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des Glases hatten sich Wassertröpfchen gebildet. »Der Alkohol hat sich seines Körpers bemächtigt, Zawahiri, aber nicht seines Geistes. Russlands Verlust wird nun unser Gewinn sein.«

      »Dann haben Sie Ihre Sache gut gemacht, Ghazi. Allah blickt wirklich wohlwollend auf Sie herab.«

      »Ja, ich bin gesegnet.«

      »Erzählen Sie mir schnell, wie es weitergehen wird, und verlieren Sie danach kein weiteres Wort darüber.«

      »Der gute Doktor wird morgen hier landen und in einem Safehouse am nördlichen Ende der Stadt untergebracht werden, wo er sich ausruhen kann. Am darauffolgenden Morgen werden wir ihn in unser Basiscamp in den Elburs bringen.«

      Damit bezog er sich auf ein Hochgebirge im nördlichen Teil des Iran, welches sich von den Grenzen Aserbaidschans und Armeniens im Nordwesten bis zum Kaspischen Meer im Süden erstreckte. Im Osten reichte es sogar bis an Afghanistan heran, und sein 5604 Meter hoher Berg Damāvand gilt als der höchste Gipfel des Mittleren Ostens.

      Dieses Gebirge war ähnlich wie in Afghanistan mit unzähligen Höhlen durchsetzt. Doch anders als in Afghanistan wurde diese Region von Präsident Hassan Rouhanis Truppen stark bewacht, seit der Landstrich unter die Territorialherrschaft des Iran gefallen war. Dort unbemerkt hineinzugelangen war schwierig. Den genauen Aufenthaltsort ihres Labors ausfindig zu machen, beinahe unmöglich. Soweit es Ghazi betraf, wähnte dieser sich unantastbar.

      »Und wie ich annehme, sind Sie für alles bereit?«, erkundigte sich Zawahiri.

      »Beinahe. Die Einrichtung befindet sich tief im Inneren des Damāvand. Präsident Rouhani war so liebenswürdig, dort eines der modernsten Labors zu errichten, das von Energiezellen gespeist wird.«

      »Mir scheint, als würde Rouhani mit seinem Nuklearprogramm noch andere Einsatzgebiete im Auge haben als nur die Energiegewinnung, wie er immer wieder vorgibt. Ich bin sicher, dass er nicht nur aus reiner Herzensgüte mit Ihnen zusammenarbeitet.«

      »Natürlich nicht. Aber seine Forderung ist recht einfach«, erklärte Ghazi. »Als Gegenleistung dafür, dass wir sein Labor benutzen und uns seines anhaltenden Schutzes versichern können, bittet er darum, dass seinen Wissenschaftlern Zugang zu allen Daten, Sakharovs Nanotechnologie betreffend, gestattet wird.«

      Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. Dann fragte Zawahiri: »Haben wir keine andere Wahl?«

      »Die Forschungseinrichtung ist gut bewacht, Zawahiri. Und nur der gute Doktor weiß mit den Geräten dort umzugehen. Selbst mit meiner Schulbildung habe ich keine Ahnung, wofür das alles gut ist. Das ist wirklich die allerneuste Technik, und sie wird uns helfen, unser Ziel zu erreichen und den Sieg über die Ungläubigen zu erringen, damit Allah über alles herrschen kann.«

      »Ich mag ja an Sie glauben, Ghazi, und vielleicht auch an Dr. Sakharov, aber ich traue Rouhani nicht. Ich fürchte, wenn alles bereits ist, wird er es für sich selbst beanspruchen.«

      »Dagegen werden wir uns absichern«, versprach Ghazi trocken.

      »Und wie?«

      »Sollte Präsident Rouhani seinen Teil der Abmachung brechen, werde ich dafür sorgen, dass die Daten Schaden nehmen und sich die ganze Operation als nutzlos erweist.«

      »Ich verstehe.«

      »Es gibt für alles eine Lösung«, sagte er. »Ich überwache alle Daten, damit ein Labor in Pakistan die Gelegenheit bekommt, unsere Fortschritte unter dem Damāvand nachzustellen. Wenn Rouhani wortbrüchig werden sollte, bleiben uns zumindest alle nötigen Informationen, um die Technologie zu replizieren.«

      »Sie haben Ihre Möglichkeiten gut abgewogen«, sagte Zawahiri. »Beeindruckend.«

      »Ich bin ein Soldat in der Armee Allahs. Ich plane jede Eventualität voraus.«

      »Und was ist mit der Bundeslade?«

      »Sie befindet sich in der Einrichtung unter dem Damāvand in Sicherheit«, antwortete Ghazi. »Wenn das Nano-Projekt beendet ist, wird die Lade zum Einsatz kommen.«

      Auch wenn Ghazi Zawahiri nicht sehen konnte, wusste er, dass er in diesem Moment zufrieden dreinblickte.

