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meinen also, ich sei zu unruhig?« Bettina Wagners Stimme klang reichlich hochnäsig, doch dann huschte ein amüsiertes Lächeln über ihr Gesicht. »Sagen Sie, Doktor, versuchen Sie wirklich, mich hier zu halten? Das darf doch nicht wahr sein. Vor kurzem klang das noch ganz anders.«

      Dr. Trautner lächelte. »Wissen S’, gnädige Frau, man kann nicht immer alles haben. Und wenn doch, dann vielleicht nicht zur gleichen Zeit.«

      »Das heißt…?«

      »Wenn S’ unbedingt meinen, Zigaretten rauchen zu müssen, dann tun S’ es halt. Irgendwann werd’ ich Sie davon überzeugen, daß es nicht sinnvoll ist…!«

      »Ich weiß, ich weiß«, antwortete Bettina Wagner rasch. »Also gut, ich nehme Ihren Rat an und werde mich wieder in die Hände Doktor Rosenbergs begeben. Sie dürfen mich aber auch ab und zu besuchen, Doktor.«

      »Danke für die Einladung«, Vinzenz Trautner schmunzelte, »ich werde Sie sehr gerne besuchen, gnädige Frau.«

      Bettina Wagner bezog wieder das komfortabelste Appartement des der Bergklinik angeschlossenen Sanatoriums, und als sie alleine war, griff sie zum Telefonhörer und verlangte, Clemens Stolzenbach zu sprechen.

      »Ich werd’ sehen, ob der Professor da ist«, antwortete seine Sekretärin.

      »Sagen Sie ihm, daß ich auf ihn warte«, verlangte Bettina Wagner, »dann wird er da sein.«

      Kurz darauf hatte sie Stolzenbach am Apparat.

      »Wie geht es dir?« fragte er.

      »Bist du momentan beschäftigt?« antwortete Bettina Wagner mit einer Gegenfrage. »Wenn du einen Takt Zeit hättest, könntest du mich nämlich besuchen. Ich bin wieder im Sanatorium.«

      »Ich komme«, murmelte Professor Stolzenbach, dann legte er auf und eine Viertelstunde später klopfte er an die Tür des Appartements von Bettina Wagner.

      »Magst du etwas trinken?« Bettina sah Clemens Stolzenbach fragend an. »Einen Fruchtsaft vielleicht? Oder ein Glas Mineralwasser?« Dann lächelte sie. »Ich sehe, du wunderst dich. Ich habe übrigens kein Alkoholproblem. Man hat mir gesagt, daß du es vermutet hast.«

      Clemens Stolzenbach war in ganz ausgesprochen ausgeglichener Stimmung und er hatte sich auf dem Herweg vorgenommen, sich von Bettina auf gar keinen Fall in endlose Diskussionen verstricken zu lassen. Außerdem wollte er seine künftige Beziehung zu ihr ein für alle mal klarstellen.

      »Der Gedanke hat sich mir in der Tat aufgedrängt«, sagte er.

      »Mein… mein letztliches Unwohlsein hatte nichts mit Alkohol zu tun.« Bettina Wagner zündete sich eine Zigarette an, drückte sie jedoch gleich wieder im Ascher aus. Dann lächelte sie. »Wie du siehst, trägt die Kampagne deines Chefs bereits Früchte. Doktor Trautner ist doch dein Chef?«

      »Doktor Trautner ist Betreiber der Klinik«, antwortete Stolzenbach, »und als solcher auch Direktor.«

      »Dann ist er dir gegenüber also weisungsbefugt?« Bettina sah Clemens Stolzenbach fragend an.

      »Auf was willst du hinaus?« fragte der. »Ich habe nicht so viel Zeit, um sie hier mit dir zu vertun.«

      »Wenn du mir ein paar Minuten schenkst, dann ist das also vertane Zeit?« Bettina Wagners Gesicht wirkte plötzlich maskenhaft. »Ich könnte Doktor Trautner sagen, du hättest den Brief verschwinden lassen, der Aufschluß über meinen… meinen Unfall gibt, den ich vor ein paar Tagen hatte.«

      »Du weißt, daß du ein leeres Blatt in das Kuvert getan hast.« Professor Stolzenbach sah Bettina prüfend an.

      Sie lächelte kühl. »Du hattest einen steilen Aufstieg, bist mit nicht mal vierzig Professor, das schaffen nicht viele.« Dann sah sie Stolzenbach geradewegs an. »Du könntest einen ebenso steilen Niedergang haben. Das geht oft sehr rasch, mein Lieber.«

      »Was willst du von mir?« wollte Professor Stolzenbach daraufhin wissen.

