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Chevalier und lächelte mit unnachahmlicher Feinheit, »wir sind brav wie das schöne Mädchen, dessen Namen wir tragen, wir können uns ohne Furcht verheiraten; aber wir wollen nicht hier vegetieren, wir dürsten danach, nach Paris zu kommen, wo die schönen Geschöpfe reich werden, wenn sie Verstand haben, und wir sind nicht dumm. Wir wollen uns also davon überzeugen, ob die Hauptstadt der Vergnügungen uns jungen Chevaliers de Valois, uns einen Wagen, Diamanten, eine Loge in der Oper vorbehalten hat. Die Russen, die Engländer, die Österreicher haben Millionen ins Land gebracht, auf die uns Mama eine Anweisung ausgestellt hat, indem sie uns schön machte. Kurzum, wir besitzen Patriotismus, wir wollen Frankreich dazu verhelfen, sein Geld aus den Taschen dieser Herren wiederzugewinnen. He, he, liebes kleines Teufelsschläfchen, all das ist nicht schlimm! Die Welt, in der du lebst, wird zwar ein kleines Geschrei erheben, aber der Erfolg wird alles rechtfertigen. Was aber sehr schlimm ist, mein Kind, das ist, kein Geld zu haben, und das ist unser beider Krankheit. Da wir ausnehmend klug sind, haben wir geglaubt, aus unserer allerliebsten Ehre einen Vorteil ziehen zu können, indem wir einen alten Knaben hereinlegen; aber dieser alte Knabe, mein Herz, kennt das A und O der weiblichen Listen, was heißen will, dass du eher einem Spatzen Salz auf den Schwanz streuen kannst, als mich glauben machen, ich sei im geringsten an deiner Sache beteiligt. Geh nach Paris, meine Kleine, geh hin auf Kosten der Eitelkeit eines alten Junggesellen, ich werde dich nicht daran hindern, ich werde dir sogar dazu verhelfen, denn der alte Junggeselle, Suzanne, ist der natürliche Geldschrank eines jungen Mädchens. Aber ziehe mich nicht da hinein! Höre, meine Schöne, die du das Leben so gut kennst, du würdest mir großes Unrecht und großen Kummer antun! Unrecht? Du könntest in einem Lande, wo man auf die Sitten hält, meine Verheiratung verhindern. Kummer? Wahrhaftig, selbst wenn du in Verlegenheit wärst, was ich leugne, Spitzbübin! Du weißt, mein Schatz, dass ich nichts mehr habe, dass ich arm bin wie eine Kirchenmaus. Ja, wenn ich Mademoiselle Cormon heiratete, wenn ich wieder reich würde, würde ich dich sicher Cesarine vorziehen. Du bist mir immer über die Maßen klug und gewitzt vorgekommen, du bist für die Liebe eines großen Herrn wie geschaffen. Ich halte dich für einen so pfiffigen Kopf, dass mich der Streich, den du mir da spielst, gar nicht überrascht, ich habe ihn erwartet. Für ein Mädchen heißt das, alles auf eine Karte setzen. Um so zu handeln, mein Engel, bedarf es geistiger Überlegenheit. Du besitzest also meine ganze Achtung.« Und er gab ihr nach Art der Bischöfe die Bestätigung auf die Wange.

      »Aber. Monsieur le Chevalier, ich versichere Sie, dass Sie sich irren und dass ...«

      Sie errötete und wagte nicht fortzufahren; der Chevalier hatte mit einem Blick ihren ganzen Plan erraten und durchschaut.

      »Ja, ich höre dich, du willst, dass ich dir glaube! Nun gut, ich glaube dir. Aber folge meinem Rat, geh zu Monsieur du Bousquier! Bringst du nicht seit fünf oder sechs Monaten Monsieur du Bousquier die Wäsche? Also ich frage dich nicht, was zwischen euch vorgeht; aber ich kenne ihn, er besitzt Eigenliebe, er ist ein alter Hagestolz, er ist sehr reich, er hat zweitausendfünfhundert Livres Rente und gibt keine achthundert aus. Wenn du so klug bist, wie ich annehme, wirst du auf seine Kosten Paris zu sehen bekommen. Geh, mein Hühnchen, umgarne ihn, sei fein wie Seide, und bei jedem Wort mach eine doppelte Schlinge und einen Knoten! Er ist ein Mensch, der den Skandal fürchtet, und wenn er dir Veranlassung gegeben hat, ihn aufs Sünderstühlchen zu bringen ... nun, du verstehst, drohe ihm, dass du dich an die Damen des Wohltätigkeitsvereins wenden wirst! Überdies ist er ehrgeizig. Nun, ein Mann muss durch seine Frau alles erreichen können. Bist du nicht schön, nicht klug genug, um das Glück deines Mannes zu machen? Zum Teufel, du könntest einer Frau von Hof die Stirn bieten!«

      Suzanne, der die letzten Worte des Chevaliers eine Erleuchtung gebracht hatten, brannte vor Begierde, zu Monsieur du Bousquier zu laufen. Um ihre Eile nicht gar so auffällig zu machen, befragte sie den Chevalier über Paris und half ihm beim Ankleiden. Der Chevalier sah die Wirkung seiner Fingerzeige und wollte Suzanne das Fortkommen erleichtern, indem er sie bat, Cesarine mit der Schokolade heraufzuschicken, die ihm Madame Lardot jeden Morgen bereitete. Suzanne entschlüpfte rasch, um sich zu ihrem Opfer zu begeben, dessen Biographie hier folgt.

