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versteht sich doch von selbst.«

      Die Apotheke, in der Melanie als angestellte Apothekerin und Corinna als Pharmazie-Studentin arbeitete, gehörte Melanies Onkel. Er war immer bereit, ein Auge zuzudrücken, wenn die beiden sich ein paar Extrarechte herausnahmen. Sie durften es nur nicht übertreiben.

      Corinna hatte natürlich äußerste Mühe, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Sie mußte nicht unbedingt Kunden bedienen, sondern war auch oft mit dem Einräumen der Ware und dem Sortieren der bestellten Medikamente beschäftigt. Dabei mußte sie zwar aufpassen, konnte ihre Gedanken aber hin und wieder doch abschweifen lassen.

      Sie freute sich trotz aller Probleme auf das Baby. Ein Abbruch war für sie undenkbar. Selbst wenn Bernd wirklich nicht mit ihr leben würde, konnte sie sich das nicht vorstellen. Sie liebte es jetzt schon. Es würde sie immer an Bernd erinnern. Aber schöner wäre es natürlich, wenn er sich endlich zu seiner großen Liebe bekennen und zu ihr kommen könnte.

      Andererseits verstand sie na-türlich, daß er auf seinen Beruf nicht verzichten konnte. Wovon sollten sie leben? Er wäre der einzige Verdiener. Corinna konnte zwar mit dem, was sie in der Apotheke verdiente, einiges kaufen, was sie so brauchte, aber es würde nicht einmal für sie und das Baby reichen, geschweige denn auch noch für Bernd.

      Vielleicht sollte sie ihr Studium aufgeben? Aber sie brauchte nicht mehr allzu lange, dann konnte sie ihre Prüfungen ablegen und wäre Apothekerin wie Melanie. Sie hatte sowieso schon viel Zeit verbummelt. Bevor sie sich letztendlich für die Pharmazie entschieden hatte, wollte sie Ärztin werden und hatte Medizin studiert. Irgendwann war ihr das so endlos erschienen, zumal die Aussicht, sich in einer Klinik zu schinden, weil die eigene Praxis völlig illusiorisch war, nicht sehr verlockend auf sie gewirkt hatte. Nein, ihr Studium sollte sie schon beenden. Sonst würde vermutlich auch die Unterstützung von den Eltern wegfallen. Und als Apothekenhelferin wollte sie auch nicht enden. Ihre Tochter sollte doch eines Tages stolz auf sie sein, daß sie genügend Kraft gehabt hatte, ihren Weg zu gehen…

      Corinna lächelte. Es könnte natürlich auch ein Junge sein, aber ein Mädchen wäre ihr lieber. Wenn sie an ihre zwei Brüder dachte, wußte sie auch warum.

      »Corinna? Ist die Bestellung für Lemhold fertig?«

      Oje, jetzt hatte der Onkel von Melanie sie beim Träumen er-wischt. Gar nichts war fertig, sie hatte noch nicht einmal angefangen.

      »Sofort, ich bin gleich soweit.«

      Sie fischte das Rezept heraus und verfiel in hektische Aktivität. Sie wollte ihren Chef auf keinen Fall verärgern, wenn er schon so großzügig gewesen war, ihr für ein paar Tage freizugeben.

      Wie es ihr wohl ginge, wenn sie zurückkam? Wenn Bernd sich auf das Baby freute und die Notwendigkeit einsah, sich nun für sie zu entscheiden, würde sie überglücklich die Schwangerschaft bekanntgeben. Wenn nicht… daran wollte sie lieber nicht denken.

      »Hier, die Medikamente für Lemhold.«

      Sie brachte die Plastiktüte mit den Medikamenten nach vorn und ließ Melanie alles überprüfen, damit sichergestellt war, daß ihr kein Irrtum unterlaufen war. Melanie nickte und blinzelte ihr zu. Corinna ging wieder nach hinten und setzte ihre Arbeit jetzt fort, ohne sich weiterhin von ihren eigenen Gedanken ablenken zu lassen.

      Kurz vor Feierabend kam Melanie nach hinten.

      »Laß uns noch etwas essen gehen, ich lade dich ein.«

      »Ich muß noch Haare waschen und so…«

      »Das kannst du dann noch. Es muß ja nicht spät werden.«

      »Na gut, dankend angenommen. Ich muß ja jetzt auch für zwei essen.«

      Melanie lächelte. Sie hoffte allerdings, mit ihrer Freundin noch einmal ernsthaft reden zu können. Was das Baby anging, machte sie sich wenig Illusionen. Corinna war viel zu romantisch, um an einen Abbruch auch nur zu denken. Aber sie sollte wenigstens ihre Reise verschieben und diesen Bernd erst einmal herzitieren. Es wäre zu Corinnas Vorteil, wenn sie auf heimischem Boden mit ihm spräche und nicht nach dem Fiasko, das Melanie erwartete, auch noch allein in einer fremden Stadt herumsäße. Das würde wieder eine Menge Telefongeld kosten, und Melanie konnte ihren Onkel jetzt unmöglich im Stich lassen, indem sie auch noch überstürzt nach Berlin fuhr, um Corinna abzuholen.

