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drei oder vier solcher Jobs, wo sie abkassiert!«

      Marlon massierte sich den Nacken mit dem Frottierhandtuch und wandte sich der Bar zu, die unter einem Dach aus Palmenblättern ausnahmslos alkoholfreie Getränke enthielt.

      »Lassen wir das«, grunzte er, »obwohl ich sagen muß, daß dieses Theater mir furchtbar auf den Geist geht! Zusehen zu müssen, wie meinem alten Herrn das Geld systematisch aus der Tasche gezogen wird, das macht mich auf die Dauer ganz schlapp. Wenn ich hier nicht die Stellung halten müßte, um meine eigenen Interessen zu wahren, ich wäre längst ausgezogen.«

      »Oft bist du ja auch unterwegs«, wandte Christof ein, »in Florida oder sonstwo…«

      Marlon hörte nicht zu.

      Er stand wie erstarrt mit zusammengekniffenen Augen und raunte: »Da! Hörst du? Jetzt geht das schon wieder los!«

      Christof lauschte angestrengt, indem er einen verständnislosen Blick über die trügerische Pracht schweifen ließ.

      Ein klägliches Weinen trieb ihn an die Brüstung. Er beugte sich vor und blickte in einen offenen Patio, der unterhalb Marlons Wohnung lag.

      In einem blau lackierten Bettchen wehrte sich ein angegurtetes Baby ebenso verzweifelt wie erfolglos gegen einen Fliegenschwarm, indem es sein Köpfchen hin- und herwarf und mit den Händchen wild herumfuchtelte.

      Miguel.

      Kein Zweifel: es war Miguel!

      »So geht das jetzt stundenlang!« grollte Marlon von der Bar her. »Kein Wunder, daß ich meine Kondition verliere! Die mentale Verfassung eines Sportlers ist genauso wichtig wie die körperliche! Aber kein Mensch in diesem Haus nimmt Rücksicht auf mich!«

      Christof klammerte sich an die sonnenheißen Steine der Brüstung und schloß vorübergehend die Augen, um sich zu konzentrieren. Jetzt kam es darauf an, richtig zu reagieren, geistesgegenwärtig zu sein.

      »Du solltest dich durchsetzen«, sagte er mit rauher Stimme zu Marlon, der sich ein Glas Selterwasser eingoß.

      »Wie denn, Mann? Noch gehört mir nichts! Noch ist mein Vater im Besitz des gesamten Vermögens!«

      Christof spürte, wie ihm der Schweiß in die Augen lief. Er fuhr sich mit dem Unterarm über das Gesicht und räusperte sich.

      »Eins nach dem anderen, Marlon! Schon mal was von der Politik der kleinen Schritte gehört? Na also, du bist doch intelligent! Noch dazu ein Profi-Sportler! Nimm die Dinge in die Hand, statt dich von ihnen unterkriegen zu lassen.«

      »Du hast gut reden. Wo soll ich denn anfangen?«

      »Bei dem Kind, zum Beispiel, das dich nervt. Der arme Wicht ist ja auch nicht zu beneiden. Eltern hat er keine, die Kinderschwester läßt ihn im Stich, und dir ist er nur ein Dorn im Auge. Bevor du selbst durchdrehst, muß du etwas unternehmen.«

      »Das wird mein Anwalt tun, wenn es soweit ist.«

      »Quatsch, Marlon! Das kann Jahre dauern. So lange hältst du nicht durch!«

      Und der arme Miguel auch nicht, fügte Christof im Geiste hinzu.

      Dicht unter ihm wimmerte das Kind, einem wachsenden Fliegenschwarm hilflos ausgesetzt!

      »Wem soll dieses Elend nützen!« rief Christof so erbittert, daß Marlon, der die Worte auf sich bezog, verblüfft an seinem Handtuch zupfte.

      Er war ein Schwächling, ein Maulheld, ein Feigling.

      Ihn zu einer Tat anzustacheln, schien völlig aussichtslos. Er würde lamentieren und kuschen, solange sein Vater lebte.

      Trotzdem sprach Christof weiter, laut und eindringlich, voll Überzeugung.

      »Das macht doch überhaupt keinen Sinn, Marlon! Deine Eltern können in Schwierigkeiten kommen. Die Nurse schleicht sich bestimmt aus der Verantwortung, wenn es hart auf hart kommt.«

      »Hart auf hart?« wiederholte Marlon verständnislos.

