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entgegengebracht wie diesem Rudolf Hermann.

      Aber neben ihm sieht er ein zartes Geschöpf mit klaren Augen vor sich, und sein Herz schlägt einen Trommelwirbel.

      Niemals ist er ihr wieder begegnet, aber er beschäftigt sich mehr, als ihm lieb ist, mit ihr. Sie beunruhigt ihn auf eine glückhafte Weise, und unwillkürlich wird er durch ihren Vater auch immer wieder an sie erinnert.

      Er weiß, daß sie mit ihrem Vater außerhalb der Stadt in einem Neubau wohnt. Er wird Hermann dort ganz einfach aufsuchen und mit ihm sprechen.

      Zunächst fährt er zu seiner Bank, hat mit dem Direktor eine längere Unterredung, von der er sehr befriedigt heimkehrt. Das Weitere wird er unternehmen.

      *

      Madame Cläre, wie sie sich nennen läßt, heißt eigentlich Cläre Müller und ist Direktrice im »Modesalon Christian«. Sie wurde auf Empfehlung von Stefanie Hermann engagiert, und durch ihr unterwürfiges, schmeichlerisches Wesen hat sie sich Stefanie Hermanns volles Vertrauen erworben.

      Aber sie ist ein Tyrann, davon wissen jedoch nur die Angestellten ein Lied zu singen, die der auf jung hergerichteten Frau mit dem lächerlich hochtrabenden Wesen alles andere denn Sympathie entgegenbringen.

      Den eigentlichen Chef, Christian Hermann, nimmt sie überhaupt nicht für voll. Dessen ungeachtet versteht sie es ausgezeichnet, bei ihm den Eindruck zu erwecken, daß hier nur geschieht, was er befiehlt. Er merkt gar nicht, was für eine lächerliche Rolle er eigentlich spielt. Aber die Angestellten sind sich längst darüber einig, daß in Wirklichkeit Madame Cläre das Zepter schwingt. Und sie sorgt dafür, daß sie nicht zu kurz dabei kommt.

      Christian Hermann besitzt natürliches Zeichentalent, und was er früher als Spielerei auf der Schule betrachtet hat, setzt er jetzt in die Tat um. Aber nie fällt ein Modell nach seinen Angaben aus. Dann ist es Madame Cläre, die ihn mit einem Wortschwall davon zu überzeugen versteht, daß die Kundin es so und nicht anders gewünscht habe.

      Was ihm zuerst wirkliche Freude bereitet hat, interessiert ihn später nicht mehr. Er beschränkt sich nur darauf, den Kunden zu schmeicheln ihnen die Hände zu küssen und Geld auszugeben.

      »Repräsentation« nennt er das. Er muß bei allen Veranstaltungen dabei sein, aber nicht, um sich Anregungen für den Salon zu holen, sondern um sich zu amüsieren. Er kommt und geht, wie es ihm paßt. Sein Leben hat sich von dem früheren nicht geändert. Im Gegenteil, er übertreibt alles. Er wechselt seine Freundinnen, er beschenkt sie in großzügiger Weise. Er kann es sich ja leisten.

      Nur einer sieht mit Schrecken, wie die Gelder in den Händen der Besitzer zerrinnen. Das ist der Buchhalter, ein älterer, bescheidener Mann, der froh war, diese Stellung bekommen zu haben.

      Schon mehrmals hat er angesetzt, Stefanie Hermann auf den sichtbaren Rückgang aufmerksam zu machen. Doch nie bot sich eine Gelegenheit dazu. Auch an Mut mangelt es ihm.

      Aber dann wird er dazu gezwungen, als Christian Hermann ihn um eine größere Summe angeht.

      »Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen das Geld nicht geben«, wagt er zu erwidern.

      »Was heißt das?« fährt Christian ihn an.

      »Es ist nicht so viel Geld da.« Der Buchhalter schiebt seine Brille auf die Stirn. »Vielleicht wenden Sie sich an Ihre Frau Mutter.«

      Verdrießlich nagt Christian Hermann an der Unterlippe.

      »Blödsinn! Sie wollen doch nicht behaupten, daß wir nicht über diese lächerliche Summe verfügen?«

      »Genau das«, erwidert der Mann ruhig und höflich. »Außerdem ist es gar keine so lächerlich kleine Summe. Jedenfalls für uns im Augenblick sehr viel.«

      »Treiben Sie doch die Außenstände ein«, herrscht Christian ihn an.

