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hatte, geraten, alles zu sammeln, was mit den Wettproblemen zusammenhing, und dies später in Form von Erzählungen zu veröffentlichen. Auf diese Weise ist diese Sammlung von Detektivgeschichten zustande gekommen.

      Die Rätselbrücke

       Inhaltsverzeichnis

      Es war gegen zehn Uhr vormittags. Wir saßen an dem vor einem Korbsofa stehenden Tische und machten uns mit gutem Appetit über den Morgenimbiß her. Harald hatte sich auch eine Stockholmer Zeitung kommen lassen. Nach einigen gleichgültigen Bemerkungen über das Herbstwetter und zwei Tassen Kaffee, reichte er mir die Zeitung, ohne hineingesehen zu haben, und sagte:

      „Ich wundere mich, daß Inspektor Brodersen noch nicht hier ist. Die Kriminalpolizei wird doch fraglos schon gemerkt haben, welch seltsamen Vogel sie da in der vergangenen Nacht erwischt hat.“

      Ich wurde sofort stutzig. – Seltsamen Vogel?! – Konnte sich das auf James Palperlon, unseren alten Feind, beziehen?! – Ich stellte die Tasse hin und meinte unsicher:

      „Was soll ich denn mit der Zeitung? Du weißt ganz gut, daß ich schwedische Blätter nur sehr mühsam lesen kann.“

      „Ach so – ganz richtig, mein lieber Schraut!“ Dieser Ausruf war Komödie. „Ganz richtig! Dann will ich mal nachsehen, ob die hiesige Presse über die Vorgänge dieser Nacht bereits unterrichtet ist und wie sie ihren Lesern diese Sensationsnachricht zurechtgestutzt hat. Meistens phantasieren ja die Reporter die Hälfte dazu.“

      Er entfaltete die Zeitung, suchte die Spalten durch und rief dann: „Aha – hier haben wir’s! Und - schau’ nur, auch unsere Namen prangen in der Überschrift:

      „Ermordung des stadtbekannten Antiquars Severin Blomberg. – Der berühmte Liebhaberdetektiv Harald Harst und sein Privatsekretär Max Schraut in Stockholm. – Verhaftung des berüchtigten internationalen Verbrechers James Palperlon.“

      Harst zeigte mir diese dick gedruckte Überschrift eines anderthalb Spalten langen Artikels, faltete die Zeitung zu meinem Erstaunen wieder zusammen und sagte achselzuckend:

      „Es lohnt nicht, das Geschreibsel zu lesen. Es steht ja doch nur Unsinn drin. Die Überschrift beweist das.“

      Ich verstand ihn nicht.

      „Nur Unsinn? Was heißt das, Harald?“

      „Lieber Alter, wenn den Stockholmern da in der dicken Überschrift vorgeredet wird, Palperlon sei hier verhaftet worden, so ist das eben Blech!“

      Ich war – wohl mit Recht – starr. – Harst steckte sich jetzt mit aller Gemütsruhe eine Zigarrette an und meinte, bevor ich noch etwas fragen konnte:

      „Lieber Schraut, – glaubst Du denn wirklich, wir hätten in der verflossenen Nacht Palperlon erwischt?“

      „Allerdings,“ erklärte ich kleinlaut, denn ich merkte schon, daß hier irgend etwas nicht in Ordnung war.

      „Na also,“ sagte Harald und blieb vor mir stehen. „Mein Alter, – gesehen hast Du sie! Aber wieder nur mit den Augen, mir denen Du auch vorhin genußfroh Deine Scheibe Schinken betrachtetest. – Soll ich Dir abermals vorhalten, daß man als Detektiv unbedingt das Hauptgewicht auf das geistige Sehen legen muß?! Was nützt es, gute Augen zu haben, wenn nicht der Verstand gleichzeitig diese Bilder, die die Sehnerven uns vermitteln, mitprüft?! – Kurz und gut: die Narbe an dem Mittelfinger der weiblichen Person, die ganz nett ohne Schleier ausschaute und die mit gut nachgeahmter, sonorer Männerstimme dann zugab, Palperlon zu sein, – diese Narbe war kaum sechs Wochen alt, wie ich sofort bemerkte. Mithin war’s nicht Palperlon, sondern jemand, den er zu dem mit Blomberg in der vergangenen Nacht vereinbarten Stelldichein geschickt hatte. Jemand! Und – es war ein Weib, lieber Schraut, kein verkleideter Mann. Es war ein Weib, das ich auf 20–25 Jahre einschätze, weiter auf eine Deutsche, denn ihr Schwedisch klang genau so „germanisch“ wie das meine.“

      Das Telephon auf dem Schreibtisch an der anderen Wand schrillte unaufdringlich.

