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wird Leute geben, die gegen uns für die Chandour Partei nehmen. In unserer Stellung und in einer kleinen Stadt tut eine Abwesenheit immer Not, um der Gehässigkeit Zeit zu lassen, sich zu legen. Entweder habe ich nun Erfolg und sehe Angoulême nie wieder, oder ich habe keinen Erfolg und warte in Paris den Augenblick ab, von dem an ich die Sommer in Escarbas und die Winter in Paris verbringen kann. Das ist das einzige Leben für eine vornehme Frau, ich habe zu lange damit gezögert. Ein Tag genügt für all unsere Vorbereitungen; ich reise morgen Abend, und du begleitest mich, nicht wahr? Du gehst voraus. Zwischen Mansle und Ruffec nehme ich dich in meinen Wagen, und wir werden bald in Paris sein. Dort, Liebster, ist der Boden für hervorragende Menschen. Man fühlt sich nur mit seinesgleichen wohl, sonst leidet man überall. Überhaupt, Paris, die Hauptstadt der geistigen Welt, ist die Bühne für deine Erfolge, durcheile schnell den Raum, der dich davon trennt. Lass deine Ideen nicht in der Provinz ranzig werden, eile dich, mit den großen Männern zu verkehren, die das neunzehnte Jahrhundert repräsentieren. Du musst dem Hof und den Machthabern näher kommen. Weder die Berühmtheiten noch die Würdenträger suchen ein Talent auf, das in einer Kleinstadt dahinsiecht. Nenne mir überhaupt die Werke der schönen Literatur, die der Provinz entstammen! Sieh dagegen, wie der göttliche, der arme Jean Jacques unwiderstehlich von dieser geistigen Sonne angezogen wurde, die den Ruhm schafft, indem sie die Geister durch die Reibung der Rivalitäten entzündet. Musst du dich nicht beeilen, deinen Platz in der Dichterplejade einzunehmen, die jede Epoche hervorbringt? Du glaubst nicht, wie nützlich es einem jungen Talent ist, wenn es von der vornehmen Gesellschaft ins Licht gesetzt wird. Ich werde bewirken, dass du bei Madame d'Espard empfangen wirst, der Zutritt zu ihrem Salon ist nicht leicht; du findest da alle großen Persönlichkeiten, die Minister, die Gesandten, die großen Redner der Kammer, die einflussreichsten Pairs, reiche und berühmte Leute. Man müsste sehr ungeschickt sein, um nicht ihr Interesse zu erregen, wenn man schön, jung und voller Geist ist. Die großen Talente sind nicht kleinlich, sie leihen dir ihren Beistand. Wenn man sieht, wie hoch du gestellt bist, werden deine Werke ungeheuer an Wert gewinnen. Das große Problem, das für die Künstler zu lösen ist, besteht darin, zu bewirken, dass sie weithin sichtbar sind. Du triffst da also tausend Gelegenheiten, dein Glück zu machen, hast Aussicht auf Sinekuren, auf eine Pension aus der Privatschatulle. Die Bourbonen begünstigen so gern die schönen Wissenschaften und Künste! Sei also zu gleicher Zeit religiöser und royalistischer Dichter. Das wird nicht nur schön sein, du wirst auch reich werden. Vergibt die Opposition oder der Liberalismus Stellen und Belohnungen, lässt er die Schriftsteller zu Vermögen kommen? Schlage also den rechten Weg ein und geh dahin, wo alle Männer von Geist zu finden sind. Du kennst mein Geheimnis, bewahre das tiefste Schweigen und rüste dich, mir zu folgen. — Willst du nicht?« fügte sie hinzu, denn sie wunderte sich über die schweigsame Haltung ihres Geliebten.

      Lucien war geblendet durch die plötzliche Aussicht auf Paris. Als er diese verlockenden Worte hörte, war es ihm, als habe er sich bisher nur seines halben Gehirns bedient; jetzt eben schien er die zweite Hälfte zu entdecken, alle seine Ideen wuchsen, er kam sich in Angoulême wie ein Frosch vor, der auf dem Grunde eines Sumpfes unter einem Stein gelebt hatte. Paris in seinem Glanze, Paris, das in der Provinz jeder Phantasie als Eldorado erscheint, trat vor ihn in seinem Goldgewande, auf dem Haupte das Königsdiadem, die Arme allen Talenten geöffnet. Die Berühmtheiten würden ihn brüderlich umarmen. Dort war alles Freude und Sonnenschein für das Genie. Dort gab es keine neidischen Krautjunker, die verletzende Worte sprachen, um den Schriftsteller zu demütigen, und keine alberne Gleichgültigkeit gegen die Poesie. Dort entsprossen die Werke der Dichter, dort wurden sie bezahlt und gelangten zu Ruhm. Die Buchhändler würden kaum die ersten Seiten seines »Bogenschützen Karls IX.« gelesen haben, und schon würden sie ihren Kassenschrank öffnen und ihn fragen: »Wieviel wollen Sie?« Überdies sah er ein, dass Frau von Bargeton nach einer Reise, bei der sie die Umstände so nah wie zwei Gatten zusammenbrachten, ganz die Seine würde, dass sie zusammen lebten.

