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bißchen schon«, gibt sie ehrlich zu.

      »Dann wollen wir in den ›Quellenhof‹ gehen und zu Abend essen«, schlägt er vor. »Oder – haben Sie Besseres vor?«

      Sie denkt an ihr stilles, einsames Heim und verneint heftig.

      »Meine Zeit ist unbegrenzt, ich bin niemandem Rechenschaft schuldig.«

      »Fein«, sagt er, und er hört daraus, was er hören will. Es gibt keinen Menschen in ihrem Leben, der ihr etwas bedeutet.

      Sie sitzen im »Quellenhof« an einem der tiefen Fenster und haben einen wundervollen Rundblick auf die liebliche Gegend. Hermann wählt mit Bedacht ein auserlesenes Mahl und bestellt Wein.

      »Ist es Ihnen auch recht?«

      »Mir ist alles recht«, erwidert sie mit glänzenden Augen.

      Als man ihnen serviert hat, ermuntert er sie: »Und nun greifen Sie tüchtig zu. Der Spaziergang hat Appetit geschafft.«

      Noch nie hat wohl ein Mann eine Frau so aufmerksam bedient wie Rudolf Hermann die bescheidene Magda Görner. Sie wirft ihm mehr als einen dankbaren Blick zu, und plötzlich hebt er sein Glas und neigt es ihr zu.

      »Ich wünsche mir von Herzen, daß es nicht das letzte Mal sein wird, daß wir zusammen speisen.«

      »Wie könnte ich Sie Ihrer kostbaren Zeit berauben«, erwidert sie, läßt ihr Glas aber gegen das seine klingen.

      »Zeit ist kostbar im heutigen Getriebe, das gebe ich zu. Aber ich glaube, ich habe über dem Hasten und Jagen das Leben vergessen –«

      »– und sich selbst«, vollendet sie leise. Er sieht sie ernst an.

      »Was wissen Sie von mir?«

      Ihr Blick ist offen. »Alles«, sagt sie einfach.

      »Dann werden Sie auch ermessen können, was diese Stunden mit Ihnen für mich bedeuten. Sie sind kostbar für mich.«

      In kleinen genießerischen Schlucken nehmen sie den vorzüglichen Wein zu sich, und der löst beider Zungen. Er erzählt von seiner Jugend in einem einfachen, aber ordentlichen Elternhaus, von seinen Sehnsüchten und Wünschen, etwas im Leben zu erreichen. Von seiner unglücklichen Ehe und daß er es wohl nicht verstanden hat, etwas daraus zu machen. Selbst hier gibt er sich die Schuld.

      Sie hat eine eigene Art zuzuhören. Mit keinem Wort unterbricht sie ihn. Wie wohl muß ihm sein, sich das alles einmal vom Herzen zu reden. Er fühlt sich von ihr verstanden, wie sonst kein Mensch und dann offenbart er ihr auch den Konflikt zwischen sich und seinen Kindern, die er alle gleich liebt.

      »Sie haben eine großartige Tochter«, sagt sie wie zum Trost. »Cornelia ist ein Mädchen nach meinem Herzen. Sie hat es sehr schnell verstanden, sich beliebt zu machen, ohne eigentlich viel dazu zu tun.«

      Seine Augen leuchten und strahlen sie an. »Für diese guten Worte bin ich Ihnen sehr dankbar«, sagt er bewegt, und bedächtig gießt er den Rest edlen Weines in die Gläser.

      »Darf ich eine Bitte äußern?«

      »Jede!« ermuntert sie ihn in seinem Zögern.

      »Würden Sie wohl einmal mit mir zu meinem Sohn Lothar fahren? Es ist eine schöne Fahrt in das Sanato­rium Professor Steinerts.«

      »Wenn Sie es wünschen, sehr gern«, sagt sie ohne Bedenken zu.

      *

      Als Cornelia am nächsten Morgen zeitig wie stets in das Verandazimmer tritt, steht Rudolf Hermann schon angezogen am Fenster.

      Schnell dreht er sich ins Zimmer, als er sie kommen hört.

      »So früh schon wach?« fragt sie erstaunt und was sie sonst noch sagen will, erstirbt ihr auf den Lippen. Noch nie hat sie seine Augen so intensiv leuchten sehen. Noch nie war der Ausdruck seines Gesichtes so heiter, beinahe verklärt.

      »Warum starrst du mich so an?« fragt er amüsiert.

      »Du – du siehst so ganz anders aus, Papa.«

      Er kommt auf sie zu und legt seine Hände auf ihre Schultern, wie immer, wenn er sehr bewegt ist.