      Harst ging hin, rief mir zu: „Wetten, daß es Brodersen ist? – Jetzt werden die Herren entdeckt haben, daß James Palperlon noch immer sich seiner Freiheit und der ergaunerten Millionen erfreut.

      Er nahm den Hörer auf.

      „Morgen, Herr Inspektor. – Strengen Sie sich nicht unnötig an. Weiß schon, was Sie mir mitteilen wollen, – daß sich herausgestellt hat, daß Sie diesen angeblichem Palperlon in die falsche Abteilung des Polizeigefängnisses eingesperrt haben, eben in die Männerabteilung. – Woher ich dies erfahren habe? – Von niemandem. Aus mir selbst heraus. Mir war es schon in der Nacht in Blombergs Wohnung bekannt. – Weshalb ich’s Ihnen nicht sagte? Ja – ich war eben überzeugt, Sie würden’s sehr bald herausfinden oder das Weib würde es eingestehen. Ich mache nicht gern überflüssige Worte. – Ah – also deshalb ist die Sache jetzt erst entdeckt worden. Sie haben die Gefangene nur flüchtig durchsuchen und gleich abführen lassen, weil es doch mitten in der Nacht war. – Gewiß, kommen Sie nur. Ich bleibe hier im Hotel. Auf Wiedersehen also!“

      Harst legte den Hörer weg, fing abermals an, im Zimmer hin und her zu wandern, als es klopfte.

      Harst rief Herein. Es war der Kellner mit einer Visitenkarte.

      „Die Dame läßt Herrn Harst inständigst bitten, sie zu empfangen,“ erklärte der Kellner.

      Harst las laut den Namen und Titel der Karte vor:

      Frau Generalkonsul Theresa Knork,

      sagte dann: „Ich lasse bitten –!“

      Der Kellner verschwand. Harst blickte mich sinnend an.

      „Lieber Schraut,“ meinte er leise, „wir werden fraglos sehr Interessantes von dieser Dame zu hören bekommen. Wer mich „inständigst“ um eine Rücksprache ersucht, der hat schweren Kummer.“

      Es klopfte wieder. Harst öffnete, ließ eine schlanke, große, sehr elegant gekleidete Frau ein, deren Gesicht auf den ersten Blick tiefes Herzeleid, das nur mühsam vor der Welt verborgen werden konnte, verriet.

      Dann saß Frau Theresa Knork in dem einen Korbsessel, das Gesicht dem Fenster zugewandt. Harst hatte in dem zweiten Sessel Platz genommen und ich war auf dem Sofa sitzen geblieben.

      „Herr Harst,“ begann die Dame sofort und zog nervös ihre lange goldene Lorgnonkette durch die behandschuhten Finger, „ich bin erst heute früh hier eingetroffen. Ich reiste Ihnen nach, traf Sie aber nicht mehr in Kopenhagen an. Dann wurde mir dort auf geheimnisvolle Weise ein Zettel mit der Mitteilung zugesteckt, Sie befänden sich in Stockholm. Als ich hier angelangt war und beim Frühstück im Wartesaal des Hauptbahnhofs die hiesigen Morgenzeitungen durchsah – ich spreche das Schwedische recht fließend –, fand ich den Artikel über die Ermordung Blombergs durch Palperlon und die –“

      Harst hatte eine liebenswürdige Handbewegung gemacht und sagte jetzt: „Gnädige Frau, Sie sind recht erschöpft. Bitte strengen Sie sich durch weitläufige Ausführungen nicht noch mehr an. – Sie gestatten, daß ich frage. Dann kommen wir sicher schneller zum Ziel. – Sie haben sich auf der Polizei nach meiner Adresse hier erkundigt, nicht wahr? Wann waren Sie auf der Polizei, und wen sprachen Sie dort?“

      „Gegen neun Uhr. Kriminalinspektor Brodersen war so freundlich, mir –“

      „Danke. – Haben Sie ein besonders Interesse an Blombergs Ermordung, gnädige Frau?“

      „Ja. Weniger freilich an dem Morde selbst, als an –“

      „– Palperlon!“ vollendete Harst.

      Ich sah, wie die Züge der Dame sich jäh veränderten. Sie erstarrten gleichsam in einem Haß, der ohne Maß und Ziel sein mußte.

      Harst betrachtete Frau Theresa Knork genau so aufmerksam wie ich, merkte, wie sie jetzt vor Erregung kein Wort über die bebenden Lippen brachte, und sagte leise und in seinem einschmeichelndsten Tonfall:

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