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bemerkte Queho. Er lachte auf, als er dem Pferd die Sporen gab und an den Zügeln zog, damit es umdrehte. Das Tier schnaubte, schüttelte den Kopf und trabte zurück nach Nordwesten, nach Abilene, wo sein Reiter hergekommen war. »Du wirst den Männern erzählen müssen, was du mir erzählt hast. Wir brauchen Einzelheiten. Sag, was du über diese Festung weißt.«

      »Wann kehren wir zurück?« Pico hatte beide Arme nach hinten gebogen und hielt sich krampfhaft am Sattel fest – umso erbitterter, als das Pferd einen schnelleren Schritt anschlug. Niemals hätte er seinen Vordermann gebeten, sich an ihn klammern zu dürfen.

      »Wenn ich es anordne.« Queho zog kräftig an den Zügeln, woraufhin das Pferd stehen blieb. Ein Mischlingshund mit Räude auf dem Rücken und an den Ohren schlich etwa zwanzig Yards rechts neben der Fahrbahn durch den Sand. Der Reiter zog einen Revolver von seiner Hüfte und zielte auf den Hund, während dieser mit hängendem Kopf weiter zockelte. »Dauert nicht mehr lange.«

      Wumm! Der Schuss knallte auf dem weitläufigen Terrain laut wie Donnerhall. Der Hund fiel tot um. Die einzelne Kugel hatte sein trauriges Leben beendet.

      »Ich hasse Köter«, sagte Queho. Er steckte den Revolver zurück und gab dem Pferd abermals die Sporen.

      Pico hielt sich achtsam fest, während sie schneller wurden, und schaute auf den toten Mischling, der im Sand ausblutete.

      Kapitel 4

      5. August 2032, 12:04 Uhr – zwei Monate vor dem Ausbruch – Abilene, Texas

      Der Baumarkt Bible befand sich in der Walnut Street 333 zwischen der 3rd und 4th Street des historischen Stadtkerns. Da es sich um ein traditionelles Familiengeschäft mit sehr umfangreichem Sortiment handelte, zog es Marcus Battle gegenüber anderen in Abilene vor.

      Er bremste mit seinem 2025er Ford F150 am Straßenrand und parkte vor der grünen Markise über dem Eingang. Dann ließ er seinen Blick über die breite Straße hinter dem Hauptpostamt schweifen. Hier und dort standen weiße Paketwagen auf dem eingezäunten Parkplatz. Er trat durch die offene Glasdoppeltür. Gleich neben der Tür, hinter einer breiten, blauen Theke, die nach einer Seite hin geöffnet war, saß eine Frau auf einem Drehstuhl. Marcus grüßte, nahm sich einen Korb und zog durch die Gänge, während er die Liste auf seinem Handy mit dem abglich, was er im Kopf hatte.

      Bei Bible einzukaufen war wie eine Zeitreise in die Vergangenheit. Seit der Eröffnung vor neunzig Jahren hatte sich kaum etwas in dem Laden verändert. Dem vertrauten Ambiente wohnte etwas Beruhigendes inne, wenngleich Marcus nicht entging, wie ironisch es war, hier Besorgungen für das Ende der Welt zu erledigen.

      Don, ein netter, älterer Herr, kam zu ihm und klopfte ihm auf den Rücken. »Darf ich Ihnen helfen?« Als sich Battle umdrehte, lachte er. »Oh, Marcus! Mit der Baseballmütze auf dem Kopf hab ich dich gar nicht erkannt.«

      »Hi, Don.« Marcus nahm die Hand des Mannes und drückte sie fest. »Ich komme schon klar, heute brauche ich nicht viel.«

      »Wann kommt's denn?«, fragte Don und steckte die Hände in die Taschen seiner Arbeitsschürze.

      »Was meinst du?«

      »Na, das dicke Ende.«

      Marcus lachte kurz und ließ eine Packung Mikro-Batterien in den Korb fallen. »Kann ich nicht sagen, Don. Ist 'ne Sonntagsfrage. Jedenfalls möchte ich bereit sein, wenn es soweit ist.«

      Der Alte zwinkerte. »Ich finde, Sonntage sind überhaupt eine gute Zeit, um Vorkehrungen zu treffen. Wir warten schon seit Wochen auf euren Besuch.«

      »Ich will keine Ausflüchte machen«, erwiderte Marcus. »Wir konnten uns bisher einfach nicht die Zeit nehmen. Sollten wir aber, ich weiß. Uns tut's gut, und der Kleine liebt die Sonntagsschule.«

      »Nicht dass ich's euch ankreiden würde«, versicherte Don. »Wirklich nicht, aber es wäre schön, euch mal wieder zu sehen.«