      »Außenstände? Du lieber Gott, wenn wir die nur hätten.«

      »Ich werde mit meiner Mutter sprechen«, sagt Christian kurz und verläßt das kleine Büro, in das nur durch ein Oberlichtfenster Licht fällt. Der Mann macht sich wieder über seine Arbeit, neigt sich über die Zahlenkolonne und murmelt »Schlimm, schlimm« vor sich hin.

      Eine Stunde später steht Stefanie Hermann vor ihm. Sie sieht hochmütiger denn je aus. »Wollen Sie mir einmal Bericht erstatten, Herr Händel?«

      »Sehr gern, gnädige Frau.« Er schnellt empor, schiebt der Frau einen Stuhl zu und setzt sich wieder hinter seine Bücher. »Hier finden Sie die Einnahmen des vergangenen Monats und hier die Ausgaben.«

      Ruhig schiebt er ihr das Papier zu, das sie eifrig studiert. Kein Zug ihres hochmütigen Gesichtes verändert sich.

      Gelassen legt sie es auf den Schreibtisch zurück.

      »Ich gebe zu, die Ausgaben sind ein bißchen hoch. Sie bekommen heute noch eine größere Summe auf das Geschäftskonto überwiesen. Morgen.«

      Damit verläßt sie das Büro. Aber sie ist nicht so gleichmütig, wie sie sich den Anschein gibt.

      »Komm mit«, sagt sie kurz zu ihrem Sohn und geht ihm voran in den kleinen, kostbar eingerichteten Raum, den Christian hochtrabend sein »Arbeitszimmer« nennt, der ihn aber am allerwenigsten zu sehen bekommt.

      »Was machst du eigentlich mit dem vielen Geld?« fragt sie ihn streng, so daß er überrascht und unangenehm berührt zu ihr hin sieht.

      »Aber, Mama«, verteidigt er sich schwach. »Das weißt du doch. Das Leben kostet viel –«

      »– vor allem das Leben, das du führst«, wirft sie kalt ein. »Bisher habe ich nichts gesagt, aber ich mache dich darauf aufmerksam, daß du dich gewaltig einschränken mußt.«

      »Ich verstehe dich nicht, Mama. Der Salon wirft doch einen schönen Batzen ab.«

      »Ich würde dir empfehlen, dich einmal um die Bücher zu kümmern. Dann erfährst du genau, was für Batzen das Geschäft abwirft.«

      »Soll ich mich noch mehr einschränken?« braust er auf. Sie sieht ihn mit einem langen Blick von unten herauf an.

      »Hast du dich jemals eingeschränkt?«

      Mit einem Schwung nimmt er neben ihr auf dem zierlichen Sofa Platz, legt den Arm um sie und zieht sie zärtlich an sich. »Aber, Mama, du hast doch selbst gesagt, wir müßten entsprechend auftreten! War es bisher nicht dein ganzer Stolz, wenn sie alle um uns herumflattern?«

      »Ich weiß nicht«, sie zuckt ein wenig mit den Schultern. Aber sie kann ihm nicht ernstlich böse sein, wenn er sie mit seinen wirklich schönen dunk­len Augen so bittend ansieht. Als er sie noch herzhaft abküßt, wird sie ganz weich und nachgiebig.

      »Nun ja, Christian, sprechen wir nicht mehr davon. Madame Cläre muß die drei teuren Kleider recht schnell fertigstellen lassen. Sie werden gegen Kasse geliefert.« Sie erhebt sich eilfertig. »Laß mich das machen. Kommst du zum Essen heim?«

      »Leider nicht, Mama. Ich habe eine Verabredung. Aber heute abend bringe ich dir einige Gäste mit.« Er blinzelt ihr verständnisinnig zu. »Machst du es ein wenig nett?«

      Sie seufzt einmal tief auf. »Als ob ich es jemals nicht nett gemacht hätte.« Plötzlich verhält sie den Schritt. »Wo steckt eigentlich Christiane?«

      Er steht auf und kommt näher, die Hände lässig in den Hosentaschen. »Keine Ahnung, Mama. Sie hat sich noch nicht hier sehen lassen.«

      »Schrecklich«, stöhnt Stefanie, »nie weiß ich, wo das Kind steckt.«

      Er lacht laut auf. »Kind ist doch wohl ein bißchen übertrieben.«

      Sie funkelt ihn an und sagt sehr ­energisch: »Mein Kind bleibt sie doch, und wenn ich auf den Stuhl steigen müßte, um ihr eine zu kleben.«

      Er lacht nur noch lauter. »Ich glaube, Mama, den Zeitpunkt hast du verpaßt. Christiane ist in den letzten Monaten ein ziemlich schnippiges Ding geworden. Ich finde, sie hat vor niemandem Respekt, nicht einmal vor dir mehr.«

      Stefanie

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