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möchte.

      »Schön, nicht wahr?« hört sie Rietbergs Stimme und sie flüstert leise: »Ja, sehr schön.«

      »Wollen wir ein paar Schritte gehen?« Er verringert das Tempo und bringt den Wagen am Rande der Straße zum Stehen. »Die Luft ist so klar und rein, Cornelia –«

      Er stockt, und sie spürt ihr Herz erneut bewegt hämmern. Erstmals hat er sie beim Vornamen genannt. Sie lauscht dieser Stimme, die so wandlungsfähig ist. Sie kann unendlich weich und zärtlich klingen und dann wieder streng, fast hart. Aber jetzt hört sie nur das Weiche, Zärtliche daraus.

      Noch ehe sie ihm antworten kann, hat er den Schlag geöffnet und hilft ihr aus dem Wagen. Wortlos nimmt er ihren Arm und führt sie davon.

      Sie sind sich so nahe, sie fühlen eines die Nähe des anderen in dieser wundersamen Winternacht, da ihr Atem wie eine Fahne vor ihnen her flattert. Ihr ist nicht kalt. Sie glüht, angefangen von den Wangen bis hinab zu den Füßen spürt sie den heißen Strom. Er mag wohl von ihm zu ihr übergesprungen sein, dieser zündende Funke.

      »Ich möchte Ihnen soviel sagen, Cornelia«, hört sie seine Stimme in diese Stille fallen. »Aber ich glaube, es bedarf gar keiner großen Worte zwischen uns. Wir verstehen uns auch so – oder?«

      Er zwingt sie zum Stehen. Im Glanze der Sterne sieht er ihre Augen leuchten.

      Sie ist völlig verwirrt, und er bemerkt ihre Hilflosigkeit.

      »Was – was wollen Sie damit sagen?« stammelt sie verlegen.

      Er legt seine Hände auf ihre Schultern. Dicht vor ihrem Gesicht sind seine Augen mit einem merkwürdigen Ausdruck auf sie geheftet.

      »Vielleicht verstehst du diese Sprache?« sagt er mit vor Erregung heiserer Stimme, und im nächsten Augenblick versank sie in seinen sie leidenschaftlich umfassenden Armen, und sein Mund küßte sie mit fast schmerzhafter Heftigkeit.

      Als er sie endlich freigab, war alles verwandelt um sie. Alles bekam ein unwirkliches, fast märchenhaftes Aussehen. Die Bäume mit ihrer schweren Schneelast, der sternenbestickte Nachthimmel, an dem auch noch der Mond zu strahlen begann, als freue er sich über das junge Liebesglück.

      »Aber –« Beide Hände legt sie an seine Brust, »aber ich habe doch nie gemerkt, daß du – daß ich –«

      Sie verhaspelt sich rettungslos, und er küßt ihr die Antwort erneut von den Lippen.

      »Frage nicht, was mich meine Zurückhaltung gekostet hat, Liebste«, gesteht er mit einem erleichterten Aufatmen. »Nie habe ich daran geglaubt, daß du dich für mich rauhen Gesellen erwärmen könntest.«

      Da schmiegt sie sich nur zu willig an sein Herz. »Du weißt nicht, was du für mich bedeutest«, flüstert sie leise. »Es ist wie ein Traum. Hoffentlich erwache ich nicht zu rauher Wirklichkeit und bin – allein.«

      »Von nun an werde ich dein getreuer Schatten sein, Cornelia.« Er sagt das ernst und feierlich. »Wir werden alles gemeinsam teilen, Freud und wenn es sein muß auch Leid. Aber vor Leid möchte ich dich jederzeit bewahren. Das glaube mir.«

      Sie bringt kein Wort über ihre Lippen. Sie weiß nur, daß jedes seiner Worte aus einem ehrlichen Herzen kommt, und daß sie ihm restlos vertrauen kann. Er wird sie beschützen, und sie wird sich wohl fühlen in diesem ritterlichen, männlichen Schutz.

      Wieder beugt er sich über sie, schmiegt sein Gesicht gegen ihre Wange und sagt entsetzt: »Du weinst doch, Liebes?«

      »Ich bin so glücklich, Stefan«, schluchzt sie, und er läßt sie ausweinen. Er preßt ihren Kopf gegen seine Schulter, und als sie sich wieder gefangen hat, ermuntert er sie.

      »Nun aber rasch zurück in den Wagen. Du bekommst sonst Eisbeine und holst dir einen Schnupfen.«

      Übermütig zerrt er sie hinter sich her, und sie folgt ihm willig, ein wenig taumelig und kuschelt sich in das weiche Polster und schließt die Augen vor dem Übermaß des Glückes, das über sie hereingestürmt ist.

