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sicher …« Sie bemerkt, dass sie bereits jetzt völlig von der Erzählung ergriffen ist.

      Herr Conrad hebt überrascht die Augenbrauen. Mehr nicht. Dann setzt er fort.

      »Alles in Ordnung?«

      »Ja«, sagte Lia leise.

      Der Mann nickte, als fühle er sich bestätigt. »So schweigst du ab jetzt.« Eindringlich klang es. »Bis zum Schluss.« Er zog das Korsett an ihr zurecht. Ein wenig nach oben, so dass sich die untere Kante auf die Hüften legte. Ein wenig zur Seite, damit die Hakenleiste eine Linie von Lias Bauchnabel bis unter die Mitte ihrer Brüste zog. Langsam, gewissenhaft. Genießend. »Bis ganz zum Schluss.«

      »Ja«, wiederholte Lia. Noch leiser.

      Der Mann entfernte sich nicht mehr als einen Schritt von Lias Körper. Betrachtete sie, wie sie da stand. Still und unfertig wartend. Ein ungeschliffener Diamant. Eine ungeschnürte Schönheit. Er legte seine Hände sanft auf ihre Schultern, ließ sie einen Moment dort schwer ruhen. Spürte, wie Lia langsam atmete.

      Unten auf der Straße fuhr ein Schneepflug. Seine orangefarbenen Rundumleuchten zeichneten kurzlebige Bilder an umliegende Hauswände und das Glas der Bushaltestelle. Langsam bewegte er sich, als wolle er sich am Bürgersteig entlang tasten. Was er beiseite schob, blieb hinter ihm wulstig wie eine kleine Narbe längs der Straße liegen.

      Der Mann ließ seine Hände von den Schultern an Lias Seiten herabgleiten. Fühlte dabei über das Leder des Korsetts. Nahm sie einen Moment in den Arm. Es würde nicht leicht werden für sie.

      Er griff die beiden Enden der Schnüre und begann sein Werk. Zog aus der Mitte heraus, was sich locker ziehen ließ. Nicht viel, aber so weit, dass die Schnüre nicht mehr lose lagen. Dann begann er, langsam und gleichmäßig Schlaufen zu ziehen. Von oben her. Von unten her. Zentimeter um Zentimeter raubte er Schnur, entführte sie aus der Mitte der Ösen, begann wieder von vorn.

      Lia stand still. Atmete noch immer gleichmäßig. Ließ es geschehen. Sie hatte die Augen geschlossen und war längst in sich versunken, nicht mehr in dieser Welt, in der man sie hätte am Fenster stehen sehen können. Sie erwartete das, was sie geben wollte, und sie war vorbereitet darauf, dass es schwer fallen könnte. Denn sie hatte dieses Korsett noch nie so getragen. Nicht für ihn, nicht geschnürt.

      Der Mann hielt inne, behielt aber die Enden der Schnüre in der Hand. Hielt sie auf Zug. Es gab keinen Weg zurück. Er trat näher an Lia, schmiegte sich von hinten an sie. Wartete einen Moment. Lauschte. Verinnerlichte, dass Lia noch ebenso sanft vor ihm stand, wie sie es bislang getan hatte.

      Der Schneepflug war verschwunden. An der Haltestelle sammelten sich mehr und mehr Menschen. Hände in den Taschen vergraben, dann und wann einen Schritt vor und wieder zurück tretend. Wartend.

      Der Mann hauchte liebevoll einen Kuss auf die Schließe des Halsbandes in Lias Nacken. Er liebte diese Stelle auf ihrer Haut, denn er empfand sie als ihre verwundbarste. Dort, wo er sie immer wieder gefangen nahm. Gefangenen nehmen durfte.

      Lia atmete aus. Langsam und gleichmäßig. Ihr Atem war jetzt die einzige hörbare Verbindung zwischen ihr und ihm.

      Dann entließ der Mann sie aus seinem Körperkontakt. Er begann von Neuem. Zog kleine Schlaufen, immer wieder, zwängte sie zur Mitte hin, raubte sie dort heraus. Das Leder schloss sich immer enger um Lias Körper, umgriff ihre Taille, forderte Form. Er bemerkte, dass Lia zunehmend ihr Körpergewicht gegen das Fenster lehnen musste, um dem Zug an den Schnüren in ihrem Rücken zu begegnen. Sie stand nicht mehr unbeweglich, denn er bewegte sie mit jedem Zentimeter Schnur, den er den Ösen abzwängte. Jede gezogene Schlaufe zog auch ihren Körper, und immer wieder sank Lia nach einem solchen Ruck wieder nach vorne. Erneut beraubt um einen Teil Umfang. Dafür bereichert um ein Stück Stolz, noch immer hier zu stehen.

      Als Lia wieder die Stirn gegen das Fensterglas drückte, hielt er erneut inne. Griff mit einer Faust die Schnüre direkt an den Ösen, damit sie sich nicht zurückziehen konnten. Seitwärts trat er neben Lia, sah in ihr Gesicht.