      Leider erreichte sie nichts bei ihrer Freundin. Sie saßen in ihrer Lieblingspizzeria, aber Corinna erlaubte Melanie nicht, auch nur einen Zweifel an dem guten Ende ihrer Fahrt nach Berlin zu äu-ßern. Schließlich trennten sie sich mit dem Gefühl, daß sogar ihre Freundschaft auf dem Spiel stand, wenn der Name Bernd noch einmal fiel. Melanie sah ihrer Freundin nach, als diese abfuhr. Sie hatte Angst um Corinna.

      *

      »Hast du den Anzug schon aus der Reinigung geholt, Bernd? Sonst kann ich das heute in der Mittagspause machen.«

      Julia räumte gerade den Frühstückstisch ab, während Bernd im Badezimmer stand und sich überlegte, ob er sich jetzt rasieren sollte oder es bis zum Abend Zeit hatte.

      »Ich hole ihn schon selbst. Danke«, rief er zurück.

      Julia nickte. Sie hatte ihm entgegenkommen wollen, aber im Moment war er ständig auf Abwehr, ohne ihr den Grund dafür zu nennen. Sie wußte nicht, was sie falsch gemacht haben könnte. Es belastete sie, daß ihr gutes Verhältnis gestört war.

      »Fahren wir zusammen?«

      »Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen. Fahr nur allein«, lautete seine Antwort.

      »Ist gut. Dann bis später.«

      Sie würden sich in der Firma ihres Vaters sehen – meistens aßen sie zusammen, wenn Bernd nicht gerade auf einer der vielen Geschäftsreisen war, die er machen mußte. Julia hatte ihren Vater schon einmal gebeten, Bernd nicht dauernd dafür einzusetzen. Es gab auch noch andere, gleichbedeutende Posten in der Firma, die er bekleiden konnte. Aber ihr Vater hatte nur gelacht.

      »Das ist wohl auch eine Entscheidung, die Bernd tragen muß, mein Schatz. Ich habe bisher den Eindruck, daß er diese Reisen ganz gern macht. Er hat sich jedenfalls noch nicht beschwert. Und er macht seine Sache sehr gut.«

      Julia wollte Bernds Freiheit nicht beschneiden. Sie hätte es nur einfach schöner gefunden, wenn sie mehr Zeit füreinander gehabt hätten.

      Ihr kleiner Sportwagen stand vor dem Haus, in dem sie ihre Eigentumswohnung hatte. Wenn Bernd und sie heirateten, wollten sie die Wohnung vermieten und sich ein Haus kaufen. Sie war bereits auf der Suche danach, obwohl noch kein Termin für die Hochzeit feststand. Bernd war der Meinung, daß sie ja auch so alles hatten, was sie wollten. Daran erkannte sie, daß es glücklicherweise nicht unbedingt die Firma ihres Vaters war, hinter der er her war, sondern daß er doch wohl sie meinen mußte. Sonst hätte er es bestimmt eiliger gehabt, sein »goldenes Täubchen«, wie er sie manchmal nannte, in den Ehe-Käfig zu setzen.

      Lächelnd startete sie den Motor und fuhr los. Sie machte sich einfach immer zuviel Sorgen. Das war bestimmt nicht gut und nervte Bernd vermutlich. Damit mußte Schluß sein. Es war ein herrlicher Tag, die Sonne schien bereits von einem blitzeblauen Himmel, obwohl die Luft noch sehr kühl war. Der Herbst hielt Einzug…

      Der Radfahrer überquerte die Straße, in die Julia einbiegen wollte, ohne nach rechts oder links zu schauen. Julia hatte allerdings auch nicht richtig aufgepaßt, und so mußte sie eine Notbremsung machen. Durch den Schreck, als er den Wagen wahrnahm, verriß er den Lenker und fiel doch noch hin, obwohl ihr Auto ihn nicht berührt hatte.

      Julia saß sekundenlang wie unter Schock da, dann stieg sie aus. Er versuchte gerade aufzustehen.

      »Verdammt, können Sie nicht aufpassen?« schrie er sie an, als Julia sich jetzt über ihn beugen wollte, um ihm zu helfen.

      »Gleichfalls! Sie sind gerast wie ein Irrer!«

      Natürlich wußte sie, daß sie im Unrecht war, aber der Schreck und sein Gebrüll raubten ihr die Fassung.

      »Na, Sie sind vielleicht gut! Haben Sie Ihren Führerschein im Lotto gewonnen oder was? Gelten für Sie

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