      »Schon klar, wenn ich in einem Geschäft kaufe, das ›Bible‹ heißt, muss ich damit rechnen, in ein Gespräch über die Kirche verwickelt zu werden, richtig?«

      Don zwinkerte erneut, hielt Marcus einen hochgestreckten Daumen vor und trat den Rückzug an. »Lass wissen, falls du etwas Bestimmtes suchst … und grüß Sylvia von mir.«

      »Werde ich, Don.« Nachdem er mehrere Packungen Mignonzellen in den Korb gelegt hatte, suchte er im nächsten Gang nach LED-Birnchen. Diese hatten zwar kein Verfallsdatum, doch er kaufte gern auf Vorrat, fünf für jede Lampe im Haus. Zum Aufstocken brauchte er noch ein paar.

      Hinter einem Regal voller Pflanzenschutzmittel stieß er wieder auf Don, der neben einer Frau stand, die sich am Kopf kratzte.

      »Hey, Marcus«, begann der Alte. »Habt ihr Haustiere?«

      »Nein.« Battle machte einen weiten Bogen um die Kopfkratzerin. »Wieso?«

      »Diese junge Dame hier ist schon der fünfte Kunde in einer Woche, der etwas gegen Läuse braucht.«

      »Ist das denn ungewöhnlich?«

      »Ja, weil die Tierärzte keine Mittel mehr haben«, erklärte Don. »So wie es aussieht, gehen die Läuse gerade um.«

      »Noch nichts davon gehört.«

      »Liegt wohl daran, dass es diesen Sommer außerordentlich warm ist.«

      »Hier unten doch immer.« Marcus zwängte sich an Don vorbei und blieb am Ende des Gangs stehen. »Wäre ich also nicht drauf gekommen.«

      »Da hast du auch wieder recht.« Don zwinkerte ein weiteres Mal und widmete sich wieder der Frau mit dem Juckreiz.

      Als Marcus alles zusammengetragen hatte, stellte er den vollen Korb auf der Theke ab. Ihm blieb noch eine halbe Stunde, um das eine oder andere im Supermarkt zu kaufen und rechtzeitig, wie er es Sylvia versprochen hatte, nach Hause zurückzukehren.

      »Kein Entlausungsmittel, Marcus?«, fragte die Bedienung mit Blick auf die Batterien, mehrere verzinkte Leitungsrohre und einen Gummihammer. »Du dürftest heute der Erste sein, der keins kauft oder mich fragt, wo wir es ausliegen haben.«

      »Wusste gar nicht, dass ihr welches führt«, entgegnete er und griff zu seinem Telefon. Nachdem er es über den Scanner am Rand der Theke gehalten hatte, wartete er auf die Ausgabe des Gesamtbetrags.

      »Es geht weg wie geschnitten Brot«, fügte sie hinzu, während sie den Scan beendete. »Verrückt, nicht wahr? Das Zeug hält sich nicht lange hier. Wie ich hörte, ist das ein weltweites Problem. Flöhe sind die neuen Heuschrecken.« Sie lachte.

      Marcus schloss die Augen und entsann sich des genauen Wortlauts aus dem Buch Exodus. »Da sprach der Herr zu Mose: Strecke deine Hand über Ägypten, damit die Heuschrecken über Ägypten kommen und alles Gewächs im Lande auffressen samt allem, was vom Hagel übrig geblieben ist!«

      »Hut ab«, sagte die Frau und nickte. »Wusste gar nicht, dass du so bibelfest bist.«

      »Ich häng's nicht an die große Glocke.«

      »Dann hoffen wir mal, dass das nicht das Ende aller Tage ist.« Sie kicherte. »Wäre doch schrecklich, wenn uns Gott vor den Heuschrecken verschont, und uns doch linkt, indem er sie lediglich gegen Läuse ausgetauscht hat.«

      »Ich bin froh, dass wir keinen Hund haben.« Marcus packte seinen Einkauf selbst in Tüten.

      »Ich habe drei Katzen«, sagte sie und steckte die Quittung in eine der Plastiktaschen. »Die tragen Flohhalsbänder, das scheint zu wirken. Außerdem lass ich sie nicht raus, das hilft auch.«

      »Garantiert.« Marcus lächelte. »Bis demnächst.« Als er die Tüten gerade auf die Ladefläche des Fords stellte, vibrierte sein Telefon.

      »Ich hab mich noch nicht verspätet«, begann er vorausahnend.

      »Darum ruf ich nicht an«, erwiderte Sylvia. »Ich brauch noch ein paar Sachen mehr aus dem Supermarkt. Kriegst die Liste aufs Handy.«

      »Steht

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