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spürt ein Kribbeln in den Händen. Am liebsten würde sie ihn durchprügeln.

      Noch beherrscht sie sich und versteckt sich hinter Ironie. »So, ausgegeben. Und was gedenkt der Herr ›Chef‹, nicht wahr, als das fühlst du dich doch, zu unternehmen?«

      Er zuckt hilflos mit den Schultern. »Ich weiß nicht«, sagt er leise.

      »Ich bin mit meinem Latein auch am Ende, mein Sohn. Was meinst du, was geschieht, wenn die Wechsel nicht eingelöst werden?«

      »Keine Ahnung.«

      Jetzt ist ihre Geduld wirklich vorbei. Sie steht rasch auf und kommt um den Tisch herum. Dicht vor ihm funkeln ihre Augen in einem unheimlichen Feuer. »Wir würden unseren Namen verlieren. Wir würden nie wieder Kredit bekommen. Wir wären erledigt und könnten den Laden schließen. Das wäre das Ende von uns allen. Willst du das absichtlich?«

      Er wird tiefblaß. »Aber, Mama!«

      Sie schüttelt ihn an den Schultern. »Ich weiß nicht, was ich mit dir machen möchte, hinauswerfen – oder verprügeln, so sehr wütend bin ich. Aber leider kann ich hier im Geschäft der Angestellten wegen keinen Skandal heraufbeschwören, noch dich an die Luft setzen. Hör genau zu.« Ihr Gesicht gleicht jetzt einer steinernen Maske.

      »Noch einmal springe ich ein. Aber von nun an werde ich deine Ausgaben kontrollieren. Jeden Pfennig wirst du von mir erbitten müssen, und ich ganz allein bestimme die Höhe deiner Ausgaben. Und nun laß mich allein, sonst vergreife ich mich doch noch an dir, es juckt mir förmlich in den Fingern.«

      So schnell hat Christian noch nie das Zimmer, das er überheblicherweise sein »Arbeitszimmer« nennt, verlassen. Er weiß kaum, was er tut, als er zu seinen Handschuhen greift, das Geschäft verläßt und sich in seinen Wagen schwingt.

      *

      Stefanie Hermann bleibt an allen Gliedern wie zerschlagen zurück, so als sei sie durch eine Knochenmühle gegangen, und die Gedanken sind auch ganz wirr hinter ihrer Stirn.

      Schließlich rafft sie sich auf und tritt den Weg zur Bank an. Die Ankündigungen der Bank sind in ihrer Tasche verwahrt. Sie läßt sich sofort beim Direktor melden und wird auch gleich vorgelassen.

      Er kommt ihr sehr freundlich, wenn auch mit etwas Mißtrauen entgegen. »Womit kann ich Ihnen dienen, gnädige Frau?« leitet er die Unterredung ein, nachdem er sie höflich zu einem Sessel geleitet hat.

      »Zunächst wollte ich diese Wechsel einlösen.« Sie beobachtet ihn scharf, spürt sein leises Aufatmen und gibt sich noch selbstsicherer als sonst. »Und dann hätte ich mich gern einmal über den Stand meines Kontos erkundigt.«

      »Sehr wohl, gnädige Frau«, sagt Direktor Wehling und klingelt. Er beugt sich etwas über seinen Schreibtisch. »Gut, daß Sie einmal zu mir kommen. Es gibt da Verschiedenes, was ich gern mit Ihnen besprochen hätte.«

      Der Angestellte kommt, legt die Kontoauszüge vor seinem Chef nieder und verschwindet.

      »Haben Sie eigentlich die letzten Bankabrechnungen genau studiert?«

      »Flüchtig.«

      Er wiegt bedenklich den Kopf. »Das ist nicht gut, gnädige Frau. Ihr Konto ist bald erschöpft.« Er sucht vergebens nach einer Bewegung bei ihr. Sie sitzt in lässiger Haltung vor ihm, den Kopf etwas zur Seite geneigt. »Darf ich mir ein offenes Wort erlauben? Ich zähle mich mit zu Ihren Freunden.«

      »Bitte.«

      »Es ist mir wahrhaftig ein Rätsel«, nimmt er den Faden wieder auf. »Sie haben doch ein gutgehendes Geschäft – und trotzdem sehe ich mit Besorgnis, daß das Geld, das Sie mir zur Verwaltung anvertrauten, förmlich da­hinschmilzt. Ich will mich gewiß nicht in Ihr Vertrauen drängen. Aber irgendwo muß doch ein Fehler liegen.«

      Christian – denkt sie – ist aber weit entfernt, es zuzugeben.