      »Cornelia, ich habe eine wunderbare Frau kennengelernt. Sie hat mein ganzes Inneres verwandelt. Sag mir ehrlich, bin ich ein alter Esel, wenn ich noch einmal an die Liebe glaube?«

      »Papa!« Sie schlingt beide Arme um seinen Hals.

      Er drückt sie fester an sich. »Du kennst sie, Kleines – und du magst sie auch –«

      »Magda Görner«, sagt sie, ohne ihn aussprechen zu lassen. »Oh, Papa, wie freue ich mich für dich.« Und dann sieht sie ihn ganz bestürzt an. »Aber – Mama –«

      Ein kleines verächtliches Lächeln umspielt seine Lippen.

      »Sie hat die Scheidung eingereicht«, erklärt er ihr, was er ihr schon immer sagen wollte. Jetzt glaubt er den rechten Zeitpunkt gekommen, um darüber zu sprechen.

      »Es wird eine schnelle Trennung werden. Sie hat mich wegen böswilligen Verlassens verklagt.«

      »Aber – aber ihr habt euch doch im gegenseitigen Einverständnis getrennt«, stößt sie erregt hervor.

      Wieder dieses flüchtige, verächtliche Lächeln. »Du kennst deine Mutter noch nicht, Kind. Auf diese Weise muß ich für sie und die Zwillinge den Unterhalt zahlen. Sie hat eine ganz hübsche Summe verlangt –«

      Wie zerschlagen sinkt Cornelia auf den nächsten Stuhl. »Du hast Mama das großzügigste Leben geboten. Hast sie mit Schmuck, mit allem Schönen überhäuft, nur damit sie zufrieden war. Ja, ist denn das gar nichts?«

      »Laß gut sein, Cornelia«, beschwichtigt er sie. »Ich weiß, was ich tue. Für meinen Seelenfrieden ist mir nichts zu teuer, glaube mir. Und nun sei nicht mehr traurig.« Er lächelt sogar, und jetzt ist es wieder das glückliche, fast jungenhafte Lächeln. »Du meinst also wirklich, ich könnte es wagen? Ist es nicht merkwürdig, Cornelia? Der Vater erzählt seiner Tochter von seiner Liebe und fragt sie um Rat.«

      »Du hast dich doch schon längst entschieden, Papa. Du willst doch nur wissen, ob ich dir nicht böse bin. Stimmt es?«

      Erraten. Noch einmal zieht er sie an sich. »Wir werden wunderschön zusammen harmonieren, Cornelia. Sie ist –«

      »Ich weiß, ich weiß, Papa.« Jetzt lacht sie richtig hellauf. Und alle Schatten haben sich verflüchtet. »Sie ist die wunderbarste, die einzige Frau, sie versteht dich wie kein anderer Mensch sonst. Ich weiß genau, was du sagen willst. Ich glaube, die Ausbrüche eines Menschen, der liebt, haben sich seit Jahrhunderten nicht verändert. Du bist gar kein Esel – und du bist auch nicht zu alt, Papa.« Sie strahlt ihn an. »Zufrieden?«

      »Zufrieden«, wiederholt er, und ihm ist ordentlich leicht zumute.

      *

      Im »Salon Christian« läuft das Leben im alten Trott dahin. Christian gibt nach wie vor das Geld mit vollen Händen aus, und Stefanie zahlt schweigend, aber immer verbitterter. Madame Cläre führt nach wie vor das Kommando, und die Angestellten fühlen sich bedrückt und nie recht wohl in ihrer Haut. Christiane indessen ist hellwach. Sie hat ihre Augen überall, ohne sich in irgendwelche Dinge einzumischen. Sie trocknet aber heimlich manche Träne und bringt die Mädchen immer wieder zum Lachen. Sie versteht die einzelnen Kundinnen frappierend zu kopieren, und die Mädchen lachen Tränen darüber.

      Sie hat auch bei Stefanie erreicht, daß sie gleich den anderen Mädchen bezahlt wird. Sie hat es satt, um jeden Pfennig Taschengeld zu bitten, seitdem sie weiß, daß Christian das Geld sinnlos vergeudet.

      Aber sie will auch nichts geschenkt haben. Ihr Ehrgeiz ist plötzlich erwacht. Heimlich, ohne daß Mama und Madame etwas merken, entwirft sie Kleider und wenn sie allein sind, zeigt sie sie den Mädchen.

      Sie werden einstimmig bestaunt. »Das ist einfach großartig. Wer hat das gezeichnet?«

      »Och«, macht sie gleichmütig, »irgendeiner

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