Скачать книгу

für mich nutzbringend schätzen gelernt hatte, so warm begrüßte ich doch die Befreiung aus meinem bureaukratischen Joch, als ich im Jahre 1893 zum Kommandeur des Infanterieregiments 91 in Oldenburg ernannt wurde.

      Die Stellung eines Regimentskommandeurs ist die schönste in der Armee. Der Kommandeur drückt dem Regiment, dem Träger der Tradition im Heere, seinen Stempel auf. Erziehung des Offizierkorps nicht nur in dienstlicher sondern auch in geselliger Beziehung, Leitung und Überwachung der Ausbildung der Truppe sind seine wichtigen Aufgaben. Ich bemühte mich, im Offizierkorps ritter[pg 59]lichen Sinn, in meinen Bataillonen Kriegsmäßigkeit und straffe Disziplin, überall aber auch neben strenger Dienstauffassung Dienstfreudigkeit und Selbständigkeit zu pflegen. Der Umstand, daß in der Garnison Infanterie, Kavallerie und Artillerie vereinigt waren, gab mir Gelegenheit zu zahlreichen Übungen mit gemischten Waffen.

      Ihre Königliche Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin waren mir gnädig gesonnen, das gleiche galt vom erbgroßherzoglichen Paare. Ich fand auch sonst überall gute Aufnahme und habe mich in der freundlichen Gartenstadt sehr wohl gefühlt. Die ruhige, schlichte Art der Oldenburger Bevölkerung sagte mir zu. Gern und dankbar denke ich daher an meine Oldenburger Zeit zurück. Die Gnade meines Kaisers brachte mich zu meiner großen Freude an meinem 70jährigen Geburtstage wieder mit meinem einstigen Regiment durch à la suite-Stellung in Verbindung. So zähle ich mich denn auch heute noch zu den Oldenburgern.

      Durch meine Ernennung zum Chef des Generalstabes des VIII. Armeekorps in Coblenz kam ich im Jahre 1896 zum ersten Male in nähere Berührung mit unserer Rheinprovinz. Der heitere Sinn und das freundliche Entgegenkommen des Rheinländers berührten mich durchaus angenehm: an das leichtere Hinweggleiten über ernstere Lebensfragen und eine im Verhältnis zu dem Norddeutschen weichere Art des Empfindens mußte ich mich dagegen offen gestanden erst gewöhnen. Der Gang unserer geschichtlichen Entwickelung und die Verschiedenheiten in den geographischen und wirtschaftlichen Verhältnissen erklären ja durchaus manche Unterschiede im Denken und Fühlen. Hieraus aber jetzt ein Lostrennungsbedürfnis der Rheinlande von Preußen folgern zu wollen, ist meiner Ansicht nach ein Frevel und schnöder Undank.

      Das frohe Leben am Rhein zog übrigens auch mich in seinen Bann, und ich verlebte dort viele frohe Stunden.

      Mein Kommandierender General war anfänglich der mir schon vom Großen Generalstab her als Abteilungschef und auch vom [pg 60]Kriegsministerium her als mein Departementsdirektor bekannt General Vogel von Falckenstein. An seine Stelle trat aber bald Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Baden.

      Diesem hohen Herrn durfte ich 3½ Jahre zur Seite stehen. Ich zähle diese Jahre mit zu den schönsten meines Lebens. Sein edler Sinn, in dem sich Hoheit mit gewinnender Herzlichkeit vereinte, seine vorbildliche, unermüdliche Pflichttreue verbunden mit soldatischer Art und Begabung erwarben ihm rasch die Liebe und das Vertrauen nicht nur seiner Untergebenen, sondern auch der rheinischen Bevölkerung.

      Während meiner Chefzeit hatte das VIII. Korps 1897 Kaisermanöver. Seine Majestät der Kaiser und König war mit den Leistungen in Parade und Felddienst zufrieden. Zu den Festlichkeiten in Coblenz zählte auch die Enthüllung des Denkmals Kaiser Wilhelms I. am Deutschen Eck, jenem schöngelegenen Punkte, an welchem die Mosel der Feste Ehrenbreitstein gegenüber in den Rhein mündet.

      Infolge meiner fast vier Jahre langen Verwendung als Generalstabschef eines Armeekorps war ich im Dienstalter so weit vorgerückt, daß meine Ernennung zum Kommandeur einer Infanteriebrigade nicht mehr in Frage kam. Ich wurde daher nach dieser Zeit im Jahre 1900 zum Kommandeur der 28. Division in Karlsruhe ernannt.

      Diesem Allerhöchsten Befehl folgte ich mit ganz besonderer Freude. Meine bisherigen dienstlichen Beziehungen zum Erbgroßherzog ließen mich auch bei Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und der Großherzogin ein unendlich gnädiges Wohlwollen finden, das sich auch auf meine Frau übertrug und uns hoch beglückte. Dazu das herrliche Badener Land mit all seinen landschaftlichen Schönheiten und seinen treuherzigen Bewohnern und Karlsruhe mit seinen zahlreichen Anregungen in Kunst und Wissenschaft, mit seiner alle Berufskreise umfassenden Geselligkeit.