      Als Sprössling einer alten Familie Alençons hielt Monsieur du Bousquier die Mitte zwischen dem Bourgeois und dem kleinen Adligen. Sein Vater hatte das Amt eines Kriminalleutnants bekleidet. Als sich Monsieur du Bousquier nach dem Tode seines Vaters ohne Hilfsquellen sah, war er, wie alle verarmten Provinzler, nach Paris gegangen, um dort sein Glück zu machen. Zu Beginn der Revolution hatte er angefangen, Geschäfte zu machen. Sosehr sich auch die Republikaner alle mit ihrer revolutionären Ehrlichkeit aufs hohe Ross setzten, die Geschäfte jener Zeit waren undurchsichtig. Ein politischer Spion, ein Börsenspekulant, ein Proviantmeister, einer, der im Einverständnis mit dem Syndikus der Kommune Güter der Emigrierten einziehen ließ, um sie zu kaufen und wieder loszuschlagen, ein Minister und ein General, sie machten alle auf gleiche Weise Geschäfte. Von 1793 bis 1799 lieferte Monsieur du Bousquier den Proviant für die französischen Armeen. Er besaß zu jener Zeit ein prächtiges Haus, war einer der Matadore der Finanz, machte Halbpartgeschäfte mit Ouvrard, hielt offene Tafel und führte das skandalöse Leben der Zeit, eine Cincinnatus-Existenz mit Säcken voll Getreide, das ohne Mühe geerntet war, mit gestohlenen Rationen, mit Lustschlösschen voll leichter Mädchen, wo für die Direktoren der Republik große Feste veranstaltet wurden. Der Bürger Bousquier war einer der vertrauten Freunde von Barras, stand auf bestem Fuße mit Fouché, sehr gut mit Bernadotte und dachte Minister zu werden, indem er sich Hals über Kopf in die Partei stürzte, die bis Marengo gegen Bonaparte heimliches Spiel trieb. Wäre nicht der Sturmangriff Kellermanns und der Tod Desaix' dazwischengekommen, so wäre Monsieur du Bousquier ein großer Politiker geworden. Er war einer der hohen Beamten der niemals zur Macht gelangten Regierung, die das Glück Napoleons hinter die Kulissen von 1793 zurücktreten ließ. Der hartnäckig und überraschend errungene Sieg bei Marengo veranlasste die Niederlage dieser Partei, die fertiggedruckte Proklamationen in Bereitschaft hielt, um, falls der Erste Konsul unterlegen wäre, zum System der Bergpartei zurückzukehren. Vollständig von der Unmöglichkeit eines Sieges überzeugt, spekulierte Monsieur du Bousquier mit dem größten Teil seines Vermögens auf das Fallen der Wertpapiere und hielt zwei Kuriere auf dem Schlachtfeld in Bereitschaft: der erste ritt in dem Augenblick ab, da Melas siegreich war; aber in der Nacht kam der zweite vier Stunden später, um die Niederlage der Österreicher zu verkünden. Du Bousquier fluchte Kellermann und Desaix; dem Ersten Konsul wagte er nicht zu fluchen, denn der war ihm Millionen schuldig. Diese Alternative zwischen einem Gewinn von Millionen und dem völligen Ruin raubte dem Lieferanten seine sämtlichen Fähigkeiten, er war ein paar Tage wie blödsinnig. Er hatte mit dem Leben durch so schwere Exzesse Missbrauch getrieben, dass er diesen Schlag kraftlos auf sich herabfallen ließ. Er hoffte zwar noch auf die Begleichung seiner Schuldforderungen an den Staat; aber trotz seiner Bestechungsversuche traf ihn der Hass Napoleons gegen die Heereslieferanten, die auf seine Niederlage spekuliert hatten. Monsieur de Fermon, der so scherzhaft ›Fermons la caisse‹ (Schließen wir die Kasse!) genannt wurde, gab Monsieur du Bousquier keinen Sou. Die Unsittlichkeit seines Privatlebens, die Verbindungen dieses Lieferanten mit Barras und Bernadotte missfielen dem Konsul noch mehr als sein Spiel an der Börse; er strich ihn aus der Liste der Obersteuereinnehmer, in die er vermöge des letzten Restes seines Ansehens als Kandidat für Alençon hineingekommen war. Von seinem Reichtum behielt Du Bousquier zwölfhundert Francs Leibrente in Staatspapieren, eine zufällige Anlage, die ihn vor dem Elend bewahrte. Da seine Gläubiger nicht wussten, welches Resultat die Liquidation haben würde, ließen sie ihm nur tausend Francs konsolidierte Renten; aber sie wurden alle durch die Eintreibung der Rückstände und den Verkauf des Hotel de Beauséant, das Monsieur du Bousquier besaß, bezahlt. So blieb dem Spekulanten, nachdem er knapp am Bankrott vorbeigekommen war, sein Name unversehrt. Ein Mann, der vom Ersten Konsul ruiniert worden und dem der kolossale Ruf, den ihm seine Verbindungen mit den Spitzen der ehemaligen Regierung, seine Lebensweise und seine kurze Macht eingetragen hatten, vorangegangen war, interessierte die Stadt Alençon, wo heimlich der Royalismus herrschte. Der gegen Napoleon aufgebrachte Du Bousquier, der die Nöte des Ersten Konsuls, die Ausschweifungen Josephines und die geheimen Anekdoten aus zehn Jahren Revolution zum besten gab, wurde sehr gut aufgenommen. Zu dieser Zeit trat Du Bousquier, obwohl er gut und gern vierzig Jahre alt war, als ein Mann vor sechsunddreißig Jahren auf, der von mittlerem Wuchs, fett wie ein Heereslieferant war und mit seinen Waden, die eines zotigen Staatsanwalts würdig waren, paradierte; er hatte stark ausgeprägte

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