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grausamer Zug entstellte sein Gesicht zur Fratze, als er sagte:

      »Schön, ich gebe es zu, und ich bereue es auch nicht – denn ich hatte schließlich ein Recht dazu!«

      Stumm ging Dr. Heykens durch die Tür, von Ekel gewürgt. Als die Tür hinter ihm zufiel, sank Angela mit einem gellenden Schrei zu Boden.

      Für das, was dann geschah, gab es keine Zeugen. Niemand hörte die Schüsse, die dumpf von den Wänden widerhallten.

      Lang ausgestreckt, das Gesicht mit einem verhöhnenden Lächeln zu Boden gedrückt, lag Udo Reimer zu Bettinas Füßen.

      Sie atmete tief auf, nun sie dieses boshafte Gesicht nicht mehr vor sich sah. Polternd schlug der Revolver auf den Fliesen auf.

      Mit letzter Kraft schleppte sie sich hinüber zu der stillen Gestalt Angelas und brach dort kraftlos in die Knie.

      *

      Als Peter Heykens in seinem Wagen saß und der Motor aufheulte, glaubte er, noch immer den Verzweiflungsschrei Angelas zu hören.

      Auch Frau Bettinas weißes, seltsam versteinertes Gesicht stand vor ihm. Bin ich etwa irrsinnig? Stimmt hier etwas nicht? Sind wir beide, Angela und ich, einer Gemeinheit zum Opfer gefallen?

      Woher sollte dieser Renner aber die Sicherheit nehmen? Sprach nicht allein schon seine Anwesenheit in dem Haus dafür, daß alles seine Richtigkeit hatte?

      Angela hatte mit ihm gespielt! Er war nicht der einzige Mann, der sich ihrer Gunst erfreute!

      Er stöhnte tief auf. Was war Wahrheit – und was war hier an Lug und Trug zusammengetragen?

      Ach, nicht mehr daran denken! Aus war der Traum von einem zukünftigen großen Glück an Angelas Seite.

      Als er vor dem Sanatorium den Wagen verließ, da war ihm zumute, als sei er von einer langen, schweren Krankheit genesen, und eine große Schwäche lähmte seine Glieder.

      Er wunderte sich nicht einmal, in seiner Wohnung Licht brennen zu sehen. Gewiß hatte er es in der begreiflichen Erregung, in der er sich nun schon seit den Vormittagsstunden befand, beim Weggehen selbst angezündet.

      Aus Augen, in denen die Verzweiflung brannte, sah er hinüber. Ein Zucken lief über seine Züge.

      »Mutter!«

      Elke Heykens löste sich aus der Umarmung und zog ihren Ältesten in den Lichtkreis der Lampe. Ihre Hände zitterten ein wenig dabei. Forschend blickte sie ihm in die Augen. Mit dem feinen Instinkt der Mutter erriet sie, daß es nicht allein die Freude über das unverhoffte Wiedersehen war, was ihn so fassungslos machte.

      »Peter«, sprach der Mutter liebe Stimme, und ihre Hand strich behutsam über seine zur Faust geballten Finger. »Was ist denn mit dir? Willst du dein Herz nicht erleichtern? Ich glaubte, einen glückstrahlenden Mann vorzufinden.«

      »Glück?« sagte er. »Was ist schon Glück, Mutter – ein Phantom, dem wir in blinder Hast nachjagen, und wenn man meint, es endlich erfaßt zu haben, dann löst es sich wie Nebel auf. Es ist aus – alles aus, Mutter. Ich bin einer schrecklichen Täuschung erlegen. Angela ist nicht das reine Menschenkind, für das ich sie hielt, das ich anbetete. Sie hat ein böses Spiel mit mir und meinem Herzen getrieben und vor mir schon Beziehungen zu einem Mann unterhalten, den ich zudem persönlich kenne – und verachte. Er ist ein minderwertiger Charakter, ein Mensch ohne Skrupel, und…«

      »… und wenn sich nun die Sache ganz anders verhält? Wenn nun der Mann, den du als minderwertig und skrupellos bezeichnest, mit voller Absicht…«

      »Mutter!« In heller Bestürzung sah Peter Heykens auf die Mutter. Deutlich stand das schneeweiße entsetzte Gesicht Angelas vor ihm, er hörte ihren Ruf, der wie ein Hilferuf geklungen hatte, und er sah die hohe Frauengestalt, die von Angelas Herzeleid sprach, das dieser Reimer verschuldet hätte.