      In der Division vereinigen sich zum ersten Male alle drei Waffen unter einer Kommandostelle. Der Dienst eines Divisionskommandeurs [pg 61]wird dadurch vielseitiger, erhebt sich über die kleineren Dinge und fordert eine Einwirkung, die sich vorwiegend mit dem Großen im Kriege beschäftigt.

      Mit inniger Dankbarkeit im Herzen verließ ich im Januar 1903 Karlsruhe, weil mich das Vertrauen meines Allerhöchsten Kriegsherrn an die Spitze des IV. Armeekorps berief.

      Ich übernahm damit eine unendlich verantwortungsreiche Stellung, in der man in der Regel länger als auf andern militärischen Posten verbleibt, und in der man, ähnlich wie als Regimentskommandeur, nur unter höhern Gesichtspunkten, dem Ganzen sein Gepräge gibt. Ich handelte im übrigen nach meinen bisherigen Grundsätzen und glaube Erfolge erreicht zu haben. Die Liebe meiner Untergebenen, auf die ich immer hohen Wert als auf eine der Wurzeln guter dienstlicher Leistungen gelegt habe, äußerte sich wenigstens in herzerfreuender Weise, als ich nach 8¼jähriger Tätigkeit mein schönes Amt niederlegte.

      Schon im ersten Jahre hatte ich die Ehre, mein Armeekorps Seiner Majestät im Kaisermanöver, mit einer Parade auf dem Schlachtfeld von Roßbach beginnend, vorführen zu dürfen. Ich erntete Allerhöchste Anerkennung, die ich dankbar auf meinen Vorgänger und auf meine Truppen zurückführte.

      In diesen Manövertagen hatte ich die Auszeichnung, Ihrer Majestät der Kaiserin vorgestellt zu werden. Dieser ersten Begegnung sind später in ernster Zeit Tage gefolgt, in denen ich immer wieder erkennen konnte, was die hohe Frau ihrem erhabenen Gemahl, dem Vaterlande und auch mir war.

      Das IV. Armeekorps gehörte zu meiner Zeit zur Armee-Inspektion Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Leopold von Bayern. Ich lernte in ihm einen hervorragenden Führer und vortrefflichen Soldaten kennen. Wir sollten uns später auf dem östlichen Kriegsschauplatz wiederfinden. Der Prinz unterstellte sich mir dort in hochherziger Weise im Interesse der großen Sache, obgleich er mir im [pg 62]Dienstalter wesentlich überlegen war. Im Dezember 1908 nahm ich auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers im Verein mit dem damaligen General von Bülow, dessen Korps auch zur Armee-Inspektion des Prinzen gehörte, in München an der Feier des 50jährigen Dienstjubiläums Seiner Königlichen Hoheit teil. Wir hatten aus dieser Veranlassung die Ehre, von Seiner Königlichen Hoheit dem hochbetagten Prinz-Regenten Luitpold huldvoll empfangen zu werden.

      Magdeburg, mein Standort, wird oft von solchen, die es nicht kennen, unterschätzt. Es ist eine schöne alte Stadt, deren „Breiter Weg“ und deren ehrwürdiger Dom als Sehenswürdigkeiten gelten müssen. Seit der Schleifung der Festung sind über deren Grenzen hinaus ansehnliche, allen modernen Anforderungen entsprechende Vorstädte entstanden. Was der nächsten Umgegend Magdeburgs an Naturschönheiten versagt ist, hat man durch weitausgedehnte Parkanlagen zu ersetzen gewußt. Auch für Kunst und Wissenschaft ist durch Theater, Konzerte, Museen, Vorträge und dergleichen gesorgt. Man sieht also, daß man sich dort auch außerdienstlich wohl fühlen kann, besonders wenn man so angenehme gesellige Verhältnisse vorfindet, wie es uns beschieden war.

      Dem Verkehr in der Stadt schloß sich ein solcher an den Höfen von Braunschweig, Dessau und Altenburg sowie auf zahlreichen Landsitzen an. Sie alle zu nennen, würde zu weit führen. Aber eines von uns alljährlich wiederholten mehrtägigen Besuches bei meinem jetzt 93jährigen, ehrwürdigen väterlichen Freunde, dem General der Kavallerie Graf Wartensleben auf Carow, muß ich doch in besonderer Dankbarkeit gedenken.

      Auch an Jagdgelegenheit war kein Mangel. Ganz abgesehen von den bekannten großen Hasen- und Fasanenjagden der Provinz Sachsen sorgten Hofjagden in Letzlingen, Mosigkau bei Dessau, Blankenburg im Harz und im Altenburgischen sowie Treibjagden und Pirschfahrten auf mehreren Gütern dafür, daß man auch auf Schwarz-, Dam-, Rot-, Reh- und Auerwild zu Schuß kam.

      [pg 63]

      Immer mehr reifte allmählich in mir der Entschluß, aus der Armee auszuscheiden. Ich hatte in meiner militärischen Laufbahn viel mehr erreicht, als ich je zu hoffen wagte. Krieg stand nicht in Aussicht, und so erkannte ich es für eine Pflicht an, jüngeren Kräften den Weg nach vorwärts freizumachen, und erbat im Jahre 1911 meinen Abschied.

Скачать книгу