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denn? Ich hab’s doch gehört! Ich schwöre Ihnen, ich hab’s gehört!

      Aber der Wachtmeister konnte nicht mehr an sich halten und platzte heraus. Er lachte, als solle er ersticken, beide Hände auf dem Bauch. Die Thränen traten ihm in die Augen, und er schnitt furchtbare Gesichter. Die beiden andern blickten ihn erschrocken an.

      Aber da er weder sprechen konnte, noch aufhörte zu lachen, oder zu erklären vermochte, was geschehen sei, machte er eine bezeichnende Bewegung. Da man ihn jedoch noch immer nicht verstand, widerholte er das ein paar Mal und deutete dabei mit dem Kopf zurück auf das noch immer verschlossene Haus.

      Der Gendarm verstand nun plötzlich und begann auch fürchterlich zu lachen. Der Alte aber blieb ganz dumm zwischen den beiden sich vor Vergnügen windenden Menschen stehen. Endlich beruhigte sich der Wachtmeister, klopfte dem Alten freundschaftlich auf den Bauch und rief:

      – Na Sie kleiner Schäker! Die Morithat werde ich mir merken!

      Der Briefträger riß groß die Augen auf:

      – Aber ich schwöre Ihnen, ich hab’s gehört!

      Der Wachtmeister begann wieder zu lachen, der Gendarm hatte sich auf den Grabenrand ins Gras gesetzt und wand sich gleichfalls vor Lachen.

      – Hat’s gehört! Na, ermordest Du Deine Frau auch so? Du alter Witzbold!

      – Meine Frau?

      Er dachte lange nach, dann sagte er:

      – Na, wenn ich meine Alte verdresche, dann heult se und wie heult se! Verdrischt denn der Herr Schullehrer auch seine Frau?

      Da packte ihn der Wachtmeister, als verlöre er vor Freude den Verstand, bei den Schultern, wirbelte ihn einmal herum und flüsterte ihm etwas ins Ohr, sodaß der andere vor Erstaunen sich garnicht fassen konnte.

      Dann brummte der Alte nachdenklich:

      – Nee, nee, so nich! So nich! So nich! Meine sagt garnichts! Das hätte ich nich gedacht, ist so was möglich! Da muß man doch an Mord glauben!

      Und wie ein begossener Pudel schlich er durch die Felder davon, während der Wachtmeister und der Gendarm noch immer lachend ihm von weitem grobe Kasernen-Ausdrücke nachbrüllten, bis allmählich sein schwarzes Käppi über dem Riesenmeer der Saaten in der Ferne verschwand.

      Rosa

       Inhaltsverzeichnis

      Die beiden jungen Frauen ruhen wie begraben unter einer Blumendecke. Sie sitzen allein in dem kleinen Landauer, der wie ein gewaltiger Korb mit Blumensträußen beladen ist. Auf dem kleinen Rücksitz, stehen zwei Körbchen mit weißem Satin überzogen, voll Veilchen aus Nizza, und über das Bärenfell, das der Damen Knie bedeckt, rieselt ein Regen herab von Rosen, Mimosen, Levkojen, Margueriten, Tuberosen und Qrangenblüten, einzeln mit Seidenbändchen zusammengeknüpft. Die Blüten scheinen die beiden zarten Körper darunter ganz zu erdrücken, indem aus dem leuchtenden, duftenden Blumenbett nur ihre Schultern, die Arme und ein ganz kleines Stück der Taille hervorlugt, die eine blau, die andere lila.

      An der Peitsche des Kutschers befindet sich ein Anemonen-Strauß, die Geschirre der Pferde sind mit Goldlack ausgeputzt, die Speichen der Räder mit Reseda geschmückt und an Stelle der Laternen stecken zwei riesige runde Bouquetts, als wären es die seltsamen Augen dieses blühenden rollenden Tieres.

      Der Landauer fährt in schlankem Trabe die Straße von Antibes herab, vor ihm, hinter ihm, neben ihm eine Menge von blumengeschmückten Wagen voller Damen, die aus einem Meer von Veilchen hervorlugen.

      Es ist Blumen-Korso in Cannes.

      Nun kommen sie an den Boulevard de la Foncière, wo die Blumenschlacht stattfindet. Längs der riesigen Avenue rollt eine doppelte Reihe von blumengeschmückten Equipagen, wie ein endloses Band auf und ab.

      Man wirft sich Blumen zu von einem zum andern, wie Kugeln durchsausen sie die Luft, treffen die frischen Gesichter, schweben empor und fallen dann in den Staub, aus dem sie eine Schar von Gassenjungen aufhebt.

