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von dir gehört. Wie geht es dir?«

      »Sehr gut, und bei dir?«

      »Alles bestens. Wir müssen uns unbedingt bald mal wieder sehen.«

      »Ja, gerne, aber Zürich ist leider nicht gleich um die Ecke.«

      »Wie recht du hast und Düsseldorf leider auch nicht. Aber wie kann ich dir helfen?«

      »Hast du den Artikel bei euch im Blatt über die neue Biografie der Königin von Navarra gelesen?«

      Der Journalist lacht laut auf. »Du jetzt auch noch!«

      »Wie meinst du das?«

      »Seit dieser Artikel bei uns erschienen ist, steht mein Telefon nicht mehr still. Hätte nicht gedacht, dass die Auffrischung dieser alten Legende so viel Interesse wecken würde.«

      »Ist da was dran?«

      »Mensch, Sven, dir brauche ich doch nicht zu erzählen, wie so etwas zustande kommt.« Und schon wieder lacht der Ressortchef.

      »Nun sag schon.«

      »Also, der Autor der Biografie, ein britischer Historiker, ist ein guter Freund unseres Verlegers. Und der wollte unbedingt, dass wir über die Veröffentlichung seines Freundes etwas schreiben.«

      »Ja und?«

      »Die Biografie der Königin, auch wenn sie gerade erst erschienen ist, interessiert doch niemanden. Und dann ist mein Kollege bei der Recherche auf den Patxaran gestoßen, klar, dass er daraus etwas gemacht hat.«

      »Der Artikel ist ausgezeichnet geschrieben. Auch wenn alle Behauptungen im Konjunktiv verfasst sind, könnte der Leser glatt glauben, da wäre etwas dran.«

      »Ja, genau das ist das Problem. Mein Kollege hat sich zwar die Mühe gemacht und intensiv recherchiert, aber viel ist dabei nicht herausgekommen, bis auf die Erkenntnis, dass die Königin bestohlen wurde. Aber wer dahinter gesteckt haben könnte, wissen wir nicht.«

      »Also nichts, wofür es sich lohnt, nochmals zu recherchieren?«

      »Sven, hast du nichts Besseres zu tun?«

      »Ich fand es spannend.«

      »Ja, ist es auch, aber nur als Aufhänger für die Biografie und nicht als eigenständige Story. Da kannst du dich nur blamieren!«

      »Schade, hatte gehofft, da ließe sich mehr finden.«

      »Vergiß es!«

      »Ich wünsche dir noch einen schönen Tag und danke für die Informationen.«

      »Gerne geschehen. Auch wenn ich dir nicht weiterhelfen konnte.«

      »Doch, mehr als du glaubst. Womöglich hätte ich mich auf die Story eingelassen und viel Zeit verschwendet.«

      »Na, dann ist ja alles gut.«

      Und schon hat Wolfgang Spitzly aufgelegt. Der lacht bestimmt schon wieder und diesmal über mich. Sven schüttelt den Kopf. Wirklich schade, das wäre eine klasse Story geworden. Aber ich habe ja einen Auftrag: Ich schreibe den besten kulinarischen Reiseführer der Welt. Er schiebt den Gedanken an das Fläschchen Patxaran in den hintersten Winkel seines Gehirns, ergreift sein Tablet und schaut sich die bisherige Auflistung der Restaurantempfehlungen an. Den Besuch im La Parada del Mar hatte er für den gestrigen Tag geplant. Hier kann man auch frischen Fisch zum Mitnehmen kaufen, so hatte es zumindest Tim berichtet. Vielleicht sollte er am Mittag dort hingehen. Abends dürfte es sehr voll sein, denn die Einheimischen beginnen nach einem dürftigen Frühstück schon ab dem frühen Vormittag, sich hier und da Tapas zu bestellen, und das über den ganzen Tag verteilt. Erst am späten Abend wird richtig gegessen. Gut, so mache ich das, beschließt er. Morgen kann ich ja dann etwas über die Insel fahren.

      Sven schnappt sich seine Umhängetasche, verstaut das Tablet darin, greift sich das Frühstückstablett und balanciert es mit einer Hand, während er mit der anderen die Wohnungstür hinter sich zuzieht. Consuelo ist nicht in ihrer Küche, also stellt er das Tablett einfach auf den Küchentisch und verlässt das Haus. Der Bus steht schon an der Haltestelle. Er läuft los und versucht, den Busfahrer mit Handzeichen auf sich aufmerksam zu machen.

