Mendan heiser. »Sie mit Ihrer Irrlehre, die ein Verrückter ausgebrütet hat. Sie sind bereits verheiratet und wollen mein einziges Kind. Mensch, weg mit dir, sonst vergesse ich mich!«

      Er brüllt nun, von seinem schnellen, wilden Zorn gepackt, los und hebt jäh sein Gewehr.

      »Mendan, ich bin in freundlicher Absicht gekommen!« knarrt Graines zornig. »Sie beleidigen mich und meinen Glauben. Ich warne Sie!«

      »Und ich warne Sie damit!« brüllt der Alte in wilder Wut und reißt das Gewehr an die Schulter. »Fort mit euch, ihr wahnsinnigen Sektierer, ihr Vielweiberhelden! Euch kann man nicht beleidigen, euch muß man beibringen, daß ihr anständige Menschen nicht…«

      »Dad – Dadl« schreit Rachel, die zu genau weiß, wozu der alte Mann in seinem Zorn fähig ist. »Dad – nicht!«

      Aber es ist zu spät. Der alte Matt Mendan, ein frommer und gottesfürchtiger Mann, in dessen Haus in South Fork jahrelang die Abendandachten stattfanden, hat nie etwas von Mormonen gehalten und sie immer gehaßt wie viele andere.

      Brüllend kracht Matt Mendans Spencer. Die Kugel reißt Graines den Hut vom Kopf und schleudert ihn

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