      »Interessiert dich das in irgendeiner Weise?« entgegnete Bettina Wagner. »Ich habe den Eindruck, daß du froh wärst, wenn ich verschwinden würde. Ich bin dir lästig. Warum eigentlich? Alle deine Beziehungen nach der unseren sind doch gescheitert? Warum wehrst du dich also so gegen eine neue Verbindung?«

      »Weil unsere Zeit zu Ende ist«, antwortete Clemens Stolzenbach. »Du selbst hast sie beendet. Hast du das vergessen? Ich mußte mir die Gedanken an dich verbieten, denn ich konnte dich damals nicht vergessen. Sehr lange hab’ ich nur an dich gedacht. Daran sind einige Beziehungen gescheitert. Aber inzwischen ist es mir gelungen, dich zu vergessen. Das, was uns einmal verbunden hat, ist nicht mehr. Verstehst du das denn nicht?«

      »Nein, das verstehe ich nicht.« Mit fahrigen Händen zündete sich Bettina Wagner eine Zigarette an. »Du hast mir immer noch nicht verziehen, daß ich dich damals verlassen habe. Aber…!«

      »Hör auf, Bettina!« Clemens Stolzenbach stand auf. »So kommst du nicht weiter. Davon mal ganz abgesehen, daß man nichts auffrischen kann. Sieh uns doch mal an. Es verbindet uns nichts mehr. Akzeptiere das doch.«

      »Niemals…!« Bettina Wagner stand ebenfalls auf. Sie drückte die halb aufgerauchte Zigarette im Ascher aus. »Wer ist denn deine neue Favoritin? Ist es dieses unschuldig dreinblickende Mädchen? Diese Studentin, die dich so anhimmelt? Auf den Typ bist du früher schon abgefahren. Doch das schlag dir aus dem Kopf, das werde ich zu verhindern wissen.«

      *

      Monika Gratlingers Herz schlug heftiger als sonst, als Clemens Stolzenbach auf sie zukam. Er sah sie sehr lieb an, gab ihr die Hand, hielt sie ein wenig länger als sonst und sagte dann: »Hallo, kleines Fräulein.«

      »Hallo…«, murmelte sie, »wie… wie soll ich Sie denn jetzt anreden, wenn ich den Professor weglassen soll?«

      Er beugte sich herunter, denn er war einen Kopf größer, und flüsterte in ihr Ohr: »Ich heiße Clemens. Und wenn es recht ist, dann können wir uns auch duzen. Ich würd’ mich sehr darüber freuen.« Dann lächelte er verschmitzt. »Vor allem auf den Kuß.«

      »Aber nicht da vor allen Leuten«, reagierte Monika ein wenig verlegen. Dabei streifte sie mit ihrer Hand seine und hielt sie einen Moment fest.

      »Alleine ist mir eh lieber«, antwortete Stolzenbach, der in dem Moment wie ein großer Junge wirkte. »Wohin möchtest du mich denn entführen? Was du vorhin gesagt hast, klang so geheimnisvoll.«

      »Ich möcht’ hinauf auf die Alm zum Großvater«, antwortete das hübsche Mädchen. »Vorher muß ich aber noch nach Hause. Ich muß mit der Mutti reden und…!«

      »Und da soll ich überall mit?« Clemens Stolzenbach tat nicht nur erstaunt, er war es.

      Monika zuckte mit den Schultern. »Nur, wenn Sie… ich mein’, nur, wenn du möchtest.«

      Am Tag nach ihrer Münchener Begegnung waren sie sich in der Bergklinik über den Weg gelaufen und hatten lange miteinander geredet. Dabei hatten sie einige Mißverständnisse schon wieder ausgeräumt. Ganz zum Schluß hatte Stolzenbach gesagt, er müsse ihr was gestehen.

      »Was denn?« hatte Monika gefragt.

      »Ich hab’ mich in Sie verliebt«, hatte Stolzenbach geantwortet, und bevor sie antworten konnte, war er in den OP gerufen worden.

      »Morgen hab’ ich nach der Vormittagsvisite frei«, hatte er noch sagen können, »wenn S’ nicht zu erschrocken sind von dem, was ich Ihnen eben gestanden hab’, dann warten S’ morgen hier auf mich.«

      Monika war schon lange vor Visitenende dagewesen, hatte der Begegnung mit Clemens entgegengefiebert und jetzt saß sie neben ihm in seinem Wagen, um zuerst mit ihm auf den Sterzenhof zu fahren und dann weiter auf die Predigtstuhl-Alm zu ihrem Großvater zu gehen.

      »Mar’ und Josef, Franz!«Die Sterzenhoferin rannte aufgeregt in der Stube hin und her, strich immer wieder die Tischdecke glatt, »das Madel bringt einen Professor mit. Was red’ ich denn, nicht einen Professor, sondern den Professor Stolzenbach. Das

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