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beiden Herren haben auf sie gewartet.

      Prüfend ruht Martens’ Blick auf Amelies süßem Gesicht. Es liegt etwas Hilfloses, Einsames über ihr. Sie nippt nur an ihrem Kaffee. Essen kann sie keinen Bissen, so viel Martens sie auch drängt. Seinen Blicken weicht sie aus. Sie würde in Tränen ausbrechen, wenn sie ihn anschaut.

      Und dann stehen sie auf dem Flugplatz. Kelly hat sich schon verabschiedet. Amelie und Matthias stehen etwas abseits.

      Sein Gesicht verzieht sich zu einem verunglückten Lächeln, als er ihr die Hand reicht.

      »Dann – leb wohl, Amelie«, sagt er mit belegter Stimme. »Vergiß deinen alten Onkel nicht ganz, hörst du?«

      »Ganz gewiß nicht.« Es ist nur ein Flüstern. Sie steht wie angewachsen, und Martens drängt: »Du mußt gehen, Amelie, sonst fliegt die Maschine ohne dich ab.«

      Ich will ja gar nicht fort von dir, möchte sie aufschreien. Aber wie abgezirkelt geht sie, Schritt um Schritt, erreicht die Gangway und umklammert das Geländer. Hemmungslos fließen ihr die Tränen über die Wangen.

      Plötzlich reißt sie sich mit einen Ruck los und eilt zu Martens zurück, der wie verlassen, den Hut in der Hand, auf demselben Platz steht, wo sie sich verabschiedet haben.

      »Matthias!« Schluchzend wirft sie die Arme um seinen Hals. »Ich kann nicht so von dir gehen. Ich muß es dir sagen. Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr. Vergiß mich nicht, bitte, vergiß mich nicht!«

      Das Wunder ist geschehen. Amelie liebt ihn! Er legt beide Arme um sie und preßt sie fest an sich. Ihre Lippen finden sich zu einem Kuß, der kein Ende nehmen will.

      Amelie reißt sich gewaltsam los und stürzt davon. Martens bleibt zurück, todtraurig, Verzweiflung im Herzen.

      Er wartet, bis die Maschine sich vom Boden erhebt und ihre Kreise in der Luft zieht, bis sie am Horizont verschwunden ist.

      Sein Gesicht ist noch naß von Amelies Tränen. Er wischt sie fort und denkt trotzdem voller Glück: Einmal habe ich sie küssen dürfen. Warum habe ich ihr nicht gesagt, daß auch ich sie liebe?

      Nun hat sie gar keinen Trost, gar nichts, woran sie sich klammern kann, nur ihre Arbeit.

      Er kehrt müde und abgespannt ins Hotel zurück. Jetzt die Heimreise anzutreten, würde über seine Kräfte gehen. Er will noch einmal alle Plätze aufsuchen, die er gemeinsam mit Amelie besichtigt hat.

      Aber er bleibt doch in seinem Hotelzimmer, liegt auf dem Bett und grübelt und grübelt.

      Alles ist ihm gleichgültig geworden, alles. Nur Amelie ist wichtig. Er sieht ihr schönes, tränenüberströmtes Gesicht noch vor sich und möchte selbst weinen.

      Vielleicht ist jene Liebe die größte und stärkste, die keine Erfüllung findet, denkt er, und der Jammer schüttelt ihn.

      *

      Die Zeit, während der Amelie mit dem Professor in Paris weilt, verbringt Dr. Berthold meist mit Manila Rietberg. Er weiß selbst nicht, wie es gekommen ist. Auf einmal stand sie im Flur vor Martens’ Zimmer, und er ging zufällig vorüber.

      Dann hat sie ihn in ein Gespräch verwickelt, hat geklagt, wie allein sie sei, und ihn für den Abend eingeladen.

      Berthold ist dieser Einladung nur zu willig gefolgt. Er findet beim näheren Kennenlernen Manila gar nicht sie entsetzlich wie damals, als sie als Patientin das ganze Krankenhaus auf den Kopf stellen wollte.

      Sie ist reizvoll, apart, tausend Teufelchen sprühen aus ihren Augen. Jedenfalls langweilt er sich nicht in ihrer Gesellschaft.

      Seine freien Abende enden meistens in Manilas elegantem Haus.

      Dr. Lenz beobachtet seinen Freund mit tiefer Besorgnis. Übernächtigt sieht er aus, wenn er seinen Dienst antritt, aber er ist niemals unpünktlich. Auch sonst ist er wie immer, gewissenhaft und zuverlässig.

