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es damit zusammen, daß sie Jan van Dahlen kennengelernt hatte, den weltgewandten Journalisten, mit dem es sich gut plaudern ließ, ins Kino gehen, der ihr seine Liebe und Bewunderung eingestanden, aber ihr auch klargemacht hatte, daß es für Liebende keine Grenzen gab, keine noch so große Entfernung ein Hindernis war.

      Sie hatte seinem Charme – nun ja, bis auf die Küsse im Mondlicht unten am Fluß – widerstanden. Doch Jan hatte ihre Sichtweise verändert, und durch ihn ist ihr bewußt geworden, daß zwischen ihr und Thomas, den sie wirklich von ganzem Herzen liebte und den sie nicht verlieren wollte, etwas geschehen mußte.

      Lange Trennungen waren nicht gut. Und Worte, mochten sie noch so schön sein, reichten nicht aus.

      Bettina war froh, daß Jan aus beruflichen Gründen abgereist war, und seine Tante würde in Kürze Bad Helmbach auch verlassen. Damit war die Verbindung abgebrochen, und sie hatte sowohl seinen wunderschönen Brief als auch seine Visitenkarte entsorgt, und seine Rosen waren verwelkt.

      ›Denn was sich gleich ist, findet sich bald!‹ hatte er geschrieben.

      Doch da war Bettina sich absolut sicher. Diese wunderschönen Worte trafen nicht auf Jan und sie zu, sondern auf Thomas und sie.

      Auf ihn hoffte sie, auf seine Nähe, weil sie nur ihn liebte und nur für einen Augenblick, weil sie so einsam gewesen war, Jans Charme erlegen war. Sicherlich, wenn es Thomas nicht gäbe, dann wäre Jan schon ein Mann für mehr als nur eine Liaison.

      Aber es gab Thomas…

      Wegen Thomas war sie mehr als zehn Jahre unglücklich gewesen, hatte zu keinem anderen Mann eine Beziehung aufbauen können. Seinetwegen hatte sie auch die ganze Zeit über Fahrenbach gemieden, weil sie die Erinnerung an ihn nicht ertragen hätte.

      Als er erfahren hatte, daß ihre Liebe nur durch die Intrige ihrer Mutter auseinandergegangen war, hatte er sich in den nächsten Flieger gesetzt und war gekommen.

      Er hatte ihr so viele Liebesbeweise geliefert: Die roten Rosen, die aus dem Helikopter auf den Hof abgeworfen worden waren, das wunderschöne Armband, das sie immer trug, und in das die Worte LOVE FOREVER eingraviert worden waren. Ach, es gab so vieles, das durfte sie nicht vergessen, und sie durfte jetzt auch nicht ungeduldig werden. Sie hatte mehr als zehn Jahre ohne ihn gelebt, was machten dann ein paar Wochen oder vielleicht sogar Monate aus? Nichts!

      Und es war auch töricht gewesen, gleich zusammenzubrechen, nicht mehr ans Telefon zu gehen, nur weil er von ihrem spontanen Entschluß, ihn zu besuchen, nicht sofort begeistert gewesen war.

      Wenn sie realistisch war, dann mußte sie einsehen, daß es sie auch nicht glücklich gemacht hätte, womöglich stundenlang allein in seiner Wohnung auf ihn zu warten oder allein durch New York zu laufen.

      Das hatte er ihr ersparen wollen, und sie hatte reagiert wie ein dummes kleines Mädchen.

      Sie legte Lenis Telefon beiseite und griff nach ihrem Handy.

      Sie mußte Tom eine SMS schicken, und das, was sie da eintippte, dauerte nicht lange.«

      »Tom – ich liebe dich, Tini.«

      Zufrieden legte sie ihr Handy weg und stand auf, um Leni das Telefon zurückzubringen.

      *

      Den ganzen Tag über arbeitete Bettina zusammen mit Toni intensiv in der Destille. Jetzt hatte nur der große Auftrag für Finnmore eleven Priorität, denn das mußte klappen.

      Während Bettina sich um die Lieferscheinerstellung und Rechnungslegung für die einzelnen Filialen des Melzheimer Konzerns kümmerte, arbeitete Toni mit den angeheuerten Männern aus dem Dorf im Versand und stellte mit denen die Kommissionen zusammen.

      Da war an Privates nicht zu denken – weder an so etwas Schönes wie an Thomas noch an so etwas Trauriges wie ihren Neffen Linus, der, aus welchem Grund auch immer, einen Suizidversuch unternommen hatte, und sie dachte auch nicht an ihren Bruder Frieder, der ihr per Anwalt den Umgang mit seinem Sohn verboten hatte.

