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Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch
Год выпуска 0
isbn 9788075831200
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Ah – Taucheranzug!« entfuhr es Schraut. »Sehr richtig. Das erklärt dann auch das Leuchten auf dem Seegrund.«
»Sie sind ja so überrascht, Kollege?! – War Ihnen denn nach meinen naturwissenschaftlichen Bemerkungen auf der Chaussee über leuchtendes Holz, Leuchtkäfer und so weiter nicht sofort klar geworden, daß hier nur ein Mann im Taucheranzug mit elektrischer Lampe und ein zweiter, der die Luftpumpe bediente, in Betracht kommen konnten? – Mir kam dieser Gedanke schon in Berlin, und auch Holzmüller hat an diese Erklärung gedacht, wie er mir sagte. Ich wußte nur nicht, was die Betreffenden auf dem Seeboden suchten. Erst Mörners Mitteilungen ließen die Vermutung in mir aufsteigen, Blenkner und Bollschwing hätten hier als Taucher gearbeitet, was technisch durchaus möglich ist, da der See nur acht Meter Tiefe hat und da man einen beliebig langen Luftschlauch als Verbindung zwischen der an Land befindlichen Luftpumpe und dem Taucherhelm benutzen kann. Ich sage: an Land befindlichen Luftpumpe, – denn diese ließ sich hier im Walde leicht ganz versteckt aufstellen, so daß die beiden Verbündeten nicht nötig hatten, ein Boot zu benutzen. – Doch – zurück zu meiner – leider verfehlten – Theorie. Zu dieser paßte ja auch tadellos das Verhalten Blenkners mir gegenüber. Er fürchtete eben, ich könnte hinter den wahren Sachverhalt kommen, und wollte, so glaubte ich, durch Bollschwing hier schnell alle Spuren beseitigen lassen, die die beiden und ihre Tauchtätigkeit hätten verraten können. Des Grafen Lippstedt scheinbare Gleichgültigkeit gegenüber die Lichterscheinungen im See hatte ich mir wieder so ausgelegt, daß er sehr wohl den ganzen Zusammenhang zwischen dem Diebstahl und dem Seeleuchten ahnte, daß er aber aus alter Anhänglichkeit an Blenkner, den er geradezu geliebt haben soll, die Sache ihren Gang gehen ließ. Als er mich, den Liebhaberdetektiv, nun hier in der Maske des Leiermannes zu erkennen glaubte, hat er wohl ähnlich gedacht wie Blenkner, das heißt gefürchtet, ich könnte wirklich alles aufdecken. Deshalb wollte er mich für einige Zeit – kaltstellen, bis sein Neffe eben die nötigen Vorkehrungen getroffen hätte, mir jeden Erfolg unmöglich zu machen. – Sie sehen, lieber Schraut, – nein, lieber Schüler, daß diese Theorie viel Bestechendes an sich hatte. Doch – jetzt ist sie für mich erledigt, wenigstens in dem Hauptpunkt, dem Suchen nach dem Schmuck. – Sie fragen: weshalb erledigt? – Denken Sie doch mal nach. Wenn der Graf, wie ich annahm, die Dinge laufen lassen wollte, wie sie liefen, wenn er seinen Neffen bei der Taucharbeit nicht stören wollte, dann – dann wäre er doch niemals so und so oft mit seiner Frau, die den Schriftsteller förmlich zu hassen scheint und die ihn somit sicher nicht geschont, die der Graf aber aus diesen Gründen auch nie in seine Ansicht von dem See-Geheimnis eingeweiht haben würde, in dunklen Nächten gerade auf dem See umhergerudert – nein, niemals! – Ich bin hier auf falscher Fährte gewesen – auf ganz falscher. Aber – wo finde ich die richtige?«
Er versank in Nachdenken, rauchte schweigend eine zweite, dritte Zigarette, starrte zu der silbern glänzenden Mondscheibe empor und schien Schrauts Gegenwart völlig vergessen zu haben. Dann sprang er plötzlich auf. – »Kommen Sie, Kollege, ich muß mich mal auf Blenkners Grundstück näher umsehen,« sagte er. »Der Gastwirt besitzt ein Rad. Es steht im Flur. Holen Sie es. Ich habe mir das des Amtsrichters geborgt. Ich habe es dort an der Chaussee im Gebüsch. – Ich muß Gewißheit haben, ob tatsächlich Blenkner und Bollschwing die Taucher sind. Sie dürften die Ausrüstung jetzt, wo sie doch so lange in Berlin waren, bei dem Schriftsteller verborgen haben. Und – die alte Wirtschafterin wird verraten müssen, was sie weiß? – Wie? – das wird sich finden, – trotz der Warnung, die Bollschwing ihr zukommen ließ.« –
Gegen elf Uhr vormittags machte Amtsrichter Mörner dem »Gefangenen« einen Morgenbesuch. Harst war gerade bei einem sehr reichhaltigen Frühstück, das ihm der Gefängnisaufseher besorgt hatte. Die beiden Herren schüttelten sich die Hände, und Mörner nahm dann auf dem Holzschemel Platz, während Harst sich auf den Bettrand setzte. Der Aufseher hatte hinter seinem Vorgesetzten die Zellentür wieder abgeschlossen und war davongegangen.
»Nun, haben Sie in der verflossenen Nacht etwas Besonderes erlebt?« fragte der Amtsrichter gespannt. »Sie wissen ja, wie sehr mich dieser Fall interessiert, mehr noch Ihre Arbeitsmethode. Bisher glaubte ich stets, wirklich geistvolle Detektive wären nur in Büchern zu finden. Übrigens – auch ich bringe eine Neuigkeit. Der Graf war vor einer Stunde bei mir und fragte, ob wir bei dem Landstreicher – also bei Ihnen – auch eine genaue Leibesvisitation vorgenommen hätten. Dann meinte er etwas zögernd, ihm hätte es geschienen, als ob der Leierkastenmann eine fuchsige Perücke und falschen Bart trüge. Ohne Frage wollte er also auf den Strauch schlagen. Ich blieb ganz ruhig und