      *

      Magda und Rudolf Hermann haben keine Hochzeitsreise unternommen. Seine Arbeit gestattet es ihm nicht. Aber Magda steht ihm nunmehr zur Seite. Sie kennt alle seine Geschäfte, und sie hört ihm bei seinen Ausführungen aufmerksam zu.

      Noch nie hat er gewußt, wie schön das Leben sein kann, wie leicht das Schaffen werden kann, wenn ein geliebter, verständnisvoller Mensch einem zur Seite steht.

      Die Abende gehören ihnen allein. Keiner stört sie in ihrem Glück. Weder Lothar noch Cornelia lassen sich sehen, und sie wissen es ihnen im stillen zu danken.

      Sie fragen sich nicht, ob sie glücklich sind. Sie wissen es. Sie brauchen nur Blicke zu tauschen. Was sie wissen wollen, lesen sie sich gegenseitig aus den Augen.

      Rudolf Hermann lernt die echte Liebe, die Wärme und Behaglichkeit ausströmt, keinen, die so stark und in sich gefestigt ist, daß sie nichts zu erschüttern vermag. Die so erfinderisch ist, daß sie mühelos errät, was dem geliebten Menschen Freude bereitet.

      Er war nie so vital als in dieser Zeit, da die hingebungsvolle Liebe Magdas ihm als köstliches Geschenk geboten wurde.

      Manchmal erschreckte er, daß er darüber fast seine Kinder vergaß. Neben der Liebe zu seinen Kindern hatte sein Leben einen neuen Inhalt bekommen.

      Aber nach vierzehn Tagen wird diese glückhafte Zweisamkeit der beiden Menschen gestört.

      Cornelia und Stefan Rietberg stehen plötzlich im Zimmer. Rudolf hat ihnen die Tür geöffnet. Gleich auf den ersten Blick hat er in den leuchtenden Augen seines Kindes gelesen, was schon längst ein stiller Wunsch von ihm war.

      Ein Blick in das fröhliche Gesicht Rietbergs, und auch dort liest er die Gewißheit aus dessen Zügen.

      »Wir haben uns verlobt, Papa«, sagt Cornelia und wirft sich in seine Arme. Über den Kopf seiner Tochter hinweg begegnet er den fragenden Augen Rietbergs, und er neigt den Kopf.

      »Das habe ich mir gewünscht, Cornelia.« Und während er den Arm um Cornelia geschlungen hält, reicht er Rudolf die Rechte. »Du bist mir willkommen, Stefan. Nun habe ich wieder einen Jungen dazu bekommen.«

      Er mag wohl dabei an Christian gedacht haben, an Christian, der sich einmal seines Vaters geschämt hat. Dieser Mann, dem er sein Kind anvertraut, wird sich niemals seiner schämen.

      Magda will unauffällig das Zimmer verlassen, aber da vertritt Cornelia ihr schon den Weg. »Mutter kann ich nicht zu dir sagen«, spricht sie bewegt und reicht der Frau ihres Vaters beide Hände. »Aber wir wollen gute Freunde sein, Magda. Willst du?«

      Magda zieht Cornelia an sich und weint ein wenig vor Freude und Feierlichkeit. »Alles Glück«, flüstert sie nur, und dann huscht sie doch davon.

      »Lauf nicht weg, Magda«, ruft Rudolf seiner Frau erschrocken nach. An der Tür dreht sie sich um. Ihre Augen schimmern feucht, aber ihr Lächeln ist voll Stolz.

      »Gleich bin ich wieder da. Ich will nur den Sekt kaltstellen.« Zustimmung heischend blickt sie von einem zum anderen. »Nicht wahr, wenn man glücklich ist, trinkt man nur Sekt.«

      Ein frohes Lachen flattert hinter ihr her, und als sie mit dem Sektkühler zurückkehrt, in dem die Flasche sorgsam in Eis gebettet ruht, findet sie die drei gemütlich um den Rundtisch in der Veranda.

      »Wir werden Lothar anrufen«, schlägt Magda vor. »Er muß von dem glücklichen Ereignis erfahren.«

      Sofort springt Rietberg empor. »Ich werde ihn abholen«, erbietet er sich. »In höchstens zehn Minuten bin ich wieder zurück mit ihm.«

      Es vergehen zwar nicht nur zehn Minuten, aber Rietberg kommt ziemlich schnell mit dem völlig überraschten Lothar zurück, der sich glänzend erholt hat und seine Glieder wieder voll gebrauchen kann. Nichts erinnert mehr an den einstigen arroganten, selbstherrlichen jungen Mann, an den Sohn eines reichen Vaters. Er ist von einer bezwingenden Heiterkeit und Ausgeglichenheit, und jetzt, da er in die strahlenden Augen Cornelias blickt, einen achtungsvollen

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