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Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann
Читать онлайн.Название Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann
Год выпуска 0
isbn 9788027209156
Автор произведения E. T. A. Hoffmann
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Nachdem Erfrischungen gereicht worden, ging es in den Saal, wo der Pharotisch in Bereitschaft stand. Der Hofmarschall machte den Bankier, doch stand er, wie man mir sagte, mit dem Fürsten in der Art im Verein, daß er allen Gewinn behielt, der Fürst ihm aber jeden Verlust, insofern er den Fonds der Bank schwächte, ersetzte. Die Herren versammelten sich um den Tisch, bis auf den Leibarzt, der durchaus niemals spielte, sondern bei den Damen blieb, die an dem Spiel keinen Anteil nahmen. Der Fürst rief mich zu sich, ich mußte neben ihm stehen, und er wählte meine Karten, nachdem er mir in kurzen Worten das Mechanische des Spiels erklärt. Dem Fürsten schlugen alle Karten um, und auch ich befand mich, so genau ich den Rat des Fürsten befolgte, fortwährend im Verlust, der bedeutend wurde, da ein Louisdor als niedrigster Point galt. Meine Kasse war ziemlich auf der Neige, und schon oft hatte ich gesonnen, wie es gehen würde, wenn die letzten Louisdors ausgegeben, um so mehr war mir das Spiel, welches mich auf einmal arm machen konnte, fatal. Eine neue Taille begann, und ich bat den Fürsten, mich nun ganz mir selbst zu überlassen, da es scheine, als wenn ich, als ein ausgemacht unglücklicher Spieler, ihn auch in Verlust brächte. Der Fürst meinte lächelnd, daß ich noch vielleicht meinen Verlust hätte einbringen können, wenn ich nach dem Rat des erfahrnen Spielers fortgefahren, indessen wolle er nun sehn, wie ich mich benehmen würde, da ich mir so viel zutraue. – Ich zog aus meinen Karten, ohne sie anzusehen, blindlings eine heraus, es war die Dame. – Wohl mag es lächerlich zu sagen sein, daß ich in diesem blassen, leblosen Kartengesicht Aureliens Züge zu entdecken glaubte. Ich starrte das Blatt an, kaum konnte ich meine innere Bewegung verbergen; der Zuruf des Bankiers, ob das Spiel gemacht sei, riß mich aus der Betäubung. Ohne mich zu besinnen, zog ich die letzten fünf Louisdors, die ich noch bei mir trug, aus der Tasche und setzte sie auf die Dame. Sie gewann, nun setzte ich immer fort und fort auf die Dame und immer höher, so wie der Gewinn stieg. Jedesmal, wenn ich wieder die Dame setzte, riefen die Spieler: “Nein, es ist unmöglich, jetzt muß die Dame untreu werden” – und alle Karten der übrigen Spieler schlugen um. “Das ist mirakulos, das ist unerhört”, erscholl es von allen Seiten, indem ich still und in mich gekehrt, ganz mein Gemüt Aurelien zugewendet, kaum das Gold achtete, das mir der Bankier einmal übers andere zuschob. – Kurz, in den vier letzten Taillen hatte die Dame unausgesetzt gewonnen und ich die Taschen voll Gold. Es waren an zweitausend Louisdors, die mir das Glück durch die Dame zugeteilt, und unerachtet ich nun aller Verlegenheit enthoben, so konnte ich mich doch eines innern unheimlichen Gefühls nicht erwehren. – Auf wunderbare Art fand ich einen geheimen Zusammenhang zwischen dem glücklichen Schuß aufs Geratewohl, der neulich die Hühner herabwarf, und zwischen meinem heutigen Glück. Es wurde mir klar, daß nicht ich, sondern die fremde Macht, die in mein Wesen getreten, alles das Ungewöhnliche bewirke und ich nur das willenlose Werkzeug sei, dessen sich jene Macht bediene zu mir unbekannten Zwecken. Die Erkenntnis dieses Zwiespalts, der mein Inneres feindselig trennte, gab mir aber Trost, indem sie mir das allmähliche Aufkeimen eigner Kraft, die, bald stärker und stärker werdend, dem Feinde widerstehen und ihn bekämpfen werde, verkündete. – Das ewige Abspiegeln von Aureliens Bild konnte nichts anderes sein als ein verruchtes Verlocken zum bösen Beginnen, und eben dieser frevelige Mißbrauch des frommen, lieben Bildes erfüllte mich mit Grausen und Abscheu.
