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es nicht richtig fassen, daß du mich liebst.«

      Da nimmt er sie abermals in seine Arme und küßt ihr die letzten Zweifel von den sich willig öffnenden Lippen.

      *

      »Magda!« Doktor Müllers Stimme klingt weich und zärtlich.

      Sie hat einen schweren Traum gehabt, schwer und bedrückend, und sie kann sich nicht gleich in der Wirklichkeit zurechtfinden.

      »Magda«, spricht die bekannte Stimme auf sie ein, und sie lauscht ihr mit einem plötzlichen Hämmern des Herzens. »Alles ist vorbei, hörst du mich? Professor Becker weiß – alles – und er verzeiht alles. Du darfst dich wieder deines Lebens freuen. Ich werde dir dabei helfen. Willst du?«

      Ihre Augen bleiben an seinem Mund haften. Alles hat sie verstanden. Sie kann es kaum begreifen. Aber merkwürdig, ihm glaubt sie jedes Wort.

      »Es gibt keinen bösen Alpdruck mehr, Magda.« Er nimmt ihre kalte Hand auf, haucht warm darüber hin und hält sie dann fest. »Ich habe dir schon einmal gesagt, ich bin dir ein treuer Freund. Ich möchte dir aber viel mehr sein. Ich liebe dich, Magda.«

      Magda, das gehetzte Menschenkind, das den einzigen Ausweg darin suchte, seinem Leben ein Ende zu setzen, ist bis tief ins Herz aufgewühlt.

      »Sag doch ein Wort, Magda«, bettelt der Mann neben ihr förmlich.

      Der Schatten eines Lächelns überzieht ihr Gesicht. »Professor Becker weiß alles? Und Freytag? Was ist mit ihm?« ringt sie sich die Fragen ab, die sie noch quälen.

      »Alles ist gut, Magda. Martin Freytag wird gesund werden, dafür sorgt der Professor. Schwester Anita wird ihm treulich zur Seite stehen. Ist nun alles geklärt?«

      Sie versucht, sich aufzurichten, und liebevoll unterstützt er sie dabei.

      »Ich verdiene gar nicht ein so treues Herz, wie das deine«, klagt sie sich an, ängstlich seinen Blick suchend. Aber daraus liest sie keinen Vorwurf, nur Liebe, selbstlose Liebe. Da schmiegt sie sich an ihn. »Wenn du mich haben willst.«

      Weiter kommt sie nicht. Er drückt sie fest an sich, als wolle er sie nie wieder freigeben, und zum ersten Male empfindet sie bei dem aufsteigenden Glücksgefühl auch Geborgenheit und Zuverlässigkeit.

      *

      »Was machen Sie denn hier?«

      Anita reißt es beinahe herum.

      Eine schlanke, blonde Frau steht in der Tür und kommt langsam näher.

      Anita schlägt das Schreibtischfach zu und verbirgt den Gegenstand ihres Suchens hinter ihrem Rücken. »Ich – ich habe im Auftrag Ihres Bruders etwas gesucht«, stößt sie trotzig hervor.

      Die Frau sieht mit einem höhnischen Lächeln auf sie hinab, daß sie in wilde Wut gerät. Sie ist ja die Frau, die mitgeholfen hat, daß Martin in diese furchtbare Lage geriet.

      »Lassen Sie mich ungehindert gehen. Was ich hier gesucht habe, geht nur mich und ihren Bruder etwas an.«

      »Aber mich geht es etwas an«, mischt sich von der Tür her eine Stimme ein, bei deren Klang Anita alle Kräfte verlassen. Aufstöhnend sinkt sie in den Sessel vor dem Schreibtisch.

      »Mit dir rede ich später«, wendet Professor Becker sich an Christiana Stücker und öffnet ihr mit einer höflichen, aber kalten Bewegung die Tür. »Jetzt habe ich mit Schwester Anita zu reden. Und das geht mich sehr viel an.«

      Wortlos macht Christiana kehrt. Sie ist ganz benommen und sucht grübelnd ihr Wohnzimmer auf, wo sie auf Becker wartet.

      »Und nun zeigen Sie mir einmal, was Sie hier gesucht haben«, beginnt der Professor das Verhör mit Anita, die vor Angst und Schreck todblaß und steif in dem Sessel sitzt.

      Sie läßt sich willig aus der Hand nehmen, was sie vor Christiana verborgen halten wollte.

      »Das Röntgenbild«, kommt es verblüfft nach wenigen Minuten von Bekkers Lippen. Über den Rand seiner Brille blickt er auf das Häufchen Elend, so kommt ihm die kleine Person in ihrem augenblicklichen Zustand vor.

