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in seinen Entschlüssen, aber hinterhältig wie ein Cromwell sein, der der Rechtlichkeit den Kopf abschlagen wollte. Seine Unergründlichkeit verbarg sich hinter einem spöttischen, leicht beweglichen Wesen. Obwohl nur einfacher Kommis in einer Parfümeriehandlung, gab es für seinen Ehrgeiz keine Grenzen; er hatte seinen hasserfüllten Blick auf die ganze Gesellschaft gerichtet und zu sich gesagt: »Du wirst mir gehören!« Er hatte sich zugeschworen, erst mit vierzig Jahren zu heiraten. Äußerlich war Ferdinand ein schlanker junger Mann von guter Figur und Manieren, die ihn befähigten, sich jeder Art von Gesellschaft anzupassen. Sein schlaues Gesicht gefiel beim ersten Blick; aber wenn man ihn eingehender betrachtete, so nahm man darauf einen eigenartigen Ausdruck wahr, wie er sich auf dem Antlitz von Leuten malt, die mit sich selber uneins sind, oder deren Gewissen sich zu bestimmten Stunden meldet. Der blühende Teint seiner zarten normannischen Haut hatte eine grelle Farbe. Der Blick seiner glasigen, silbrig schimmernden Augen war herumfahrend, aber schrecklich, wenn er ihn direkt auf sein Opfer richtete. Seine Stimme klang matt, wie die eines Mannes, der lange Zeit geredet hat. Seine schmalen Lippen waren nicht ohne Anmut; aber seine spitze Nase, seine leicht gewölbte Stirn verrieten einen Fehler der Rasse. Sein Haar endlich, das wie schwarz gefärbt erschien, wies auf ein Bastardgeschöpf hin, das seinen Geist einem liederlichen Grandseigneur und seine niedrige Gesinnung einer verführten Bauernmagd, seine Kenntnisse einer unvollendeten Erziehung und seine Laster seiner Verwahrlosung zu verdanken hatte. Birotteau sah mit großem Erstaunen, dass sein Kommis sehr elegant gekleidet ausging, sehr spät heimkehrte und Bälle bei Bankiers und Notaren besuchte. Diese Gewohnheiten missfielen Cäsar; nach seiner Meinung mussten die Kommis die Geschäftsbücher studieren und an nichts als an ihr Geschäft denken. Der Parfümhändler ärgerte sich über Kleinigkeiten, hatte an du Tillet auszusetzen, dass er zu feine Wäsche trug, dass er Visitenkarten besaß, auf denen sein Name so gestochen war: »F. du Tillet«, was nach seinem kaufmännischen Rechtsempfinden ausschließlich für die Mitglieder der vornehmen Gesellschaft passte. Ferdinand war zu diesem Orgon mit den Absichten eines Tartüff gekommen; er machte seiner Frau den Hof, versuchte sie zu verführen und beurteilte seinen Dienstherrn, wie sie selbst es tat, aber mit erschreckender Schnelligkeit. Obwohl diskret, zurückhaltend und nie mehr sagend, als er aussprechen wollte, ließ du Tillet doch seine Anschauungen über die Menschen und das Leben in einer Weise klar werden, dass eine Frau mit Gewissensängsten, die die religiöse Überzeugung ihres Mannes teilte und es als ein Verbrechen ansah, ihrem Nächsten auch nur das geringste Unrecht anzutun, darüber entsetzt sein musste. Trotz der Gewandtheit, mit der Frau Birotteau ihre wahre Meinung verbarg, ahnte du Tillet doch, welches Gefühl der Verachtung er einflößte. Konstanze, der Ferdinand mehrere Liebesbriefe geschrieben hatte, bemerkte bald eine Veränderung im Wesen ihres Kommis, der sich einen übermütigen Ton ihr gegenüber herausnahm, als ob sie mit ihm im Einverständnis wäre. Ohne ihrem Manne etwas von ihren geheimen Gründen zu sagen, riet sie ihm, Ferdinand zu entlassen. Birotteau war damit einverstanden und es wurde beschlossen, dem Kommis zu kündigen. Drei Tage vor dem Kündigungstermin machte Birotteau den Monatsabschluss der Kasse und stellte fest, dass dreitausend Franken fehlten. Seine Bestürzung war furchtbar, weniger um des Verlustes willen, als weil sein Verdacht sich auf alle, auf drei Kommis, eine Köchin, einen Hausdiener und mehrere angenommene Arbeiter richten musste. An wen sollte er sich halten? Frau Birotteau ließ das Kontor nie allein. Der Kassierer, ein Neffe Ragons, namens Popinot, ein junger Mann von neunzehn Jahren, der bei ihnen wohnte, war die Ehrlichkeit selbst. Seine Zahlen, die im Widerspruch mit der Summe in der Kasse standen, zeigten ein Defizit an und bewiesen, dass die Unterschlagung nach der Feststellung des Saldos gemacht worden war. Die Eheleute beschlossen, über die Sache Schweigen zu bewahren und die Angestellten zu beobachten. Am nächsten Tage, einem Sonntage, empfingen sie ihre Freunde. Die Familien, die zu diesem Gesellschaftskreise gehörten, bewirteten einander der Reihe nach. Beim Hasardieren nach Tisch legte der Notar Roguin alte Louisdors auf die Tischdecke, die Frau Cäsar wenige Tage vorher von einer Neuvermählten, Frau d'Espard, erhalten hatte.

      »Haben Sie eine Armenbüchse bestohlen?« sagte lachend der Parfümhändler.

