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an. Der Schwiegersohn sagte:

      – Na nu is es aber alle, die Nacht erlebt er nich!

      Die Bäuerin sagte:

      – Seit Mittag röchelt ‘r schon so!

      Dann schwieg sie. Der Vater hatte die Augen geschlossen, sein Gesicht war alt, fahl, so trocken, als wäre es aus Holz geschnitzt. Sein halb offener Mund ließ nur keuchend den Atem durch, und bei jedem Atemzug hob sich die graue Leinwand auf der Brust. Der Schwiegersohn sagte endlich nach langem Schweigen:

      – Da können mir nu Schicht machen, aber dumm ist es, auf dem Felde giebt’s genug zu thun!

      Seine Frau wurde unruhig bei dem Gedanken, sie dachte einen Augenblick nach, dann sagte sie:

      – Na da er nu hin wird, können wir’n Sonnabend begraben. Morgen kannste noch genug schuften.

      Der Bauer dachte nach und antwortete: – Nu nee, morgen muß ich zum Begräbnis einladen, fünf, sechs Stunden brauche ich sicher, um se alle von Trouville bis Manetot einzuladen.

      Zwei bis drei Minuten dachte die Frau wieder nach, dann meinte sie:

      – ‘s is noch nich drei, da kannste immer anfangen und ‘s auf der Seite von Trouville allen sagen. Kannst ruhig sagen, daß er weg is, das dauert doch nich bis morgen früh.

      Der Mann blieb einen Augenblick still, überlegte die Sache und verfolgte diesen Gedanken; endlich erklärte er:

      – Nu ja, ich will mal immer gehen!

      Er ging hinaus, kam wieder und meinte nach kurzem Zögern:

      – Du hast nischt zu thun, Du kannst die Äppel zum kochen schälen, und vier Dutzend von der geringeren Sorte kannst De machen zum Leichenschmaus, und dann wirschte den Backofen gleich anstecken.

      Er verließ das Zimmer, ging in die Küche, öffnete den Küchenschrank, nahm ein Sechs-Pfundbrot, schnitt sich ein Stück ab, las mit der Hand die Brosamen, die auf den Tisch gefallen waren, auf und steckte sie in den Mund, daß nur ja nichts verloren ginge. Dann nahm er mit der Spitze eines Messers ein Stück gesalzener Butter aus einem braunen, irdenen Topf, strich es auf das Brot und begann es langsam zu essen, langsam, wie er alles that.

      Er ging durch den Hof zurück, beruhigte den Hund, der wieder heulte, ging den Weg hin am Graben und entfernte sich nach Trouville zu.

      Die Frau machte sich, als sie allein geblieben war sofort an die Arbeit. Deckte den Mehlkasten auf, dann machte sie den Teig zurecht, knetete ihn lange, drehte und drehte ihn herum, zerstückelte ihn und preßte ihn wieder zusammen. Darauf machte sie eine große gelb-weiße Kugel, die sie auf der Tischecke liegen ließ. Dann pflückte sie Äpfel, und um mit dem langen Stecken keine Zweige abzubrechen, stieg sie hinauf in den Baum, sorgfältig wählte sie die Früchte aus, um nur die überreifen zu nehmen und ließ sie in die Schürze fallen.

      Am Weg rief eine Stimme:

      – He, Frau Chicot!

      Sie wandte sich um, es war ihr Nachbar, der Ortsvorstand Osimus Favet, der auf sein Feld zum Düngen fuhr, mit herabhängenden Beinen auf dem Mistwagen sitzend. Sie drehte sich um und antwortete:

      – Nu Herr Vorstand, was wollen Se denne?

      – Wie stehts denn mit ‘n Alten?

      Sie rief:

      – s’ is beinahe aus, Sonnabend um sieben Uhr ist’s Essen, denn die Feldarbeit drängt!

      Der Nachbar antwortete:

      – Schön, viel Glück, lassen Sie sichs gut gehen!

      Sie antwortete auf seine Artigkeit:

      – Danke ooch, gleichfalls!

      Dann pflückte sie ihre Äpfel weiter. Sobald sie wieder im Haus war, sah sie nach ihrem Vater, in der Erwartung, er würde gestorben sein. Aber an der Thür schon hörte sie das laute, gleichmäßige, rasselnde Atmen, und nun meinte sie, daß es nicht nötig sei, bis an das Bett zu gehen, und begann, um keine Zeit zu verlieren, das Essen vorzubereiten.