      Nach einem kurzen Mittagessen arbeiteten sie weiter, und erst nachmittags rief Bettina Toni in ihr Büro, um ihm die weiteren Versandunterlagen zu geben, aber auch, um mit ihm eine kleine Kaffeepause zu machen.

      »Wir kommen gut voran«, sagte sie zufrieden, »und werden auf jeden Fall vor dem fixierten Termin fertig sein. Das ist sehr beruhigend.«

      »Ja, mir ist auch wohler bei dem Gedanken, daß vor der Zeit alles fertig ist. Papa hat auch so gearbeitet. Er hat es gehaßt, unter Zeitdruck arbeiten zu müssen, was manchmal ja unumgänglich war. Da schleichen sich die meisten Fehler ein.«

      »Ja, der Chef hat immer für gut organisierte Abläufe gesorgt und Einhaltung von Zeitplänen. Aber das hast du ja Gott sei Dank von ihm geerbt. Du bist wie dein Vater, und darauf kannst du stolz sein.«

      »Bin ich auch, Toni, aber meine Geschwister werfen mir das vor, wie Papa zu sein, und finden das ganz gräßlich.«

      »Deine Geschwister? Laß uns über die nicht reden. Ich weiß nicht, was dein Vater bei denen falsch gemacht hat, daß sie so mißraten sind.«

      »Papa hat nichts falsch gemacht. Es ist einfach nur so, daß ich eine Fahrenbach bin und die drei eher meiner Mutter nachschlagen. Die war auch eher oberflächlich, sehr vergnügungssüchtig und egoistisch. Das hat sie ja am deutlichsten bewiesen, als sie Papa und uns Kinder Knall auf Fall verlassen hat, um diesen argentinischen Milliardär zu heiraten.«

      »Ja, das war wirklich nicht zu verstehen, einen Mann wie den Chef zu verlassen und auch euch. Die Fahrenbachs waren doch auch nicht arm, und der Chef hat ihr doch ein komfortables Leben geboten.«

      »Es war ihr aber nicht genug. Papa war ja auch niemand, der sich im Glanz der Öffentlichkeit sonnte. Er liebte ein zurückgezogenes Leben im Kreis seiner Familie. Das war meiner Mutter nicht genug, und es reichte ihr auch nicht, daß sie das Geld zum Fenster hinauswerfen konnte. Ihr Glanz ging ja nicht über unsere Stadtgrenzen hinaus. Jetzt findest du ihr Bild in allen Klatschzeitschriften. Carla Aranchez de Moreira hört sich doch ganz anders an als Carla Fahrenbach.«

      »Steht ihr eigentlich noch in Verbindung?«

      Bettina schüttelte den Kopf.

      »Nein. Wenn ich etwas über meine Mutter erfahren will, muß ich mir so ein Hochglanzheft kaufen.«

      »Tut das nicht weh?«

      Wieder ein Kopfschütteln.

      »Nicht mehr. Aber es hat weh getan. Doch meinem Vater vermutlich noch mehr als mir. Ich war irgendwo immer eher ein Papa-Kind, weil meine Mutter es mich immer deutlich hat spüren lassen, wie gräßlich sie es fand, daß ich nicht nur charakterlich, sondern auch vom Äußeren her eine Fahrenbach war. Ich denke, neben meinem Vater hat Frieder am meisten gelitten, denn er war ihr ausgesprochener Liebling. Und ich glaube, deswegen fährt er auch immer auf Frauen ab, die irgendwo Ähnlichkeit mit meiner Mutter haben – immer gestylt, immer nach der neuesten Mode gekleidet, oberflächlich. Aber komm, laß uns nicht länger darüber reden. Das ist wirklich ein Thema, das ich längst abgehakt habe.«

      »Entschuldigung, Bettina, ich wollte nicht in deiner Vergangenheit graben, es hat sich einfach so ergeben. Was auch überhaupt nicht mein Naturell ist, anderer Leute Dinge auszugraben.«

      »Toni, mach dir deswegen keinen Kopf. Also, Themenwechsel. Morgen kommen ja Merit und Niels. Hast du dir schon überlegt, was du mit dem Jungen machen willst, denn er wird ja wieder wie eine Klette an dir kleben. Tischlerarbeiten liegen nicht an, die Niels total begeistert haben, und wie es in der Destille abläuft, das hast du ihm ja auch schon erklärt.«

      Toni trank einen Schluck seines Kaffees.

      »Tja, diesmal werde ich mich wohl nicht so viel um ihn kümmern können. Wir haben Arbeit. Arno muß sich seiner annehmen.«

      »Aber du bist sein Star, Toni«, erinnerte Bettina ihn, »er ist auf dich fixiert und freut sich bestimmt schon sehr. Ich habe eine Idee. Wir arbeiten gleich zügig durch bis heute Abend… zum Anpfiff eures Fußballspiels, und morgen können wir auch zeitig anfangen,

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