      Einmal stellt Lenz ihn zur Rede.

      »Wo treibst du dich in letzter Zeit eigentlich herum, Siegfried?«

      Berthold hat schon eine heftige Erwiderung auf der Zunge, als er bedenkt, daß er seinen besten Freund vor sich hat, vor dem er nichts zu verbergen braucht, und erwidert:

      »Das Hexlein Manila hat mich in ihren Krallen. Soviel ich mich auch dagegen wehre, immer versteht sie es, mich rumzukriegen. Sie frißt mich noch auf, mit Haut und Haaren.«

      Kopfschüttelnd betrachtet Wolfram Lenz den Freund.

      »Und dich habe ich immer für einen starken Mann gehalten.« Das klingt verächtlich.

      »Du meinst, ich sei ein Schwächling?« Berthold wippt auf den Fußspitzen auf und ab. »Ich weiß es selbst nicht, Wolfram. Ich kann ihr einfach nicht entrinnen.«

      »Bist du denn so versessen auf sie?«

      »Unsinn!« wehrt sich Berthold.

      »Dann mache ich dir einen Vorschlag. Wir gehen heute gemeinsam aus, du, Schwester Karla, Brenner und ich –«

      »Brenner auch?« Berthold ist sprachlos.

      »Ja, Brenner«, bestätigt Lenz mit Nachdruck. »Sie ist ein prachtvoller Mensch.«

      Berthold lacht grell auf. »Wem sagst du es?« Dann wird er ernst und meint: »Schön, wenn es dir gelingt, Manila abzufertigen, bin ich mit von der Partie.«

      »Und ob es mir gelingt.« Das klingt grimmig, und Lenz ist auch so zumute.

      Diese Rietberg soll sich ein anderes Spielzeug aussuchen als gerade Dr. Berthold, den Mann, der eine große Karriere vor sich hat.

      Richtig, Manila ruft an und verlangt Dr. Berthold. Oberarzt Lenz meldet sich.

      »Ich möchte Doktor Berthold sprechen. Holen Sie ihn an den Apparat.«

      »Geht leider nicht, meine Gnädigste. Wir haben die freien Abende verlegen müssen. Vielleicht ein andermal.«

      Damit hängt er ein. Er wartet auf einen zweiten Anruf, doch er bleibt aus.

      Er findet Berthold bei Hermann Spenger, wo der dessen Fieberkurve studiert. Er reicht sie dem Oberarzt. »Komisch, einmal fieberfrei, einmal klettert die Temperatur.«

      »Wir werden unsere Telefonnummer der Oberschwester hinterlassen«, flüstert Lenz, damit es der Kranke nicht hört. »So sind wir jederzeit erreichbar. Im übrigen gebe ich noch die nötigen Anweisungen.«

      Sie verlassen das Zimmer Nummer 68. Im Flur sagt Lenz:

      »Du, deine Flamme hat angerufen.«

      »Und –?« Ruckartig bleibt Berthold stehen.

      »Geschwindelt habe ich. Einfach gesagt, wir hätten die freien Abende gewechselt.«

      Berthold zieht die Luft durch die Nase. »Ob sie es glaubt? Hoffentlich steht sie nicht wie ein Schutzmann vor dem Eingang.«

      »Dann verlassen wir das Krankenhaus eben durch den Nebeneingang, basta.«

      Berthold lacht wie über einen tollen Streich.

      Sie kommen auch unbehelligt aus dem Haus. Als sie beim vorzüglichen Abendessen zusammensitzen, muß Berthold Dr. Brenner mit Manila vergleichen.

      Alles ist herb an der Ärztin, nur die Augen sind wunderschön, strahlend und voller Güte.

      Sein Herz klopft stärker, stärker als bei Manila. Er überlegt: Als Ärztin ist sie großartig, als Mensch ein richtiger Widerborst. Wie sie wohl als Frau sein würde? Zärtlich und anschmiegsam – oder herrisch und kühl?

      Siegfried! ruft er sich zur Ordnung, du spinnst. Sie macht sich doch gar nichts aus dir, höchstens in die Haare geratet ihr einander.

      Wie aufs Stichwort fragt sie ihn spöttisch:

      »Was wird denn Ihre Manila dazu sagen, daß Sie sie einfach versetzt haben?«

      »Sie wird mir ihre Krallen zeigen, sie ist nämlich eine Katze

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