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hell. Nichts Verdächtiges darin – nichts.

      Harald erhob sich. Er hatte neben mir im Gesträuch gekniet. Er nahm die entsicherte Clement in die Rechte.

      Dann betraten wir die Grotte, schauten in jeden Winkel.

      Leer – hier war niemand!

      Die durch die beiden natürlichen Kamine einfallenden Sonnenstrahlen malten auf dem dunklen Felsboden leuchtende Flecken.

      Harald stand und starrte auf diese Flecken.

      Sie blieben nicht gleich groß, verengten sich. Ein schmaler Schatten bewegte sich über den einen Fleck hinweg – das Schattenbild eines menschlichen Armes.

      Mit einem Ruck hoben wir die Köpfe.

      Wir wollten zur Seite springen – wollten!

      Und im selben Moment hörten wir auch durch die Öffnungen das Meckern einer Ziege.

      „Der Mann mit den beiden Ziegen – der lahme Bauer!“ schoß es mir durch den Kopf.

      Da war’s schon zu spät.

      Da glitten uns schon die Drahtschlingen von oben über die Köpfe, wurden zugezogen.

      Harst feuerte noch – drei Schuß.

      Höhnisches Gelächter. Dann eine Stimme:

      „Rührt Euch nicht! Sonst schneiden wir Euch mit den Drahtschlingen die Kehlen durch.“

      Ich fühlte, wie der Draht ins Fleisch schnitt.

      „Ruhe!“ keuchte Harald.

      Wir regten uns nicht — stierten nach oben in das Felsloch.

      Und abermals dieselbe Stimme – wieder deutsch – wieder die des unechten Brice, also Ottmar Orstras Stimme:

      „Werft Eure Pistolen weg! Sofort! Wir lassen nicht mit uns spaßen! Wir haben eine lange Rechnung wettzumachen, Harald Harst!“

      Und Harald?! – Ich sah, wie ihm das Blut aus der Haut vorquoll, ich sah, wie er den rechten Arm hob.

      Dann – peng – peng, – zwei Schüsse, nochmals peng – peng –!

      Nur ein Mann mit Harsts eisernen Nerven konnte es sich zutrauen, mit einer Pistolenkugel auf dünne Drähte zu schießen.

      Nur er durfte damit rechnen, auch wirklich zu treffen.

      Er hatte auf jene Stellen gezielt, wo die Drähte am Unterrande des Loches das Gestein berührten.

      Felssplitter flogen umher.

      Oben, für uns unsichtbar, ruckte jemand an den Drähten.

      Sie rissen –! Sie hatten nur noch durch dünne Metallfasern zusammengehalten.

      Im Nu waren wir die Schlingen los.

      Im Nu schob Harald einen gefüllten Patronenrahmen in seine Waffe.

      Dann waren wir mit langen Sätzen draußen, sprangen in die Büsche.

      Warteten – krochen weiter.

      Und – über uns auf einem Vorsprung jetzt ein Mann in grauem Sportanzug.

      Ein Mann – ein Felsstück schwingend.

      Es sauste herab, prasselte in die Büsche – dorthin, wo – wir uns nicht mehr befanden –!

      Es war ein Mann mit dunklem Spitzbart, – es mußten der Gestalt nach Baptiste sein –!

      Wer war dieser Baptiste in Wahrheit? Wie hieß er? – Es sollte nie aufgeklärt werden – nie!

      Der Mann da oben hatte uns jetzt doch erspäht, hatte einen Revolver aus der Tasche gerissen.

      Ich überlegte nicht lange. Ich hatte freien Ausblick – ich zielte, drückte ab.

      Der Mann warf die Arme hoch, taumelte nach vorn, fiel ins Leere, fiel fünfzehn Meter tief rechts von uns auf den kahlen Fels.

      Mir flatterten alle Glieder. Ich fühlte, daß ich totenblaß geworden war.

      Der Mann regte sich nicht.