      »Wir haben große Außenstände, die wir demnächst erwarten. Sie können unbesorgt sein, das Konto wird wieder aufgefrischt.« Sie sagt das fast gleichgültig. Er merkt ihr nicht an, wie sie innerlich erregt ist.

      »Dann ist es gut. In Ihrem Interesse mache ich Sie darauf aufmerksam. Die Beträge waren in letzter Zeit enorm hoch, die abgehoben worden sind. Wollen Sie die genaue Abrechnung mitnehmen?«

      »Ist nicht nötig«, wehrt sie ab. »Sie können sie mir zusenden.«

      Sie wechseln noch einige nichtssagende Redensarten, und dann begleitet er sie zur Tür.

      Dort sagt er noch: »Übrigens, wenn es nötig sein sollte, im Rahmen der zu bietenden Sicherheiten erhalten Sie natürlich auch Kredit.«

      »Danke schön, das wollte ich nur wissen.«

      Er sieht hinter ihrer schlanken Figur her. Sie sieht verflixt gut aus – muß er zugeben – aber sie ist eine Frau, die blendet.

      *

      Rudolf Hermann arbeitet inzwischen mehr denn je. Der Neubau ist bereits übergeben, und nun geht er mit Elan an die Vorarbeiten für den Bau des Schwimmbades heran.

      Er ist gar nicht überrascht, als Cornelia ihm eines Tages mitteilt, daß sie in Stefan Rietbergs Büro eine Stellung angenommen habe.

      Er sah sie prüfend an. Sollte Rietberg ihr eine Chance bieten wollen wie ihm?

      So geht Cornelia tagsüber in den Betrieb Stefan Rietbergs. Er unterhält ein weitläufiges Büro in der Hauptstraße.

      Da ist auch Stefan Rietbergs Büro mit dem Vorzimmer und der Sekretärin. Eine dunkelhaarige Frau mit dunkelblauen klugen Augen und einem ruhigen, sicheren Wesen. Sie hat eine Stimme wie eine Glocke, mußte Cornelia denken, als sie ihr als Hilfe zugewiesen wurde und sie die ersten Gespräche führten.

      Magda Görner ist Witwe und hat sich aus kleinen Anfängen bis zur gewissenhaften Sekretärin emporgearbeitet. Sie ist mehr als eine Sekretärin, sie ist die rechte Hand Rietbergs.

      Cornelia findet sie ausgesprochen nett, und vom ersten Augenblick an empfinden beide Frauen Sympathie füreinander, die sich später in eine gute Freundschaft auswirken soll.

      Magda Görner hat viel Geduld, und sie führt Cornelia, die wißbegierige Anfängerin, in ihre Obliegenheiten ein. Sie ist restlos glücklich. Vater hat ohne weiteres einen Kredit bekommen. Er war tagelang auf den Beinen, hat sich kaum Ruhe zum Essen gegönnt und ist um zehn Jahre jünger geworden, da er wieder in seinem Element ist.

      »Paß auf, Cornelia«, hat er ihr freudestrahlend anvertraut. »Das wird der Anfang für eine neue Karriere. Rietberg ist ein feiner Kerl.«

      Und Magda Görner sagte dasselbe zu ihr.

      »Unser Chef ist ein feiner Kerl, Fräulein Hermann. Trotz seiner umfangreichen Arbeit bin ich überzeugt, daß er sich um alle seine Arbeiter und Angestellten kümmert.«

      Aufmerksam hört Cornelia der Sekretärin zu.

      Magda Görner hat sehr jung geheiratet und kaum eine richtige Ehe geführt. Gleich in den ersten Tagen des Krieges fiel ihr Mann, und die Erinnerung an ihn ist ganz verblaßt. Er war ein übermütiger, himmelstürmender Mensch, immer fröhlich und heiter. Manchmal glaubte sie, er nahm nichts ernst, am allerwenigsten sich selbst.

      Sie ist schön – muß Cornelia denken – als sie die in Gedanken versunkene Frau anblickt. Woran sie wohl denken mag.

      Cornelia fühlt sich in Stefan Rietbergs Betrieb sehr wohl. Dazu trägt wohl Magda Görner sehr bei. Es ist ein ruhiges, geordnetes Arbeiten, und überall spürt man die leitende und sichere Hand Stefan Rietbergs.

      Cornelia spricht abends öfter mit dem Vater über ihre täglichen Erlebnisse, und immer kommt darin der Name Magda Görner vor.

      Er läßt sich diese Frau genau beschreiben und ohne sie zu kennen, wird sie ihm irgendwie vertraut.

      Doch eines Tages macht sich ein Besuch in Rietbergs Büro nötig. Unverhofft steht er, der reife, ausgeglichene Mann, vor Magda Görner.

      »Rudolf

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