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SCHWERE ZIELE (Extreme). Chris Ryan
Читать онлайн.Название SCHWERE ZIELE (Extreme)
Год выпуска 0
isbn 9783958352032
Автор произведения Chris Ryan
Жанр Языкознание
Серия Extreme
Издательство Bookwire
Sie verfolgten Afridi die Gasse entlang. Sechsunddreißig Stunden im Land, kein Schlaf, ein hartes Programm, und Gardners Augenlider fühlten sich an wie aus Blei. Ein stechender Schmerz fuhr ihm in die rechte Seite und arbeitete sich bis in die Armbeuge vor. Er war sich sicher, dass auch Balds Kraftreserven zur Neige gingen, aber zumindest ließ er es sich nicht anmerken. Sie wussten, dass sie in dieser Mission alles geben mussten, wenn sie Afridi ausschalten und damit den Tehrik-i-Taliban den Kopf abschlagen wollten.
Herumliegender Müll verfaulte zu ihren Füßen, und Gardner kämpfte gegen den Brechreiz an. Afridi war bereits in die nächste Gasse abgebogen. Er bahnte sich seinen Weg durch die von Müll übersäte Passage. Doch dann versperrte ihm der Abfall den Weg, zwang ihn, langsamer zu werden und einen Weg drumherum zu finden. Endlich holten sie auf.
Helles Mondlicht fiel in die Gasse und ließ den Untergrund in einem rötlich-blauen Licht erstrahlen.
Gardner hielt an, um über das Visier seiner AK-47 zu spähen und das Fadenkreuz auf Afridis Hinterkopf zu richten. Ein Kopfschuss, und die pakistanischen Taliban würden einen empfindlichen Rückschlag erleiden.
Langsam atmete er aus.
Drückte ab.
Die Kugel schlug in der Wand hinter Afridi ein.
Daneben.
Vergiss es, sagte Gardner zu sich selbst. Die Chancen bei diesem Schuss standen eins zu hundert. Weiter, nicht stehenbleiben. Mehrmals sog er die Luft tief in die Lunge und versuchte, nicht auf die unzähligen Wehwehchen zu achten, die vor seinem Schmerzzentrum bereits eine ansehnliche Schlange bildeten.
Sie waren in einem Karree angekommen, und in fünfundzwanzig Metern Entfernung auf der anderen Seite befand sich die Moschee. Ihr Minarett ragte in den Himmel, darüber hing der Mond und tauchte die Moschee in ein weißes Licht.
Afridi war nirgends zu sehen.
»Wo zum Teufel steckt er?«, knurrte Bald und wurde langsamer.
Vom Vorplatz der Moschee lösten sich ein paar Schatten. Sie kamen näher und näher, bis Gardner schließlich die Gesichtszüge von Dave Hands erkannte. Die gebrochene Nase, Ohren, die aussahen, als hätte sich ein Hund darüber hergemacht, unreine Haut. Unverkennbar. Neben ihm Shaw, dem der Schweiß in Strömen von seinem riesigen Körper rann. So nah beieinander sahen die beiden Männer aus wie die größte und die kleinste Puppe einer Matroschka.
»Afridi?«
Hands zuckte mit den Achseln. »Dachte, ihr hättet euch um ihn gekümmert.«
Das pfeifende Geräusch von Gewehrfeuer aus der Ferne unterbrach sie.
»Großartig«, sagte Bald und hielt sich die Ohren zu. »Hört sich so an, als wären weitere Talibs auf dem Weg hierher.« Er nickte Gardner zu. »Wir haben nicht viel Zeit. Joe, du und Dave, ihr holt den Cruiser.«
Gardner nickte zustimmend. Sie mussten Afridi festnageln, aber sie brauchten auch einen Plan, wie sie sich aus Mardan zurückziehen würden, bevor die nächste Welle von Taliban eintraf.
»Prediger, wir beide gehen auf Talib-Jagd«, sagte Bald und legte Shaw eine Hand auf die Schulter. »Joe, unser Rendezvous-Punkt ist die Maktoub-Straße. Wir treffen uns dort, sobald wir Afridi unsere Glückwünsche übermittelt haben.«
Bald und Shaw machten sich zusammen auf den Weg, der sie von der Moschee wegführte. Gardner und Hands marschierten in die entgegengesetzte Richtung. Die Moschee lag direkt an der Maktoub-Straße, die nordwestlich zur Straße nach Ragesh verlief, auf der sie ursprünglich mit dem Land Cruiser gekommen waren. Sie ließen die Moschee rechts liegen und umrundeten den Vorplatz.
Dann bogen sie links ab, passierten eine Reihe von niedrigen, flachen Häusern an einer Straße, die so staubtrocken war wie ein ausgetrocknetes Flussbett. Die drückend schwüle Hitze umgab ihre Gesichter wie heiße feuchte Handtücher.
»Vielleicht konnte der Kameramann seine Klappe nicht halten?«
In die schon stickige Luft mischte sich der Geruch nach verbranntem menschlichen Fleisch.