      »Ich – ich wollte es vernichten«, preßt Anita mit Kraftanstrengung hervor. »Martin wird auch so genug zu leiden haben. Und dem Mann war ja sowieso nicht mehr zu helfen.«

      Anita gegenüber läßt der Professor sich nieder. Das Bild hält er auf seinem Schoß. »So, Martin wird genug leiden, und dem Mann, ich nehme an, daß Sie Stücker meinen, war nicht mehr zu helfen? Eine eigenartige Auffassung haben Sie, Schwester Anita.«

      »Herr Professor«, leidenschaftlich kommt es über Anitas Lippen. »Martin ist doch ein kranker Mensch und für sein Handeln nicht voll verantwort-lich. Kranken muß man aber helfen, Herr Professor. Sie selbst sind ein leuchtendes Beispiel für diese Auffassung.«

      Er schüttelt den Kopf. »Merkwürdig ist das.« Beinahe sagt er es zu sich selbst. »Da lassen sich die Frauen quälen, schweigen aus Liebe und begehen Dinge.«

      »… aus Liebe, Herr Professor«, unterbricht sie ihn leise, fest entschlossen, für ihre Liebe zu kämpfen.

      Wie ein Wunder schaut er sie an. »Und Sie verlangen allen Ernstes, ich soll aus Liebe zu allem still schweigen?« Er drängt sie in die Enge, denn er ist längst entschlossen, ihr und Martin zu verzeihen.

      »Dann – dann wären Sie auch als Mensch ganz groß«, kommt es ohne Besinnen von ihr.

      »Hm! Hm!« macht er und dann zwingt er sich zur Strenge. »Nehmen Sie es an sich, das Bild, und lassen Sie es verschwinden. Und dann machen Sie, daß Sie so schnell wie möglich ins Krankenhaus kommen. Dort wartet ein Patient auf Sie. Ich glaube«, und jetzt zwinkert er ihr sogar ein wenig zu, »aus Liebe!«

      »Herr Professor!« In ihrer übergroßen Freude wäre sie ihm am liebsten temperamentvoll um den Hals gefallen. »Ich danke Ihnen. Oh, wie sehr ich Ihnen danke!«

      Sie stürmt zur Tür, überlegt kurz und kehrt wieder zurück.

      Freimütig reicht sie dem Professor das Röntgenbild. »Vernichten Sie es selbst, Herr Professor, bitte.«

      Er nimmt es lächelnd entgegen, drückt ihre kleine Hand und sagt: »Mit Ihnen und Martin habe ich später noch ein Wörtchen zu reden.«

      Sofort tritt der angstvolle Ausdruck wieder in ihre Augen.

      »Keine Bange, ich fresse weder Sie noch Martin auf. Daß ich so milde gestimmt bin, haben Sie lediglich Doktor Sybilla Sanders zu verdanken. Und nun, marsch ins Krankenhaus.«

      Anita fliegt förmlich davon. Lächelnd sieht er hinter der zierlichen Person her. Komisch, in den zartesten Frauen scheint meistens ein ungeheurer Wille zu leben.

      Nun geht er hinüber in das Wohnzimmer zu Christiana Stücker.

      »Nimm Platz, Onkel Becker«, sagt sie, nachdem sie sich mit leichtem Händedruck begrüßt haben.

      »Kannst du ein Röntgenbild lesen?« beginnt er, sofort auf sein Ziel lossteuernd.

      Sie schüttelt den Kopf.

      »Nicht?« Sachlich spricht er weiter, beinahe so, als gehe ihn die ganze Angelegenheit nichts an. Aber er fühlt ihren mit Spannung geladenen Blick voll auf sich ruhen.

      »Du brauchst Doktor Romberg nicht mehr zu erpressen –«

      »Onkel Becker«, unterbricht sie ihn empört.

      Ungeachtet ihres Einwurfes redet er weiter. »Das Röntgenbild hat Martin entwendet. Doktor Romberg hätte übrigens mit und auch ohne dieses Bild deinen Mann nicht mehr retten können. Ich auch nicht. Das wollte ich dir nur sagen. Ich würde dir dringend raten, eine Zeitlang zu verreisen. Ich glaube, du bist mit deinen Nerven am Ende und ein Doktor Romberg ist sowieso nicht erreichbar für dich. Hast du mich verstanden, Christiana?«

      Sie kommt sich gemaßregelt vor wie ein Schulkind. »Bisher habe ich noch immer getan, was ich wollte. Warum soll das auf einmal anders sein?« Sie bebt vor mühsam zurückgedrängter Wut.

      »Dann

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