In der düstersten Stimmung schlich ich des Morgens durch den Park, als mir der Fürst, der um die Stunde auch zu lustwandeln pflegte, entgegentrat. “Nun, Herr Leonard”, rief er, “wie finden Sie mein Pharospiel? – Was sagen Sie von der Laune des Zufalls, der Ihnen alles tolle Beginnen verzieh und das Gold zuwarf? Sie hatten glücklicherweise die Carte Favorite getroffen, aber so blindlings dürfen Sie selbst der Carte Favorite nicht immer vertrauen.” – Er verbreitete sich weitläuftig über den Begriff der Carte Favorite, gab mir die wohlersonnensten Regeln, wie man dem Zufall in die Hand spielen müsse, und schloß mit der Äußerung, daß ich nun mein Glück im Spiel wohl eifrigst verfolgen werde. Ich versicherte dagegen freimütig, daß es mein fester Vorsatz sei, nie mehr eine Karte anzurühren. Der Fürst sah mich verwundert an. – “Eben mein gestriges wunderbares Glück”, fuhr ich fort, “hat diesen Entschluß erzeugt, denn alles das, was ich sonst von dem Gefährlichen, ja Verderblichen dieses Spiels gehört, ist dadurch bewährt worden. Es lag für mich etwas Entsetzliches darin, daß, indem die gleichgültige Karte, die ich blindlings zog, in mir eine schmerzhafte, herzzerreißende Erinnerung weckte, ich von einer unbekannten Macht ergriffen wurde, die das Glück des Spiels, den losen Geldgewinn mir zuwarf, als entsprösse es aus meinem eignen Innern, als wenn ich selbst, jenes Wesen denkend, das aus der leblosen Karte mir mit glühenden Farben entgegenstrahlte, dem Zufall gebieten könne, seine geheimsten Verschlingungen erkennend.” – “Ich verstehe Sie”, unterbrach mich der Fürst, “Sie liebten unglücklich, die Karte rief das Bild der verlornen Geliebten in Ihre Seele zurück, obgleich mich das, mit Ihrer Erlaubnis, possierlich anspricht, wenn ich mir das breite, blasse komische Kartengesicht der Coeurdame, die Ihnen in die Hand fiel, lebhaft imaginiere. – Doch Sie dachten nun einmal an die Geliebte, und sie war Ihnen im Spiel treuer und wohltuender als vielleicht im Leben; aber was darin Entsetzliches, Schreckbares liegen soll, kann ich durchaus nicht begreifen, vielmehr muß es ja erfreulich sein, daß Ihnen das Glück wohlwollte. Überhaupt! – ist Ihnen denn nun einmal die ominöse Verknüpfung des Spielglücks mit Ihrer Geliebten so unheimlich, so trägt nicht das Spiel die Schuld, sondern nur Ihre individuelle Stimmung.” – “Mag das sein, gnädigster Herr”, erwiderte ich, “aber ich fühle nur zu lebhaft, daß es nicht sowohl die Gefahr ist, durch bedeutenden Verlust in die übelste Lage zu geraten, welche dieses Spiel so verderblich macht, sondern vielmehr die Kühnheit, geradezu wie in offener Fehde es mit der geheimen Macht aufzunehmen, die aus dem Dunkel glänzend hervortritt und uns wie ein verführerisches Trugbild in eine Region verlockt, in der sie uns höhnend ergreift und zermalmt. Eben dieser Kampf mit jener Macht scheint das anziehende Wagestück zu sein, das der Mensch, seiner Kraft kindisch vertrauend, so gern unternimmt und das er, einmal begonnen, beständig, ja noch im Todeskampfe den Sieg hoffend, nicht mehr lassen kann. Daher kommt meines Bedünkens die wahnsinnige Leidenschaft der Pharospieler und die innere Zerrüttung des Geistes, die der bloße Geldverlust nicht nach sich zu ziehen vermag und die sie zerstört. Aber auch schon in untergeordneter Hinsicht kann selbst dieser Verlust auch den leidenschaftlosen Spieler, in den noch nicht jenes feindselige Prinzip gedrungen, in tausend Unannehmlichkeiten, ja in offenbare Not stürzen, da er doch nur durch die Umstände veranlaßt spielte. Ich darf es gestehen, gnädigster Herr! daß ich selbst