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als auch die Empfangsdame Gabi Meindl kannte, schüttelte lächelnd den Kopf.

      »Ihre beiden Damen verehren Sie viel zu sehr, als daß sie Ihnen auch nur ein Haar krümmen würden«, meinte sie. »Aber ich kann Dr. Metzler natürlich sagen, daß Sie erst mittags für ihn Zeit haben.«

      Doch Dr. Daniel winkte ab. »Fünf Minuten mehr oder weniger machen jetzt eigentlich auch nichts mehr aus. Ich komme sowieso schon viel zu spät in die Sprechstunde.« Er schmunzelte. »Aber daran sind meine beiden Damen ja ebenfalls gewöhnt.«

      Trotzdem machte er sich jetzt rasch auf den Weg zur Chirurgie und traf den Chefarzt Dr. Wolfgang Metzler in dessen Büro an. Erstaunt blickte der Dr. Daniel an.

      »Mit dir habe ich um diese Zeit noch gar nicht gerechnet«, gab er offen zu.

      »Mit mir muß man eben rechnen«, scherzte Dr. Daniel.

      Der Chefarzt zog die Augenbrauen hoch. »Du bist ja richtig gut gelaunt.«

      »Stimmt«, meinte Dr. Daniel. »Eine Patientin, die mir gestern abend beinahe auf dem OP-Tisch weggestorben wäre, ist jetzt auf dem Wege der Besserung. Das ist für mich ein Grund zur Freude.« Er lächelte. »Und wag es ja nicht, mir meine gute Laune mit irgendwelchen Hiobsbotschaften zu vermiesen.«

      Dr. Metzler betrachtete die dünne Akte, die vor ihm lag, und zuckte die Schultern. »Ob es eine Hiobsbotschaft ist, weiß ich noch nicht. Uns wurde ein Zivildienstleistender zugeteilt. Sàndor Balog.« Er runzelte nachdenklich die Stirn. »Der Name klingt irgendwie ausländisch.«

      »Ungarisch«, belehrte Dr. Daniel ihn. »Sàndor wurde in Pècs geboren, kam nach dem Tod seines Vaters aber schon als Fünf-jähriger mit seiner Mutter hierher. Karin stammte ursprünglich aus Steinhausen, ging aber aus Liebe zu Jànos Balog nach Ungarn.«

      »Du bist ja wieder mal glänzend informiert«, stellte Dr. Metzler fest. »Komisch, ich bin in Steinhausen geboren und aufgewachsen, aber…«

      »Aber dann bist du für etliche Jahre ins Ausland gegangen«, vollendete Dr. Daniel den angefangenen Satz seines Kollegen. »Währenddessen ist in Steinhausen die Zeit allerdings auch nicht stehengeblieben.« Er lächelte. »Auch wenn man manchmal diesen Eindruck haben könnte.«

      Dr. Metzler nickte. »Ja, da hast du wohl recht.« Er schwieg einen Moment und betrachtete wieder die Akten vor sich. »Was ist dieser Sàndor eigentlich für ein Mensch?«

      »Ein sehr sympathischer junger Mann, der keine Arbeit scheut«, urteilte Dr. Daniel. »Ich könnte mir sogar vorstellen, daß er sich für diese Art Zivildienst entschieden hat, um später einmal Krankenpfleger zu werden. Er hat sich schon als Teenager sozial sehr engagiert, hat oft freiwillig im Altenheim der Kreisstadt und im Behindertenheim in München gearbeitet.«

      »Das klingt ja wirklich äußerst vielversprechend«, gab Dr. Metzler überrascht zu.

      »Was bedeutet, daß du wieder einmal Vorurteile hattest«, bemerkte Dr. Daniel. »Wahrscheinlich hast du allein schon bei dem Wort ›Zivildienstleistender‹ rot gesehen, habe ich recht?«

      Dr. Metzler wurde bei diesen Worten tatsächlich ein bißchen verlegen.

      »Aha, jetzt bekomme ich also auch noch den Kopf gewaschen«, grummelte er.

      »Nein, Wolfgang, absolut nicht, aber du solltest dir den Menschen immer erst vorher anschauen und dir danach ein Urteil von ihm bilden – nicht umgekehrt.«

      »Danke, das war deutlich«, knurrte Dr. Metzler. »Aber ich werde es mir merken.«

      »Sehr schön.« Dr. Daniel lächelte. »Und nun sei bitte nicht beleidigt.«

      Dr. Metzler seufzte, mußte dann aber ebenfalls lächeln. »Bin ich ja auch gar nicht. Es ist nur…, du triffst mit deiner Kritik immer haargenau den wunden Punkt, und das tut einem meistens ziemlich weh.«

      Er schwieg kurz. »Und jetzt mach, daß du in deine Praxis kommst, bevor dir noch mehr Sachen einfallen, die du an mir kritisieren könntest. Für heute ist mein Bedarf in dieser Richtung nämlich schon wieder gedeckt.«