      Auf diese Worte: »Willst du nicht?« antwortete er mit einer Träne, schlang seinen Arm um Louise, drückte sie ans Herz und presste unzählige Küsse auf ihren Hals. Dann hielt er plötzlich inne, wie von einer Erinnerung getroffen, und rief aus »Mein Gott, meine Schwester heiratet übermorgen!«

      Dieser Ausruf war der letzte Atemzug der reinen und vornehmen Kindlichkeit in ihm. Die mächtigen Bande, die die jungen Herzen mit ihrer Familie, ihrem ersten Freund, allen ursprünglichen Gefühlen verbinden, sollten einen furchtbaren Schlag erhalten.

      »Wie!« rief die hochmütige Nègrepelisse, »was hat die Verheiratung Ihrer Schwester mit dem großen Schritt unserer Liebe zu tun? Liegt Ihnen so viel daran, bei dieser Kleinbürger- und Handwerkerhochzeit das große Tier zu sein, dass Sie mir diese edle Freude nicht zum Opfer bringen können? Ein schönes Opfer!« sagte sie verächtlich. »Ich habe heute morgen meinen Mann um Ihretwillen in den Zweikampf geschickt! Gehen Sie, mein Herr, verlassen Sie mich! Ich habe mich in Ihnen getäuscht.«

      Sie fiel fast ohnmächtig auf ihr Kanapee. Lucien stürzte zu ihr hin, bat um Verzeihung und fluchte seiner Familie, David und seiner Schwester.

      »Ich glaubte so an dich«, klagte sie. »Herr von Cante-Croix hatte eine Mutter, die er vergötterte, aber um einen Brief von mir zu bekommen, in dem ich ihm sagte: »Ich bin zufrieden!« ist er im Schlachtendonner gestorben. Und Sie können, wenn es sich darum handelt, mit mir zu reisen, nicht einmal auf einen Hochzeitsschmaus verzichten?«

      Lucien wollte sich töten, und seine Verzweiflung war so aufrichtig, so tief, dass Louise ihm verzieh. Aber sie ließ ihn spüren, dass er diesen Fehler wieder gutmachen müsste.

      »Geh also,« sagte sie endlich, »sei verschwiegen, und sei morgen Nacht um zwölf Uhr hundert Schritte hinter Mansle zu finden.«

      Lucien fühlte kaum den Boden unter seinen Füßen. Er machte sich zu David auf. Seine Hoffnungen verfolgten ihn, wie die Furien den Orest, denn er gewahrte tausend Schwierigkeiten, die in dem schrecklichen Wort: »Woher Geld nehmen?« zusammenzufassen waren. Er hatte solche Angst vor dem Scharfblick Davids, dass er sich in sein hübsches Arbeitszimmer einschloss, um sich von der Betäubung zu erholen, in die ihn seine neue Lage versetzt hatte. Er sollte also diese Wohnung verlassen, die mit so viel Kosten für ihn hergestellt worden war. Alle Opfer, die man ihm gebracht, sollten vergeudet sein. Es fiel ihm ein, seine Mutter könnte da wohnen, und David könnte also den kostspieligen Umbau im Hof sparen, den er geplant hatte. Diese Abreise musste die Verhältnisse seiner Familie in Ordnung bringen. Er fand tausend Gründe, die für seine Flucht sprachen, denn es gibt nichts Jesuitischeres als einen Wunsch. Er lief sofort nach Houmeau zu seiner Schwester, um ihr sein neues Los mitzuteilen und sich mit ihr zu beraten. Als er vor dem Laden Postels angelangt war, fiel ihm ein, er könnte, wenn sich keine andere Möglichkeit fände, bei dem Nachfolger seines Vaters die Summe leihen, die für einen Aufenthalt in Paris während eines Jahres nötig wäre.

      »Wenn ich mit Louise zusammen lebe, wird ein Taler täglich für mich ein ganzes Vermögen sein, und das macht nur tausend Franken im Jahr«, sagte er sich. »Und in sechs Monaten bin ich reich.«

      Eva und ihre Mutter hörten, nachdem sie versprochen hatten, das tiefste Geheimnis zu wahren, die Bekenntnisse Luciens an. Alle beide weinten bei der Erzählung unseres Ehrgeizigen, und als er den Grund dieses Kummers erfahren wollte, sagten sie ihm, alles, was sie besäßen, wäre von der Haus- und Tischwäsche, von Evas Aussteuer, von einer Menge Anschaffungen verschlungen worden, an die David nicht gedacht hätte, und sie wären froh, das alles besorgt zu haben, denn für David bedeuteten diese Dinge, die Eva mitbrächte, soviel wie eine Mitgift von zehntausend Franken. Lucien teilte jetzt seine Darlehnsidee mit, und Frau Chardon nahm es auf sich, Herrn Postel um tausend Franken für ein Jahr zu bitten.

      »Aber Lucien,« sagte Eva in bekümmertem Tone, »du wirst also nicht bei meiner Hochzeit sein? O komm zurück, ich werde ein paar Tage warten! In vierzehn Tagen, wenn du sie hinbegleitet hast, wird sie schon erlauben, dass du wieder hierher kommst! Sie wird dich uns acht Tage schenken, uns, die wir dich für sie aufgezogen haben! Es wäre ein schlechter Anfang unserer Ehe, wenn du nicht dabei wärst... Aber«, unterbrach sie sich plötzlich, »wirst du mit tausend Franken genug haben? Dein Anzug kleidet dich himmlisch, aber du hast nur den einen! Du hast nur zwei feine Hemden, die sechs andern sind aus grober Leinwand. Du hast nur drei Batistkrawatten, die drei andern sind

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