      »Allahu Akbar«, sagte Zawahiri schließlich.

      Ghazi nickte und lächelte. »Allahu Akbar.«

      Dann war das Gespräch unterbrochen.

      Ghazi fischte die SIM-Karte aus seinem Handy, zerbrach sie, lehnte sich zurück und beobachtete bei seinem Sharbat weiter die Bewohner Teherans bei ihrem täglichen Treiben.

      Kapitel 9

       Vatikanstadt, Domus Sanctæ Marthæ

      Am Rande der Vatikanstadt, aber in der Nähe des Petersdoms, befindet sich das Domus Sanctæ Marthæ, das Gästehaus, wo die Kardinäle während des Konklaves zur Wahl eines neuen Papstes untergebracht sind.

      Drei Tage nach seiner Ankunft bezog Kardinal Bonasero Vessucci darin ein Zimmer, von dem aus man den Petersdom sehen konnte.

      Wieder zurück in Vatikanstadt zu sein war für ihn etwas Besonderes. Dem Petersplatz haftete eine Einzigartigkeit an, wie man sie nirgends sonst auf der Welt fand. Oder zumindest empfand er es auf diese Weise.

      In den Tagen nach seiner Ankunft begann die Arbeit der Suche nach einem neuen Nachfolger. Die verschiedenen Lager fanden sich zusammen und diskutierten, wer am besten für die Führungsrolle geeignet sei und ob die in den Raum geworfenen Namen in ihrer Weltanschauung eher konservativ oder liberal einzuordnen waren. Wie schon beim letzten Mal kletterte Kardinal Vessuccis Name unter den führenden Kandidaten wieder schnell nach oben, zusammen mit Kardinal Giuseppe Angullo, dessen Lager bereits den verstorbenen Papst Gregor bei der letzten Wahl vorgeschlagen hatte und gegen Vessucci nur ganz knapp verloren hatte, was zu seinem unmittelbaren Exil durch Gregor führte. Als Gegenleistung für Angullos Zugeständnis, am Ende Gregor das päpstliche Amt zu überlassen, versprach ihm Gregor Vessuccis früheres Amt als vatikanischer Präsident, die zweithöchste Position, die man im Vatikan begleiten konnte.

      Nun, nach weniger als einem Jahr als Präsident der Kirche, war Kardinal Angullo bereit, aufs Ganze zu gehen, auch wenn unter den Wahlmännern das Gerücht ging, dass bereits die ersten Mitglieder seines Lagers die Seiten gewechselt hatten. Die genauen Gründe hierfür wurden nicht genannt, aber seine Position war durch den Verlust wichtiger Gönner maßgeblich geschwächt worden.

      Trotzdem durfte das gegnerische Lager nicht unterschätzt werden, und Vessucci tat sein Möglichstes, so viele der abgewanderten Kardinäle wie möglich auf seine Seite zu bekommen.

      Vessuccis Kampagne nahm Fahrt auf.

      Am Ende des dritten Tages begab sich Bonasero Vessucci in die päpstlichen Gemächer. Der Eingang wurde von zwei Soldaten der Schweizer Garde bewacht, die ihre traditionellen Hellebarden bei sich trugen. Als der Kardinal die Türen erreichte, öffneten ihm die Wachleute diese in gebotener Höflichkeit und ließen ihn eintreten.

      Dann fielen die Türen beinahe lautlos hinter ihm ins Schloss.

      Der Raum war ungeheuer groß. Die schweren Vorhänge hingen reglos vor den Fenstern, als Vessucci das päpstliche Quartier durchquerte, welches nun weniger an eine heilige Stätte, sondern vielmehr an eine Grabkammer erinnerte.

      Er trat an die Schwelle des Balkons, von dem aus sich ein Blick über die Stadt in all ihrer Pracht öffnete. Der ägyptische Obelisk und die Kolonnaden lagen direkt vor ihm. Auf dem Platz tummelten sich tausende Besucher mit ihren Digitalkameras und dem typischen Auftreten von Touristen. Das Firmament über ihm hatte die perfekte rotgelbe Färbung eines Himmels angenommen, der sich der Dämmerung näherte.

      Mit schnellen Schritten näherte er sich der steinernen Brüstung und legte eine Hand darauf ab. Der Abstand bis hinunter auf den Platz erschien ihm ungewöhnlich groß. Es konnten nicht mehr als neun Meter sein, aber aus irgendeinem Grund kam es ihm beinahe doppelt so hoch vor.

      Er

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