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Der Herr der Welt. Robert Hugh Benson
Читать онлайн.Название Der Herr der Welt
Год выпуска 0
isbn 9783954185498
Автор произведения Robert Hugh Benson
Жанр Языкознание
Серия Science Fiction & Fantasy bei Null Papier
Издательство Bookwire
7 Griechisch ›sein‹ und ›nicht‹ <<<
1.
Oliver Brand, der neue Abgeordnete für Croydon, saß in seinem Studierzimmer und sah über seine Schreibmaschine hinweg aus dem Fenster. Sein Haus, gegen Norden gerichtet, war am äußersten Ende eines Ausläufers der Surreyhügel, die jetzt infolge der Tunnels und Durchbrüche kaum mehr zu erkennen waren; nur einen Kommunisten konnte die jetzige Aussicht noch begeistern. Unmittelbar unterhalb der breiten Fenster fiel das umgrenzte Gelände auf etwa hundert Fuß hin und in eine Mauer ausgehend steil ab, während jenseits derselben, soweit das Auge reichte, die Welt — der Mensch und seine Werke — Triumphe feierte. Zwei breite Schienenwege, einer Rennbahn gleichend, jeder mindestens eine Viertelmeile breit und zwanzig Fuß tiefer als das umliegende Gelände gelegt, liefen nach einem, eine Meile weiter entfernten Vereinigungspunkt, wo sie sich kreuzten. Der eine derselben, der linke, war die Hauptlinie nach Brighton, im Kursbuch mit großen Buchstaben bezeichnet, der rechte die Nebenlinie nach Tunbridge und Hastings. Jede dieser beiden Linien war in ihrer Mitte durch eine Zementmauer geteilt, auf deren einer Seite auf Stahlschienen die elektrische Trambahn hinführte; die andere Seite bildete den in drei Teile geteilten Automobilfahrweg. In dem Ersten fuhren, mit einer Schnelligkeit von hundertfünfzig englischen Meilen in der Stunde, die staatlichen Wagen, im zweiten Privatautomobil, denen nicht mehr als sechzig Meilen in der Stunde gestattet waren, im Dritten war der billige Staatswagenverkehr, mit dreißig Meilen, untergebracht, mit Stationen nach je fünf Meilen. Daran schloss sich der für Fußgänger, Radfahrer und gewöhnliche Fuhrwerke bestimmte Weg, auf welchem kein Fahrzeug die Schnelligkeit von zwölf Meilen in der Stunde überschreiten durfte. Jenseits dieser großen Stränge dehnte sich ein unabsehbares Meer von Dächern hin, aus dem hier und da niedere Türme als Kennzeichen der öffentlichen Gebäude hervortraten, und von Caterham zur Linken bis zu dem geradeaus liegenden Croydon erschien alles rein und klar in der rauchfreien Luft; fern gegen Westen und Norden hoben sich die niederen Vorstadthügel vom Aprilhimmel ab.
In Anbetracht der zahlreichen Bevölkerung hörte man erstaunlich wenig Geräusch; abgesehen von dem Kreischen der Stahlschienen bei dem jedesmaligen Vorbeisausen eines Zuges nach dem Norden oder Süden und dem zeitweiligen angenehmen Laut der dem Kreuzungspunkte zueilenden großen Motoren, konnte man in diesem Arbeitszimmer wenig mehr wahrnehmen, als vielleicht ein sanftes, leises, dem Bienensummen in einem Garten gleichendes Murmeln.
Oliver war ein Freund jeglicher Art menschlicher Tätigkeit, von allem, was danach aussah oder klang, und so horchte er jetzt aufmerksam und lächelte, in die klare Luft hinausstarrend, vor sich hin. Dann kehrte die gewöhnliche Entschlossenheit in seine Züge zurück, seine Finger berührten von Neuem die Tasten und fuhren in der Vorbereitung der Rede fort.
Er hatte es mit der Lage seines Hauses sehr günstig getroffen. Es stand in dem Mittelpunkt eines jener kolossalen Spinngewebe, die das Land bedeckten, und hätte seinen Zwecken nicht besser entsprechen können. Es befand sich nahe genug bei London, um außerordentlich billig zu sein, — denn alle wohlhabenden Leute hatten sich wenigstens hundert Meilen weit von dem geräuschvoll pulsierenden Herzen Englands niedergelassen — und doch hätte er es sich nicht ruhiger wünschen können. Nach der einen Seite hin war er zehn Minuten von Westminster, nach der anderen zwanzig Minuten von der See entfernt, und sein Wahlkreis lag wie eine Reliefkarte vor ihm ausgebreitet. Da außerdem die großen Londoner Endstationen nur zehn Minuten weit weg lagen, hatte er die Hauptlinien nach jeder größeren Stadt Englands bequem zur Hand. Für einen nicht gerade sehr bemittelten Politiker, der heute in Edinburgh und morgen in Marseille sprechen sollte, wohnte wohl kaum ein Mann in Europa so günstig wie er.
Er war von angenehmem Äußeren, ein beginnender Dreißiger, mit schwarzem, straffem Haar, glattrasiert, mager, männlich, sympathisch, hatte blaue Augen und weißen Teint. Heute nun schien er mit sich selbst und der Welt ganz besonders zufrieden zu sein. Seine Lippen bewegten sich ab und zu während der Arbeit, seine Augen wurden bald größer, bald kleiner vor Erregung, und mehr als einmal hielt er inne, starrte hinaus, lächelte und errötete.
Eine Türe öffnete sich; ein Mann mittleren Alters trat etwas ängstlich mit einem Stoß Papiere herein, legte diese, ohne ein Wort zu sagen, auf den Tisch und wandte sich wieder der Türe zu. Oliver machte ihm mit der Hand ein Zeichen, nachdem er noch die letzte Taste gedrückt hatte.
»Nun, Mr. Phillips?«, begann er.
»Es sind Nachrichten aus dem Osten eingegangen, Sir«, erwiderte der Sekretär.
Oliver warf einen Blick nach der Seite und legte seine Hand auf die Papiere.
»Irgendwelche vollständige Nachricht?«, fragte er.
»Nein, es gab wieder eine Unterbrechung; Mr. Felsenburghs Name wird genannt.«
Oliver schien es nicht gehört zu haben; er nahm die dünnen, bedruckten Blätter plötzlich auf und fing an, sie durchzusehen.
»Der Vierte von oben, Mr. Brand«, sagte der Sekretär.
Oliver machte eine ungeduldige Bewegung, und wie auf ein gegebenes Zeichen verließ der andere das Zimmer.
Der vierte Bogen von oben, grün mit rotem Druck, schien Olivers volle Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen, denn zwei- oder dreimal las er ihn durch, während er regungslos in seinem Stuhl zurücklehnte. Dann seufzte er und ließ seinen Blick wieder durchs Fenster schweifen, als sich abermals die Türe öffnete, und eine junge Dame von stattlicher Erscheinung eintrat.
»Nun, mein Lieber?«, begann sie.
Oliver schüttelte den Kopf und biss die Lippen zusammen.
»Nichts Bestimmtes«, sagte er, »sogar weniger als sonst. Höre.«
Den grünen Bogen zur Hand nehmend, fing er an, laut zu lesen, während die junge Dame zu seiner Linken in einem Stuhl am Fenster Platz nahm. Sie war ein Geschöpf von ausnehmender Anmut, groß und schlank, mit ernsten, seelenvollen, grauen Augen, wohlgeformten Lippen und einer würdevollen Haltung in Kopf und Schultern. Sie hatte langsam das Zimmer durchschritten,