      Dr. Daniel mußte lachen. »Na, so schlimm wird’s schon nicht gewesen sein. Aber zumindest in einem hast du recht: Ich muß mich jetzt wirklich beeilen.« Er war schon an der Tür, als er noch einmal zurückblickte. »Wenn Sàndor kommt, dann ruf mich bitte an. Ich würde mich gern ein bißchen näher mit ihm unterhalten.«

      »Wird gemacht, Herr Direktor!« seufzte Dr. Metzler kopfschüttelnd, während Dr. Daniel das Büro und wenig später auch die Klinik verließ. Er ahnte bereits, daß in seiner Praxis eine regelrechte Invasion herrschen würde.

      *

      Die Allgemeinmedizinerin Dr. Manon Daniel, die zusammen mit ihrem Mann eine Gemeinschaftspraxis im Erdgeschoß der stattlichen Villa am Kreuzbergweg führte, hatte ihr Ordinationszimmer gerade betreten, als ihre Sprechstundenhilfe Brigitte Klein den ersten Patienten hereinbegleitete.

      »Guten Morgen, Herr Balog«, grüßte Manon mit einem freundlichem Lächeln. »Was führt Sie zu mir?«

      »Eigentlich nichts Besonderes«, entgegnete der junge Mann mit dem markanten Gesicht und den dunklen Locken. »Ich soll morgen früh meinen Dienst in der Waldsee-Klinik antreten, und da muß ich mich vorher noch untersuchen lassen.« Er lächelte. »Eigentlich Unsinn, weil ich doch vollkommen gesund bin, aber Vorschrift ist eben Vorschrift, und ich will mit dem Chefarzt ja nicht schon am ersten Tag einen Strauß ausfechten.«

      Manon mußte lachen. »Ich denke doch, Sie wollen mit ihm überhaupt keinen Strauß ausfechten, oder?«

      »Ganz bestimmt nicht«, bekräftigte Sàndor, dann lächelte er wieder. »Ich freue mich schon sehr auf meine künftige Arbeit.«

      »Machen Sie jetzt eine Ausbildung als Krankenpfleger?« wollte Manon wissen.

      Sàndor schüttelte den Kopf. »Nein, ich leiste nur meinen Zivildienst ab.«

      »Sie werden in den kommenden Monaten viel arbeiten müssen, und es wird nicht immer eine leichte Arbeit für Sie sein.«

      »Das weiß ich«, erklärte Sàndor. »Ich habe früher schon oft im Altenheim der Kreisstadt ausgeholfen.« Er wurde fast ein bißchen verlegen, als er gestand: »Wissen Sie, eigentlich wollte ich ja Arzt werden, aber…« Er zuckte die Schultern. »Leider habe ich das Gymnasium nicht gepackt… jedenfalls nicht mit dem dafür erforderlichen Notendurchschnitt, den ich fürs Medizinstudium gebraucht hätte. Und ein anderes Studium hätte mich nicht interessiert. Ich habe also meinen Abschluß gemacht, und der Zivildienst gibt mir nun eine gute Gelegenheit, in den Beruf eines Krankenpflegers wenigstens mal hineinzuschnuppern.«

      Der junge Mann gefiel Manon. Obwohl er gerade erst zwanzig Jahre alt war, wußte er offensichtlich schon sehr genau, was er anfangen wollte. Und dabei ließ er sich auch von schwerer und sicher nicht immer sehr angenehmer Arbeit keineswegs abhal-

      ten.

      »Also, Herr Balog, dann will ich Sie mal untersuchen«, erklärte Manon und stand auf. »Als erstes wird Ihnen meine Sprechstundenhilfe ein bißchen Blut abnehmen. Sind Sie einverstanden, wenn ich das Ergebnis gleich direkt an die Waldsee-Klinik weiterleite?«

      Sàndor nickte. »Selbstverständlich.« Wieder wurde er ein bißchen verlegen. »Eigentlich hätte ich diese Untersuchung schon viel früher machen lassen müssen, aber…, na ja, wer reißt sich schon darum, zum Arzt zu gehen, wenn er sich vollkommen gesund fühlt.«

      »Dr. Metzler ist in diesen Dingen zwar ziemlich streng und achtet innerhalb der Klinik auch sehr auf Disziplin«, meinte Manon. »Trotzdem wird er Ihnen wegen der verspäteten Untersuchung sicher nicht gleich den Kopf abreißen.«

      Sàndor lächelte. »Ich hoffe doch sehr, daß er das unterläßt.« Dann erhob er sich ebenfalls und folgte Manon in einen kleinen Raum.

      »Legen Sie sich einstweilen auf die Liege«, bat Manon. »Fräulein Klein wird sich sofort um Sie kümmern. Anschließend kommen Sie dann wieder zu mir.«

      Sàndor kam der Aufforderung

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