      Roguin erwiderte, dass er das Geld von einem Bankier du Tillets erhalten hätte, was dieser auch, ohne zu erröten, bestätigte. Der Parfümhändler aber wurde dunkelrot. Als die Gäste fort waren und Ferdinand schlafen gehen wollte, nahm ihn Birotteau noch einmal in den Laden mit, weil er mit ihm etwas Geschäftliches zu besprechen hätte. »Du Tillet,« sagte er, »es fehlen mir dreitausend Franken in der Kasse, und ich kann auf niemanden meinen Verdacht richten; die Sache mit den alten Louisdors spricht aber so sehr gegen Sie, dass ich mit Ihnen darüber reden muss; wir werden deshalb nicht schlafen gehen, bis sich der Irrtum aufgeklärt hat, denn schließlich kann hier doch nur ein Irrtum vorliegen. Sie werden vielleicht einen Vorschuss auf Ihr Gehalt genommen haben.«

      Du Tillet erwiderte, er hätte in der Tat die Goldstücke genommen. Der Parfümhändler sah im Hauptbuch nach, aber das Konto seines Kommis war noch nicht belastet.

      »Ich war zu beschäftigt, sonst hätte ich von Popinot die Summe eintragen lassen«, sagte Ferdinand. »Jawohl,« meinte Birotteau, der über den kühlen Gleichmut des Normannen außer Fassung geriet, welcher die guten Leute, zu denen er gekommen war, um ein Vermögen zu erwerben, recht gut kannte.

      Der Parfümhändler und sein Kommis verbrachten die Nacht mit Nachforschungen, von denen der ehrenhafte Kaufmann wusste, dass sie überflüssig waren. Im Aufundabgehen steckte Cäsar schließlich drei Banknoten von tausend Franken, indem er sie zwischen die Leisten der Schublade klemmte, in die Kasse, stellte sich darauf sehr müde, tat, als ob er schliefe, und schnarchte. Dann weckte ihn du Tillet triumphierend auf und äußerte die größte Freude, dass sich der Irrtum aufgeklärt habe. Am nächsten Tage schalt Birotteau vor allem mit dem kleinen Popinot und seiner Frau und äußerte sich zornig über ihre Nachlässigkeit. Vierzehn Tage später trat Ferdinand du Tillet bei einem Wechselmakler in Stellung. Das Parfümeriegeschäft sage ihm nicht zu, meinte er, er wolle das Bankfach kennen lernen. Als er Birotteau verließ, äußerte sich du Tillet über Frau Konstanze so, als ob er glauben machen wollte, dass sein Chef ihn aus Eifersucht entlassen habe. Einige Monate später erschien du Tillet wieder bei seinem früheren Prinzipal und verlangte von ihm eine Bürgschaft für zwanzigtausend Franken, um genügend Unterlagen für ein Geschäft geben zu können, das ihm den Weg zur Erlangung eines Vermögens eröffnen sollte. Als er die Überraschung wahrnahm, die sich auf Birotteaus Gesicht bei dieser Unverschämtheit malte, runzelte er die Stirn und fragte ihn, ob er kein Vertrauen zu ihm hätte. Matifat und zwei andere Kaufleute, die mit Birotteau in Geschäften verhandelten, bemerkten seinen Unwillen, obwohl er seinen Zorn in ihrer Gegenwart unterdrückte. Aber vielleicht war du Tillet wieder ein anständiger Mensch geworden, vielleicht war sein Vergehen damals durch eine verzweifelte Geliebte oder durch zu gewagtes Spielen veranlasst worden; eine öffentliche Ablehnung seitens eines ehrenhaften Mannes könnte einen noch jungen Menschen auf den Weg des Verbrechens und Unglücks bringen, einen Menschen, der vielleicht schon Reue empfand. Und so ergriff dieser Engel von Mensch die Feder, unterzeichnete die Bürgschaft für die Wechsel du Tillets und sagte, er leiste diesen Dienst von Herzen gern einem jungen Manne, der ihm sehr von Nutzen gewesen sei. Das Blut stieg ihm ins Gesicht, als er diese bewusste Lüge aussprach. Du Tillet konnte dabei den Blick dieses Mannes nicht aushalten und gelobte ihm zweifellos in diesem Augenblick jenen schonungslosen Hass, wie ihn die Engel der Finsternis gegen die Engel des Lichts hegen. Du Tillet verstand es, sich so gut auf dem schwanken Seil der Finanzspekulationen im Gleichgewicht zu halten, dass er nach außen hin immer elegant und reich erschien, bevor er es in Wirklichkeit war. Sobald er sich ein Kabriolett angeschafft hatte, gab er es auch nicht wieder auf; er bewegte sich ständig in der hohen Sphäre der Leute, die Vergnügen und Geschäft miteinander verbinden, indem sie, als die Turcarets ihrer Zeit, aus dem Foyer der Oper eine Filiale der Börse machen. Dank Frau Roguin, die er bei Birotteau kennen gelernt hatte, setzte er sich schnell bei den höchstgestellten Finanzleuten fest. Und jetzt war Ferdinand du Tillet zu einem Wohlstand gelangt, an dem nichts erlogen war. Er stand vorzüglich mit dem Hause Nucingen, bei dem Roguin ihn eingeführt hatte, er hatte sich schnell mit den Gebrüdern Keller und mit der Hochfinanz liiert. Niemand wusste, woher diesem jungen Menschen die riesigen Kapitalien zuflossen, die er arbeiten ließ, man schrieb sein Glück seiner Intelligenz und seiner Ehrlichkeit zu.

      Die Restauration machte Cäsar zu einer Persönlichkeit, die natürlich in dem Sturm der politischen Krisen jene

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