      Dann – Orstras Stimme von der Höhe herab:

      „Wir sehen uns wieder, Harald Harst! Sehr bald!“

      Stille nun – atembeklemmende Stille.

      „Beobachte den Vorsprung!“ flüsterte Harald. Er glitt davon, zu dem Toten hin.

      Das Gesicht des Mannes war bis zur Unkenntlichkeit zerschmettert. Die Kugel war ihm durch die Stirn gegangen.

      Harald verschwand in der Grotte.

      Fünf Minuten – dann tauchte er wieder auf – mit den beiden Ölbildern in der Linken, rief –:

      „Nach dem Hotel zurück!“ –

      Es war bereits völlig dunkel, als wir im Hotel eintrafen. Die Gäste saßen noch beim Abendessen. Wir hatten die beiden Gemälde dem Hotelbesitzer übergeben. Er sollte sie in seinen Tresor einschließen. Als wir den Speisesaal betraten, rief Harst Gloux, Asbörn Prang und Bruckner zu:

      „Bitte – wollen die Herren einen Augenblick herkommen –!“

      Die Gäste drehten sich um, wurden unruhig.

      Der Saal hatte zwei Ausgänge, einen nach dem Hotelflur hin, einen zweiten nach dem Vorraum der Küche.

      Wir fünf standen vor dem Flurausgang.

      „Ist heute nachmittag ein neuer Gast eingetroffen?“ fragte Harst den Detektiv Prang.

      Prang stutzte.

      „Wie – Sie sind’s, Herr Harst?! Sind Sie’s wirklich? – Ja ein neuer Gast, eine ältere Dame. Sie kam zu Fuß von Odda über die Autostraße –“

      „Ist sie hier im Saal?“

      Prang drehte sich der langen Tafel zu.

      Da war schon eine grauhaarige Dame mit Hornkneifer und roter Nase aufgestanden, hatte mit ein paar Schritten den Vorraum der Küche erreicht.

      Harst eilte hinter ihr drein.

      Stieß die Tür auf – stieß einen Stuhl um, den die Frau rasch davorgestellt hatte.

      Das gab einen Aufenthalt von Sekunden.

      Wir stürmten durch die Küche – durch des Wirtes Wohnzimmer: wir verteilten uns. Drei liefen in den Garten.

      Wir suchten – suchten. Die Gäste, das Personal halfen. –

      Das ganze Dorf wurde lebendig; Laternenlicht irrte wie Glühwürmchen durch die Nacht.

      Harst und ich hatten mit vier Gästen das ganze Hotel durchstöbert – vom Keller bis zum Dach.

      Die grauhaarige Frau war als Frau Sigrin Framm aus Malmö ins Fremdenbuch eingetragen. Die Schrift hatte nur wenig Ähnlichkeit mit der des Briefes, den Miß Beßport an den Rat Darhagen geschickt hatte. Aber – etwas Ähnlichkeit war doch vorhanden. Und Harald bewies mir an diesen geringen Übereinstimmungen der Buchstaben, daß „Frau Framm“ niemand anders als Agna Orstra war.

      Sie hatte das Zimmer Nr. 37 im ersten Stock belegt. Es lag nur drei Türen von unseren Räumen entfernt. An Gepäck fanden wir in Nr. 37 lediglich einen Rucksack mit Wäsche und Toilettensachen. Die Wäsche war nicht gezeichnet.

      Gegen zehn Uhr wurde die Verfolgung der Flüchtigen aufgegeben. Ein paar Dörfler wollten beobachtet haben, daß eine Frau einen Kahn am Seeufer bestiegen hatte und eilends davongerudert war. Aber ihre Aussagen waren so unsicher, daß wir darauf nichts gaben, obwohl ein Boot fehlte. Nachher, als das Unheil schon geschehen, stellte sich denn auch heraus, daß ein Fischer den Nachen losgekettet und zum Auslegen von Reusen benutzt hatte.

      Die Hotelgäste, die bisher nur wußten, daß die grauhaarige

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