      »Wenn dem Kleinen etwas passiert, wen wird man dann wohl zur Verantwortung ziehen? Dich! Dir wird man alles in die Schuhe schieben, weil du hier bist! Mach dir das doch mal klar! Kleine Kinder sind empfindlich.«

      Marlon starrte an ihm vorbei. Sein Gesicht hatte sich wieder verzerrt. Er hielt sich die Ohren zu.

      »Da – da – jetzt dreht er auf! Ich kann das nicht hören! Es macht mich wahnsinnig!«

      Miguel, der sich zwischenzeitlich erschöpft in sein Schicksal ergeben hatte, schrie in einer letzten verzweifelten Kraftanstrengung noch einmal auf, lange und anhaltend.

      »Weißt du was?« flüsterte Christof, trat auf Marlon zu und nahm ihm die verkrampften Hände von den Ohren.

      »Was? Was?«

      »Gib ihn zurück!«

      »Den Schreihals? Nichts täte ich lieber! Aber wem? Wem?«

      »Dem Waisenhaus. Das ist nicht nur dein Recht, das ist deine Pflicht. Das geht in Ordnung, bestimmt, und du bist ihn los.«

      »Aber mein Vater!«

      »Reiß dich zusammen, Marlon! Denk an dich und deine mentale Kondition. Hilf dir selbst, so hilft dir Gott!«

      Sekundenlang war es totenstill.

      Dann begann Miguel wieder zu schreien. Diesmal klang es bedrohlich, erstickt und röchelnd.

      Marlon warf die Arme hoch.

      »Und mit so was muß ich leben, Tag für Tag – Nacht für Nacht!«

      »Du mußt nicht! Begreif das doch! Los, bevor du den Verstand verlierst und dem Kind etwas geschieht – tu etwas, Marlon! Tu es jetzt! Gib den Kleinen dahin zurück, wo er hingehört, und niemand kann dir etwas nachsagen!«

      »Niemals«, stieß Marlon trotzig hervor und bedeckte seine Augen mit dem Frottierhandtuch, »niemals setze ich einen Schritt in ein Waisenhaus.«

      »Brauchst du nicht. Ich kann das für dich erledigen. Mir macht das überhaupt nichts aus.«

      Marlon ließ das Handtuch sinken und sah seinen alten Schulkameraden hoffnungsvoll an.

      »Ehrlich?«

      »Ohne weiteres. Am besten jetzt gleich.«

      »Auf deine Verantwortung?« fragte Marlon gedehnt.

      Seine Feigheit war geradezu abstoßend.

      »Kein Problem«, antwortete Christof achselzuckend. Der Gedanke, man könne ihn wegen Kindesentführung anklagen, streifte ihn kurz und ließ ihn seltsam unbeteiligt. Marlon war kein Verlaß. Im Gegenteil. Um sich vor seinem Vater reinzuwaschen, würde er leugnen und Meineide schwören und notfalls den Zeugen der Anklage spielen.

      Egal, dachte Christof, wenn ich nur endlich, endlich den Weg in diesen verfluchten Patio finde!

      *

      »Das war knapp«, sagte die alte Ärztin in der Notaufnahme des Städtischen Krankenhauses, »ich verstehe Sie nicht, junger Mann! Jeder Analphabet weiß, daß man ein kleines Kind nicht ungeschützt der Sonne und den Moskitos aussetzt. Sie dagegen haben eine gute Bildung genossen, und aus einer Wellblechhütte kommen Sie auch nicht. Ist das Ihr Kind?«

      »Nein, Doctora.«

      »Ist es Ihrer Obhut anvertraut worden?«

      »Ja, sozusagen —«

      »Ich werde den desolaten Zustand des Kindes schriftlich festhalten.«

      »Ach ja, bitte.«

      »Und einen Bericht anfertigen«, schloß die Ärztin grimmig, »Ihre Personalien haben Sie bei der Anmeldung angegeben?«

      Christof nickte eifrig.

      Je mehr Wirbel hier gemacht wurde, um so besser. Eine glaubwürdigere Zeugin als diese aufgebrachte Ärztin in der Notaufnahme des Krankenhauses konnte er sich nicht wünschen.

      »Wir

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