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ihm der Parzen Faden riß,

      Erd' und Himmel seinem Blick entsanken,

      Floh er ängstlich vor dem Grabgedanken –

      Ach, die Welt ist Sterbenden so süß!

      Stumm und taub ist's in dem engen Hause,

      Tief der Schlummer der Begrabenen;

      Bruder! ach, in ewig tiefer Pause

      Feiern alle deine Hoffnungen;

      Oft erwärmt die Sonne deinen Hügel,

      Ihre Gluth empfindest du nicht mehr;

      Seine Blumen wiegt des Westwinds Flügel,

      Sein Gelispel hörest du nicht mehr;

      Liebe wird dein Auge nie vergolden,

      Nie umhalsen deine Braut wirst du,

      Nie, wenn unsre Thränen stromweis rollten, –

      Ewig, ewig sinkt dein Auge zu.

      Aber wohl dir! – köstlich ist dein Schlummer,

      Ruhig schläft sich's in dem engen Haus;

      Mit der Freude stirbt hier auch der Kummer,

      Röcheln auch der Menschen Qualen aus.

      Über dir mag die Verleumdung geifern,

      Die Verführung ihre Gifte spei'n,

      Über dich der Pharisäer eifern,

      Fromme Mordsucht dich der Hölle weihn,

      Gauner durch Apostel-Masken schielen,

      Und die Bastardtochter der Gerechtigkeit

      Wie mit Würfeln so mit Menschen spielen,

      Und so fort, bis hin zur Ewigkeit.

      Über dir mag auch Fortuna gaukeln,

      Blind herum nach ihren Buhlen spähn,

      Menschen bald auf schwanken Thronen schaukeln,

      Bald herum in wüsten Pfützen drehn;

      Wohl dir, wohl in deiner schmalen Zelle!

      Diesem komischtragischen Gewühl,

      Dieser ungestümen Glückeswelle,

      Diesem possenhaften Lottospiel,

      Diesem faulen fleißigen Gewimmel,

      Dieser arbeitsvollen Ruh,

      Bruder! – diesem teufelvollen Himmel

      Schloß dein Auge sich auf ewig zu.

      Fahr denn wohl, du Trauter unsrer Seele,

      Eingewiegt von unsern Segnungen!

      Schlummre ruhig in der Grabeshöhle,

      Schlummre ruhig bis auf Wiedersehn!

      Bis auf diesen leichenvollen Hügeln

      Die allmächtige Posaune klingt,

      Und nach aufgerißnen Todesriegeln

      Gottes Sturmwind diese Leichen in Bewegung schwingt –

      Bis, befruchtet von Jehovahs Hauche,

      Gräber kreißen – auf sein mächtig Dräun

      In zerschmelzender Planeten Rauche

      Ihren Raub die Grüfte wiederkäun. –

      Nicht in Welten, wie die Weisen träumen,

      Auch nicht in des Pöbels Paradies,

      Nicht in Himmeln, wie die Dichter reimen, –

      Aber wir ereilen dich gewiß.

      Daß es wahr sei, was den Pilger freute?

      Daß noch jenseits ein Gedanke sei?

      Daß die Tugend übers Grab geleite?

      Daß es mehr denn eitle Phantasei? – –

      Schon enthüllt sind dir die Räthsel alle!

      Wahrheit schlürft dein hochentzückter Geist,

      Wahrheit, die in tausendfachem Strahle

      Von des großen Vaters Kelche fleußt. –

      Zieht denn hin, ihr schwarzen, stummen Träger!

      Tischt auch Den dem großen Würger auf!

      Höret auf, geheulergoßne Kläger!

      Thürmet auf ihm Staub auf Staub zu Hauf!

      Wo der Mensch, der Gottes Rathschluß prüfte?

      Wo das Aug', den Abgrund durchzuschaun?

      Heilig, heilig, heilig bist du, Gott der Grüfte!

      Wir verehren dich mit Graun!

      Erde mag zurück in Erde stäuben,

      Fliegt der Geist doch aus dem morschen Haus!

      Seine Asche mag der Sturmwind treiben,

      Seine Liebe dauert ewig aus.

      Die zwei Tugendwege

      Zwei sind der Wege, auf welchen der Mensch zur Tugend emporstrebt:

      Schließt sich der eine dir zu, thut sich der andre dir auf.

      Handelnd erringt der Glückliche sie, der Leidende duldend.

      Wohl ihm, den sein Geschick liebend auf beiden geführt!

      Die schwere Verbindung

      Warum will sich Geschmack und Genie so selten vereinen?

      Jener fürchtet die Kraft, dieses verachtet den Zaum.

      In das Folio-Stammbuch

      eines Kunstfreundes

      Die Weisheit wohnte sonst auf großen Foliobogen,

      Der Freundschaft war ein Taschenbuch bestimmt;

      Jetzt, da die Wissenschaft ins Kleinre sich gezogen

      Und leicht, wie Kork, in Almanachen schwimmt,

      Hast du, ein hochbeherzter Mann,

      Dies ungeheure Haus den Freunden aufgethan.

      Wie, fürchtest du denn nicht, ich muß dich ernstlich fragen,

      An so viel Freunden allzuschwer zu tragen?

      An *

      Theile mir mit, was du weißt; ich werd' es dankbar empfangen.

      Aber du gibst mir dich selbst; damit verschone mich, Freund!

      Der Jüngling am Bache

      An der Quelle saß der Knabe,

      Blumen wand er sich zum Kranz,

      Und er sah sie fortgerissen,

      Treiben in der Wellen Tanz.

      Und so fliehen meine Tage,

      Wie die Quelle, rastlos hin!

      Und so bleichet meine Jugend,

      Wie die Kränze schnell verblühn!

      Fraget nicht, warum ich traure

      In des Lebens Blüthezeit!

      Alles freuet sich und hoffet,

      Wenn der Frühling sich erneut.

      Aber diese tausend Stimmen

      Der erwachenden Natur

      Wecken in dem tiefen Busen

      Mir den schweren Kummer nur.

      Was soll mir die Freude frommen,

      Die der schöne Lenz mir beut?

      Eine nur ist's, die ich suche,

      Sie ist nah' und ewig weit.

      Sehnend

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