      »Tranquilo, tranquilo«, begrüßt ihn der Fahrer. Sven bittet um einen Fahrschein, bezahlt und bleibt im Gang stehen. Nach knapp fünf Minuten erreichen sie die Haltestelle Joan Miró 248, Marivent. Er steigt aus und sieht schräg gegenüber schon das Restaurant. Auf der schmalen Terrasse ist alles in Blau und Weiß gehalten: blaue Markisen, blaue Stühle, weiße Tische. Ein bisschen steril, denkt er sich, aber kein Wunder. Nach Tims Beschreibung erwartet ihn ein Restaurant, das den Charme einer Fischhalle versprüht. Im vorderen Teil sieht auch alles danach aus. Vor einer weiß gekachelten Wand steht eine beeindruckende Fischtheke. Ordentlich aufgereiht liegen hier auf zerstoßenem Eis Berge von Meerestieren eng beieinander: Tintenfisch, Hummer, Riesengarnelen, Lachs, Austern, Steinbutt, Seeteufel, Seezunge. Und überall sieht er weiße Plastikschilder, die den Kilopreis in roten Zahlen verraten. Sven beobachtet eine Frau, die auf einen Hummer zeigt und dem Angestellten hinter der Theke einen Finger entgegenstreckt. Dann zeigt sie auf eine Seezunge und hebt zwei Finger in die Höhe. Schließlich bekommt sie einen kleinen Zettel überreicht und geht weiter Richtung Essraum. So funktioniert das also, erkennt Sven und schon gibt auch er seine Bestellung auf: eine Portion Garnelen und eine Seezunge. Mit einer Geste wird er von dem Mann hinter der Theke aufgefordert, sich eine der Seezungen auszusuchen. Sven deutet auf eine mittelgroße. Dann bekommt auch er einen Zettel gereicht.

      Das Restaurant ist gemütlich eingerichtet, damit hätte er jetzt nicht gerechnet. Fast alle Plätze sind besetzt. Er steht etwas unschlüssig am Eingang, da kommt ein Ober in blütenweißem Hemd, schwarzer Hose und mit einer großen weißen Serviette über dem linken Unterarm auf ihn zu.

      »Ein Platz für eine Person?«, fragt er und Sven nickt. Er führt ihn zu einem kleinen Tisch in der hintersten Ecke.

      »Hier können Sie Platz nehmen.« Mit der Hand deutet er auf den freien Stuhl. An dem Tisch sitzt schon ein älterer Herr, der auf Sven einen sehr gepflegten und distinguierten Eindruck macht. Trotz der warmen Temperaturen, auch hier im Restaurant, trägt er über seinem weißen Hemd einen dunkelblauen Blazer.

      »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«, fragt Sven höflich.

      Der ältere Mann erhebt sich und bittet ihn mit einer Handbewegung an den Tisch.

      »Sehr gerne. Darf ich mich vorstellen, Alejandro de Calderón.«

      »Sven Ruge aus Deutschland«, stellt Sven sich ebenfalls vor und reicht ihm die Hand. Dabei blickt er in ein offenes, sympathisches Gesicht, das vom Alter her schwer einzuschätzen ist.

      »Aber bitte lassen Sie sich nicht beim Essen stören.« Svens Blick gleitet über eine beeindruckende Paella-Pfanne, von der sich sein Tischnachbar gerade etwas auflegt.

      »Sieht sehr gut aus.«

      »Ja, die gemischte Paella ist hier ausgezeichnet«, erwidert Alejandro de Calderón. Sven schaut sich neugierig um. Der große Raum ist durch Säulen geschickt unterteilt, sodass der Gast sich nicht wie in einer Markthalle vorkommt. Und doch ist es hier laut und hektisch. Sobald eine Nummer ausgerufen wird, springt irgendwo ein Gast auf und eilt zur Essensausgabe. Sven betrachtet seinen Zettel: Nr. 67/70 steht darauf. Kaum hat er beim Ober ein Glas trockenen Weißwein bestellt, wird auch schon Nr. 67 aufgerufen. Er kehrt mit einem großen Teller gegrillter langustinos an seinen Tisch zurück.

      »Da haben Sie sich aber etwas besonders Feines bestellt«, spricht ihn der ältere Mann an.

      »Ja, da hatte ich jetzt richtig Lust drauf«, antwortet Sven gut gelaunt. Der junge Mann ist dem Spanier sympathisch und er hat Spaß daran, wie geschickt Sven den Kopf mit den langen Antennen abdreht, die Schale aufbricht, das Krebsfleisch mit Zitrone beträufelt und es dann genüsslich verspeist. Sven kaut bedächtig. Die Garnelen sind saftig und haben Geschmack, so sein Urteil. Schon greift er sich die nächste. Wie oft hat er es schon erlebt, dass langustinos oder auch die kleineren camarones oder quisquillas trocken waren und über wenig Eigengeschmack verfügten, aber die hier sind sehr schmackhaft. Kaum

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