      Fassungslos sank er in einen Sessel, grub den Kopf in die Hände und verharrte regungslos, bis er sich leicht an die Schulter getippt fühlte.

      »Peter, das Telefon!« hörte er wie aus weiter Ferne die Mutter sagen.

      Er riß sich zusammen und ging zum Schreibtisch.

      Frau Elke ließ keinen Blick von dem Gesicht des Sohnes. Sie sah, wie seine Augen sich vor Entsetzen weiteten und er noch einen Schein blasser wurde.

      »Ich komme – komme sofort, Herr Kollege«, murmelte er tonlos.

      Benommen legte er den Hörer in die Gabel zurück und drehte sich der Mutter zu, dabei fuhr er sich mit einer ratlosen Bewegung durch das volle blonde Haar.

      »Ein Unglück, Mutter – draußen in Angelas Heim«, erklärte er, während sein Herz von einem seltsamen Angstgefühl zusammengepreßt wurde.

      Über das liebe Altfrauengesicht lief jähes Erschrecken.

      »Ich weiß nicht, Mutter.« Plötzlich stand er neben ihr, riß ihre Hände an seine brennenden Augen und stieß in wilder Anklage hervor: »Wenn ich Angela unrecht getan habe? Mutter, wenn sie sich ein Leid angetan hat! Ich – ich könnte meines Lebens nie wieder froh werden.«

      Frau Elke schauerte zusammen. Ihre Augen schimmerten feucht.

      »So sehr liebst du sie?« fragte sie leise, erschüttert.

      Er nickte, preßte seinen Mund auf ihre Hand und eilte aus dem Zimmer.

      »Nanu – Besuch da?« murmelte Dr. Hersfeld, nachdem er dem Chauffeur den Auftrag gegeben hatte, wieder in die Klinik zu fahren, und maß den dunkelblauen geschlossenen Wagen mit einem abschätzenden Blick.

      In Gedanken ging er blitzschnell seine Bekannten durch. Wer von ihnen konnte diesen Wagen besitzen?

      Wie Beklemmung legte es sich auf seine Brust, als er durch den Vorraum in die Diele trat, wo um diese Stunde dämmerige Kühle und recht unsicheres Licht herrschten.

      Ein paar Sekunden lauschte er in die merkwürdige Stille des Hauses, dann knipste er kopfschüttelnd die Beleuchtung in der Garderobe an – und fuhr wie der Blitz herum.

      Das Bild, das sich seinen Blicken bot, war so unwirklich und entsetzlich, daß er kein Glied zu rühren vermochte.

      Bettina lag am Boden; es war, als wollte sie mit ihrem Körper Angela decken. Und weiter irrte sein Blick, blieb auf der langausgestreckten Männergestalt haften, die knapp vor der Treppe lag, die nach oben führte.

      Was nun folgte, zog wie ein wirrer, grausiger Traum an Fritz Hersfeld vorüber. Zunächst bettete er die beiden bewußtlosen Frauen mit Hilfe des herbeigerufenen Gärtners in einem Zimmer auf die Couch.

      Dann bemühte er sich um den Fremden. Vorsichtig drehte er ihn auf den Rücken und starrte betroffen in das wächserne Gesicht, in die gläsernen, weit aufgerissenen Augen.

      »Tot!« murmelte er und ließ ihn wieder zu Boden gleiten, erhob sich taumelnd und ging hinüber zu Bettina.

      Sie schlug eben die Augen auf, groß und verständnislos ruhten sie in den seinen. Im Nu war er neben ihr, schüttelte sie erregt an den Schultern.

      »Bettina – gütiger Himmel – gib mir eine Erklärung – was hat sich hier abgespielt?«

      Bettinas Augen irrten ab.

      »Ich habe ihn erschossen!«

      Dr. Hersfeld begriff nicht gleich.

      »Bettina, von wem sprichst du? So komm doch zu dir! Es kann ja nicht möglich sein!«

      »Doch, ich habe ihn getötet – Reimer!«

      Das war ja unfaßbar! Die sanfte, überaus gütige Frau hatte sich zu einer solchen Tat hinreißen lassen? Eine Verzweiflungstat? Notwehr?

      Wer gab ihm die Antwort auf die vielen, ihn bestürmenden Fragen?

      Da hob sich blitzschnell ein Name in sein total verwirrtes Denken: Dr. Heykens!

      Er rief an, und Heykens’ Zusage, sofort zu kommen, beruhigte ihn ein wenig.

      Eine

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