      Eine dichtgedrängte Menge auf den Bürgersteigen wird von Schutzleuten zu Pferde im Zaum gehalten, die brutal losreiten, wenn die Neugierigen zu Fuß sich vordrängen, als wollten sie diesen häßlichen Menschen nicht erlauben, sich mit den Reichen zu vermischen. Ruhig oder lärmend sieht die Menge zu.

      In den Equipagen ruft man sich an, erkennt man sich, bewirft sich mit Rosen.

      Ein Wagen voll hübscher Damen, alle in rot wie die Teufel, zieht das Auge an und bestrickt es. Ein Herr, der dem Bilde Heinrichs IV. ähnelt, wirft mit lachender Behaglichkeit ein riesiges Bouquett in die Luft hinaus, das, durch ein Gummiband gehalten, immer wieder zurückschnellt.

      Wenn der Anprall der Blumen droht, verstecken die Damen ihr Gesicht, die Herren ducken den Kopf, aber das graziöse, schnelle Geschoß beschreibt nur einen Bogen und kehrt zu seinem Herrn zurück, der es sofort wieder einem andern geschickt zuwirft.

      Die beiden jungen Frauen leeren mit vollen Händen ihr Arsenal und erhalten einen Hagel von Bouquetts. Dann, nachdem die Blumenschlacht vielleicht eine Stunde gedauert, sind sie ein wenig müde und befehlen dem Kutscher, längs des Meeres die Straße des Golf Juan hinunterzufahren.

      Die Sonne verschwindet hinter l’Esterel, indem sie feuerumsprüht den Schattenriß der gezackten langen Bergkette schwarz abzeichnet. Das ruhige Meer dehnt sich blau und hell bis zum Horizont, wo es sich mit dem Himmel mischt. Und das Panzer-Geschwader, das mitten im Golf vor Anker liegt, sieht aus wie eine Herde gewaltiger Tiere, die bewegungslos auf dem Wasser ruhen, wie apokalyptische Ungeheuer, bucklig und gepanzert, mit dünnen Masten geschmückt wie mit Federn und mit Augen, die anfangen zu leuchten, wenn die Nacht hereinbricht.

      Lässig blicken die beiden Frauen, unter dem schweren Pelz ausgestreckt, in die Weite; endlich sagt die eine:

      – Ach, an so einem köstlichen Abend erscheint einem doch alles wundervoll. Nicht wahr, Margot?

      Die andere antwortet:

      – Ja, das ist herrlich, und doch fehlt einem immer etwas.

      – Was denn? Ich fühle mich ganz glücklich, ich brauche nichts.

      – O doch, Du denkst nur nicht daran. Wie wohlig wir uns auch immer fühlen mögen, immer möchten wir doch etwas mehr haben – etwas fürs Herz!

      Die andere meint lächelnd:

      – Ein wenig Liebe?

      – Ja!

      Sie schwiegen, starrten vor sich hin, dann sagte die eine, Margarete geheißen:

      – Mir ist es, als könnte man das Leben ohne das nicht ertragen. Ich brauche Liebe, und wäre es die eines Hundes. Und Du kannst sagen, was Du willst, Simone, wir sind alle so!

      – O, durchaus nicht, meine Liebe! Ich mag lieber garnicht geliebt sein, als von irgend einem Beliebigen. Glaubst Du, daß ich mich gern lieben lassen würde zum Beispiel von – – von – –

      Sie suchte, wen sie nennen könnte, und ihr Auge lief über die weite Landschaft. Nachdem ihre Blicke den ganzen Horizont umkreist hatten, fielen sie auf die zwei blanken Knöpfe auf dem Rücken des Kutschers, und sie sagte lachend:

      – Nun, zum Beispiel von meinem Kutscher!

      Margot lächelte kaum und antwortete leise:

      – Ich kann Dir die Versicherung geben, es ist riesig amüsant, wenn einen ein Diener liebt. Das ist mir schon zwei-oder dreimal passiert. Die machen Augen, das ist zum totlachen! Natürlich muß man umso strenger sein, je verliebter sie sind, und dann schmeißt man sie eines Tages hinaus unter irgend einem ersten besten Vorwand, sonst würde man sich ja lächerlich machen, wenn jemand davon etwas merkte. Simone hörte zu, blickte starr vor sich hin, dann erklärte sie:

      »Nein, allerdings, die Liebe eines Dieners würde mir nicht genügen. Erzähle mir doch einmal,

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