»Er arbeitete für den MI6«, sagte Gardner. »Die Jungs werden sorgfältig ausgewählt. Trotzdem hat Afridi ihn abgeknallt.«
An der Kreuzung zwischen Maktoub und Ragesh wand sich Gardner wieder nach links. Vierzig Meter die Straße entlang stand das Gebäude, oder was davon übrig war. Die unmittelbare Umgebung hatte man flächendeckend bombardiert, mit den Leichen von zwölf toten Taliban als stumme Zeugen. Sie lagen in verdrehten Positionen am Boden, hier und da standen fleckige Arme und Beine in unnatürlichen Winkeln von den Körpern ab. Der Erdboden war mit einer dunkelbraunen Schicht überzogen. Gardner überprüfte die Straße nach Anzeichen auf noch lebende X-Rays. Aber nichts bewegte sich.
Als er auf den Land Cruiser zuging, sah er einen X-Ray, der auf die Straße zu robbte. Schwarzes, mit Blasen überzogenes Fleisch bedeckte sein Gesicht. Seine Haut sah aus wie die Lunge eines Kettenrauchers. Er war zu 90 Prozent tot, und so wie es aussah, brauchten die restlichen zehn Prozent auch nicht mehr lange. Gardner wendete den Blick ab und beschleunigte seinen Schritt.
Sie näherten sich dem Land Cruiser. Gardner riss die Tür auf und warf seine AK-47 auf das Armaturenbrett. Hands ließ sich auf den hinteren Beifahrersitz fallen. Mit einem beruhigenden Rumms schlug er die Wagentür zu.
Dann hörte Gardner etwas Metallenes klappern. Er sah zu seinen Füßen hinunter. Sein letztes Magazin war ihm irgendwie aus der Tasche seiner Armeeweste gerutscht. Er beugte sich hinunter, um es aufzuheben, und stützte sich mit der linken Hand auf seinem Sitz auf. Dann richtete er sich wieder auf, steckte das Magazin zurück in die Tasche und achtete darauf, dass sie dieses Mal auch korrekt verschlossen war.
Doch dann war da noch ein anderes Geräusch. Ein Zischen.
Ein plötzlicher, fürchterlicher Schmerz flammte in Gardners linker Hand auf. Sein Blick fiel nach unten und auf die Schlange, die zusammengerollt auf dem vorderen Beifahrersitz lag. Das Miststück hatte ihre Zähne in seinen Handrücken geschlagen. Den Schlitzaugen und langen Fangzähnen nach zu urteilen handelte es sich um eine Viper.
Gardner war vor Schreck wie gelähmt. Dann sah auch Hands die Schlange. Er beugte sich nach vorn und schlug mit dem Schaft seiner AK-47 nach ihr. Die einen halben Meter lange Viper schlug mit ihrem Schwanz um sich, löste ihren Kiefer aus Gardners Hand und richtete ihren Zorn nun auf Hands, der den Angriff mit wiederholten Stößen seines Gewehrkolbens beantwortete. Als die Schlange zur Fahrertür glitt, stieß Gardner die Tür auf. Die Viper zischte noch einmal und glitt dann aus dem Cruiser und hinaus in die Dunkelheit.
Gardner atmete aus. Bissspuren hatten sich auf seiner Hand gebildet, rot und entzündet, wie Nadelstiche. Ein Kribbeln bahnte sich seinen Weg vom kleinen Finger zum Daumen. Gardner versuchte das Gefühl zu ignorieren, steckte den Zündschlüssel ins Schloss und startete den Wagen.
»Hast du die Diamanten da drin gesehen?«, fragte Hands über das Motorengeräusch hinweg.
»Die Bald in seinen Griffeln hatte? Ja, die hab ich gesehen.«
»Müssen 'ne ganze Menge wert gewesen sein.«
»Und?«
»Nur so.«
Sie näherten sich dem Abzweig, der zur Moschee führte, und Gardner gab Vollgas. Mit halbem Ohr hörte er, wie Hands ihm erklärte, dass das Haus, in dem Bald die Diamanten aufgelesen hatte, nur etwa zwei Fahrminuten entfernt war, doch seine Aufmerksamkeit galt eher dem Objekt im Rückspiegel. Es näherte sich. Trotz der schlechten Sicht konnte Gardner die Umrisse als einen Toyota Hilux Pick-up identifizieren. Die Entfernung betrug etwa 150 Meter, und der Wagen holte nicht auf, obwohl Gardner den Cruiser bei achtzig Kilometern in der Stunde hielt.
Drei Männer klammerten sich auf der Ladefläche fest, und noch etwas anderes befand sich zwischen ihnen. Metallisch, und wie die Turbine eines Flugzeugs geformt. Gardner konnte es in der Dunkelheit nicht erkennen.
»Verstärkung«, sagte er. Eine der Personen auf der Ladefläche schoss mit ihrem Sturmgewehr