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Gesammelte Werke. Wilhelm Raabe
Читать онлайн.Название Gesammelte Werke
Год выпуска 0
isbn 9783962816056
Автор произведения Wilhelm Raabe
Жанр Языкознание
Серия Gesammelte Werke bei Null Papier
Издательство Bookwire
Ein Schuss, der ein hundertfaches Echo in den zerklüfteten Felsentälern weckt! Ein zweites Krachen, das an den roten Berglehnen dahinrollt! Stille im Dorf und Lager und darauf ein gellendes, hundertstimmiges Geschrei und Geheul! Die Männer und Krieger zu den Waffen, die Weiber und Kinder in die dunkelsten Winkel der Hütten oder in die tiefsten Verstecke der Erdhöhlen! Mrs. Lavinia Drawboddy in weiten roten türkischen Hosen, einer weiten gelblichen Flanelltunika und mit einer blauen Drahtbrille auf einer Kamelstute; – Mr. Augustus Montague Drawboddy ganz in gelbem Flanell, mit Revolver, Doppelbüchse, Jagdmesser auf dem merkwürdigsten und zottigsten aller Ponys; – Herr Kornelius van der Mook ebenfalls bewaffnet bis an die Zähne, bärtig, sonnverbrannt, in einem Kostüm, welches dem der englischen Dame an fantastischer Willkürlichkeit nichts nachgibt, auf einem stattlichen Maulesel – ein unendliches, wühlendes, staubaufrührendes, brüllendes, plärrendes, kreischendes, quiekendes, rasselndes, klapperndes, hinten und vorn ausschlagendes, purzelbaumschlagendes Gefolge von Arabern und Affen, Nubiern, Abyssiniern, Schilluks, Baggaras und Dschournegern, von Büffeln, Eseln, Lasttieren aller Art, Käfigen mit jungen Löwen und Tigern, Kasten mit Krokodilen und Schlangen und bunten Vögeln! Halt des Zuges an der Barriere von Abu Telfan; exaltiertestes Verhandeln der Parlamentäre und Dolmetscher – allgemeine Verständigung und wahnsinnigster Jubel! Große gegenseitige Vorstellung von Altengland und Tumurkieland, Mrs. Lavinia Drawboddy und Madam Kulla Gulla; – der Gorilla am Bratspieß und Mr. Augustus Montague Drawboddy in tiefsinniger Betrachtung des Gorillas – Herr Kornelius van der Mook und Herr Leonhard Hagebucher aus Nippenburg, Grand-Duchy of ✳✳✳, German Confederation! – –
»Es war die allerhöchste Zeit, dass er kam, Frau Klaudine«, seufzte der Erzähler in der Katzenmühle. »Noch eine kurze Frist, und er hätte meinethalben ebenso gut wegbleiben können. Einen Tag später, und der Rest wäre die unbefangenste Tierheit, die absoluteste Blödsinnigkeit gewesen; denn was man zehn Jahre ertrug, das mag einem in den ersten Stunden des elften zu viel werden. ›Law, bless me, what a horror!‹ sprach sogar Mrs. Lavinia Drawboddy, als sie die Kuriosität in ihr Reisetagebuch eintrug, und ihr Gatte ging dreimal um mich herum und sagte: ›Wonderful, wonderful!‹«
»O lassen Sie diese Engländer!« rief die Frau Klaudine. »Was sagte der Herr van der Mook? Sprechen Sie mir von diesem; denn er ist’s gewesen, welcher Sie erlöste und Ihnen die Ketten abnahm. Sagen Sie mir alles von ihm – was wollte ich darum geben, wenn ich ihn sehen, den Klang seiner Stimme hören dürfte.«
»Er stolperte über meinen am Boden ausgestreckten Leib, als er die Madam Kulla Gulla zum Stadthaus von Abu Telfan führte, und da er beinahe gleichfalls sich zu Boden gelegt hätte, so entfuhr ihm eine nicht sehr höfliche Redensart, und zwar in deutscher Sprache. Da bin ich aufgefahren und habe ihn ebenfalls deutsch angerufen, und dann kamen mir vor übermächtiger Aufregung meine fünf Sinne für einige Zeit abhanden, und als ich das Bewusstsein wiedererlangte, war der Handel um meine Person bereits im besten Gange; ich aber konnte nichts weiter tun, als den Verlauf der Unterhandlungen in Geduld abwarten. Mr. Augustus Montague Drawboddy, der mehr als mich in seinem Leben taxiert hatte, schätzte meinen Wert auf sechs Schnüre böhmischer Glasperlen, zwei königlich großbritannische ausrangierte Perkussionsmusketen, drei Solinger Faschinenmesser, zwölf Pfund Tabak und sechs Flaschen Rum. Mrs. Drawboddy gestand ein, dass man wohl noch ein Exemplar von Bunyans The Pilgrims Progress zulegen könne, welcher letztere generöse Vorschlag jedoch von Tumurkieland sehr kühl aufgenommen wurde, ja sogar beinahe allen weitern Verhandlungen ein Ende gemacht hätte. Schon zuckte Altengland die Achseln und wandte sich ab, um den eigenen Geschäften nachzugehen, als der Herr van der Mook auf arabisch und in der Lingua franca dartat, dass er außer den beiden angebotenen Flinten noch einige Dutzend gute Büchsen hinter sich habe und es in mancanza d’un accordo amichevole, in Ermangelung eines gütlichen Vergleichs, auf einen Austrag durch Waffengewalt ankommen lassen werde. Übrigens