      Eine nach der andern wickelte sie die Früchte in eine dünne Teigdecke, dann legte sie sie der Reihe nach auf den Tisch. Als sie achtundvierzig Kugeln gemacht, je ein Dutzend in einer Reihe, dachte sie daran, das Abendessen zu bereiten.

      Sie setzte den Kochtopf auf’s Feuer, um die Kartoffeln zu kochen, denn sie hatte sich überlegt, daß es unnütz sei, schon heute den Backofen anzustecken; sie hatte ja noch morgen den ganzen Tag vor sich zu all den Vorbereitungen.

      Ihr Mann kehrte um fünf Uhr zurück, und sobald er eingetreten war, fragte er:

      – Ist’s aus?

      Sie antwortete:

      – Noch nich, es rasselt noch!

      Sie sahen nach, in dem Zustand des Alten hatte sich nichts verändert. Sein rauher, regelmäßig wie ein Pendel gehender Atem war weder schneller noch langsamer geworden. Er kam und ging, Sekunde auf Sekunde, nur verschieden im Ton, je nachdem der Sterbende ein-oder ausatmete.

      Sein Schwiegersohn blickte ihn an, dann sagte er:

      – Der löscht aus, ohne daß man’d weeß, wie son Licht!

      Sie gingen wieder in die Küche und begannen schweigend die Abendmahlzeit. Nachdem sie die Suppe geschlürft, aßen sie noch ein Stück Butterkuchen, dann wuschen sie die Teller und kehrten in das Zimmer des Sterbenden zurück.

      Die Frau hielt eine kleine schwelende Lampe dem Vater vor’s Gesicht; hätte er nicht geatmet, man hätte ihn für tot halten können.

      Das Bett der beiden Bauersleute lag am anderen Ende des Zimmers in einer Art Nische. Ohne ein Wort zu sagen, löschten sie das Licht, legten sich ins -Bett, schlossen die Augen, und bald begleitete ein doppeltes, ungleiches Schnarchen, ein tieferes und ein höheres, das unausgesetzte Röcheln des Sterbenden.

      Die Ratten huschten über den Speicher.

      Sobald der Tag anbrach, wachte der Mann auf. Der Schwiegervater lebte noch immer! Er schüttelte seine Frau, unruhig über das lange Leben des Alten.

      – Sag mal Du, Phemie, das will nich alle werden, was meenste denne?

      Er wußte, sie hatte immer guten Rat bei der Hand. Sie antwortete:

      – Nu, den Tag überlebt er doch nich, das ist mal sicher! Mir brauchen keene Angst zu haben. Wenn der Vorstand nischt dagegen hat, kann man ihn doch morgen begraben. Beim alten Renard war’s ooch nich anders.

      Das leuchtete ihm ein, und er ging auf’s Feld. Seine Frau setzte die Äpfel zum schmoren auf, dann besorgte sie alle Arbeit auf dem Hof.

      Mittags war der Alte immer noch nicht gestorben!

      Die Tagelöhner, die für die Feldarbeit gemietet waren, kamen nun gruppenweise, um sich den Alten anzusehen, der noch immer die Erde nicht verlassen wollte. Jeder sagte etwas, dann gingen sie auf’s Feld hinaus.

      Als man um sechs Uhr heimkehrte, atmete der Alte noch immer!

      Nun erschrak sein Schwiegersohn doch:

      – Phemie, was meenste denn jetzt?

      Sie wußte nicht, was sie thun sollte. Sie gingen zum Vorstand. Der versprach, er wollte ein Auge zudrücken und trotzdem das Begräbnis morgen erlauben. Der Arzt, zu dem sie dann gingen, hatte auch nichts dagegen, und Frau und Mann kehrten ruhig heim.

      Sie legten sich zu Bett und schliefen wie am Tage vorher, indem ihr starker Atem sich mit dem schwachen des Alten mischte.

      Als sie erwachten, war er noch immer nicht tot!

      Nun waren sie ganz verzweifelt. Am Fußende des Bettes blieben sie stehen und betrachteten mißtrauisch den Alten, als hätte er sich über sie lustig machen,sie betrügen, sie gradezu ärgern wollen. Vor allen Dingen waren sie ihm gram wegen der Zeit, die er sie verlieren ließ.

      Der Schwiegersohn fragte:

      –

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