      Lia hatte die Augen geschlossen. Ihre Zähne bissen auf die Unterlippe. Leicht war es längst nicht mehr. Aber sie atmete noch immer gleichmäßig. Leise sog sie durch die Nase Luft ein, soweit es die Enge um sie erlaubte, langsam strömte die Atemluft wieder aus. Der Mann beobachtete es eine Weile, ließ sie nicht aus den Augen. Mit dem Zeigefinger strich er ihr über die Wange, um die Haut warm und trocken zu fühlen.

      Lia nickte. So leicht, dass dabei die Haut ihrer Stirn am Glas haften blieb. Dass sich ihr Kopf nur Millimeter bewegte. Er aber sah es.

      Er trat wieder hinter sie. Langsam. Wartete noch einen Moment. Und dann zog er richtig. Hakte die Finger in die wenigen Zentimeter Schnur zwischen den Kanten des Korsetts. Drehte die Hand, zog dabei die Schnur über den Zeigefinger, so stark, dass sie sich in seine Haut biss. Ließ keinem Zentimeter eine Chance, durch die Ösen wieder zurückzugleiten. Legte seinen Unterarm auf Lias Rücken, um sie von sich wegzudrücken, während er das Korsett Millimeter für Millimeter schloss.

      Lia rutschte mit den Handinnenflächen auf dem Fensterglas ein wenig nach unten, um stabiler stehen zu können. Denn sie wurde Spielball des kräftigen Ziehens und Drückens in ihrem Rücken. Hatte ihren Körper nicht mehr unter Kontrolle. Gleichzeitig mühte sie sich, zu atmen. Immer dann, wenn der Zug kurz nachließ, wenn der Mann in ihrem Rücken die Finger zwischen die Schnüre legte, um dort nachzuziehen. Ihr Atemrhythmus lief im Gleichklang mit Ziehen und Nachfassen. Und doch wurde es mit jedem Zug schwerer.

      Der Mann hinter ihr wartete. Lauschte. Nach ihr. »Atme kräftig aus«, sagte er schließlich, und Lia bemerkte, dass seine Stimme belegt war. Lust. Sie ahnte, welchen Anblick ihr geschnürter Körper für ihn bieten musste. Sie wusste aber auch, dass schon der Weg dorthin für ihn erregend war. Beides wollte sie ihm schenken. Sie öffnete daher den Mund und atmete aus, bis sie meinte, keine Luft mehr in den Lungen zu haben. Und sie ballte die Hände zu Fäusten, denn sie wusste, was nun kam.

      Mit einem kräftigen Ruck zerrte er an den Schnüren in der Mitte, zog sie so fest an, dass sich das Korsett um ihren Körper legte wie ein fester Panzer. Hörte nicht auf, zog weiter, drückte sein Knie gegen ihren Hintern. Fasste kurz nach und forderte noch mehr. Lia hatte große Mühe, sich auf den Beinen zu halten, aber er hatte sie zwischen sich und dem großen Fenster eingeklemmt.

      Ihr verlangte nach Luft und sie öffnete weit den Mund, drehte den Kopf zur Seite, versuchte zu atmen. Aber ihr Körper war fest umschlossen und eingeengt von Leder. Nur einen Hauch sog sie ein, mehr war nicht möglich. Sie riss die Augen auf. Mühte sich, keine Panik zu bekommen, schließlich hatte sie doch gewusst, dass es nicht leicht werden würde. Ihr musste genügen, was sie bekommen konnte, und so versuchte sie es Hauch um Hauch. Beschränkte sich. Für ihn.

      Der Mann hielt die Schnüre in ihrem Rücken unnachgiebig. Aber er war wieder an ihrer Seite, beobachtete sie. Verfolgte den schnellen Rhythmus ihres flachen Atems. Entdeckte Schweiß auf ihrer Stirn. Fühlte, dass ihre Wangen nicht mehr ganz so warm waren wie vorhin. Sah ihr in die Augen. Bemerkte, dass sie ihn ebenso ansah. Nicht durch ihn hindurch, sondern mit festem Blick. Das war wichtig.

      Lia wusste, dass er nicht aufhören würde, solange er die Schnüre in seiner Hand hielt. Es war noch nicht vorbei. Als sie glaubte, ihre flache Atmung im Griff zu haben, wollte sie ihm auch noch den Rest von ihr schenken. Sie nickte.

      Der Mann nickte zurück. Er trat hinter sie, schob sein Knie an ihren Hintern, nahm die Schnüre wieder in beide Hände.

      Lia sah, dass unten auf der Straße ein Bus hielt und die an der Haltestelle wartenden Menschen einsammelte. Eine Frau in einem grauen Mantel sah vor dem Einsteigen zu ihr nach oben. Da schloss Lia die Augen und lehnte die Stirn wieder gegen das Glas.

      »Atme aus.«

      Lia atmete aus.

      Es war ein Ruck, der ihrem Körper die letzten Millimeter abzwängte. Die Schnüre im Rücken knarrten, das Knie des Mannes zwängte sie gegen die Glasscheibe und sie hatte das Gefühl, auf jeder Stelle ihrer Haut eine tonnenschwere Last zu ertragen. Sie stöhnte laut auf, nicht vor Schmerz, sondern weil das

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