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Jane Eyre. Шарлотта Бронте
Читать онлайн.Название Jane Eyre
Год выпуска 0
isbn 9783954180196
Автор произведения Шарлотта Бронте
Жанр Языкознание
Серия 99 Welt-Klassiker
Издательство Bookwire
Mit diesen erhabenen Schlussworten knöpfte Mr. Brocklehurst den obersten Knopf seines Überziehers zu, und murmelte etwas zu seiner Familie gewendet. Diese erhob sich, verneigte sich gegen Miss Temple – und dann segelten all die vornehmen Leute mit großem Pomp zur Tür hinaus. Mein Richter aber wandte sich noch einmal um und sagte:
»Lasst sie noch eine halbe Stunde auf jenem Stuhl stehen, und dass keiner von euch während des ganzen übrigen Tages mit ihr spricht.«
Da stand ich also, hoch erhoben über alle; ich, die ich so oft gesagt, dass ich die Schande nicht ertragen würde, auf meinen eigenen, natürlichen Füßen in der Mitte des Zimmers zu stehen – ich stand nun da, allen Blicken ausgesetzt auf einem Piedestal der Schande. Worte vermögen nicht zu beschreiben, welcher Art die Gefühle waren, die in mir tobten; aber gerade in dem Augenblick, wo sie mir die Kehle zusammenschnürten und mir den Atem zu rauben drohten, ging ein Mädchen an mir vorbei. Und im Vorbeigehen richtete sie ihre Blicke auf mich. Welch ein seltsames Licht strömten sie über mich aus! Welch ein wunderbares Gefühl weckten ihre Strahlen in mir! Und wie stark dies bis jetzt ungekannte Empfinden mich machte! Es war, als sei ein Held, ein Märtyrer an einem Sklaven oder an einem Opfer vorübergegangen und hätte ihm dadurch Mut und Kraft eingeflößt. Ich beherrschte und überwältigte den Weinkrampf, der sich meiner bemächtigen wollte, erhob das Haupt und stand dann fest und ohne Beben auf dem Stuhl. Helen Burns stellte eine unbedeutende Frage über ihre Arbeit an Miss Smith, wurde wegen der Trivialität derselben gescholten, ging an ihren Platz zurück und lächelte mir im Vorübergehen wiederum zu. Welch ein Lächeln!! Noch heute erinnere ich mich dessen und ich weiß, dass es der Ausfluss eines großen Geistes, eines wahren Mutes war; es verklärte ihre scharfen Züge, ihr abgemagertes Gesicht, ihre eingesunkenen, grauen Augen wie der Wiederschein von der Gestalt eines Engels. Und doch trug Helen Burns in diesem Augenblick die »Binde der Unordnung« an ihrem Arm; vor kaum einer Stunde hatte ich erst vernommen, wie Miss Scatcherd sie für den morgenden Tag verdammte, ein Mittagmahl von Wasser und Brot zu halten, weil sie eine Übung beim Abschreiben mit Tinte befleckt hatte. Dies ist die unvollkommene Natur des Menschen! Solche Flecke gibt es auf der Scheibe des strahlendsten Planeten, und Augen wie Miss Scatcherds sind nur imstande diese kleinlichen Mängel und Fehler zu entdecken; für den vollen Glanz des Gestirns sind sie blind!
Achtes Kapitel
Ehe noch die halbe Stunde zu Ende war, schlug es fünf Uhr. Die Klassen wurden entlassen, und alle begaben sich zum Tee ins Refektorium. Jetzt wagte ich, herabzusteigen: es herrschte tiefe Dunkelheit. Ich ging in eine Ecke und setzte mich auf den Fußboden. Der Zauber, der mich soweit aufrecht erhalten hatte, begann zu schwinden; die Reaktion trat ein, und so überwältigend war der Schmerz, der sich meiner bemächtigte, dass ich auf das Antlitz zu Boden fiel. Jetzt weinte ich, – Helen Burns war nicht mehr da; nichts, niemand hielt mich aufrecht; mir selbst überlassen, gab ich mich dem Jammer hin, und meine Tränen netzten den Fußboden. Ich hatte die feste Absicht gehabt, gut und brav zu werden, in Lowood so viel zu lernen; mir viele Freunde zu erwerben, Achtung zu erringen und Liebe zu ernten. Schon hatte ich sichtbare Fortschritte gemacht; noch an demselben Morgen war ich die Erste in meiner Klasse geworden; Miss Miller hatte mich warm gelobt; Miss Temple hatte mir Beifall zugelächelt; sie hatte mir versprochen, mich zeichnen zu lehren und mich französisch lernen zu lassen, wenn ich noch zwei Monate fortfahren würde, solche Fortschritte zu machen. Meine Mitschülerinnen waren mir freundlich gesinnt; meine Altersgenossinnen behandelten mich als ihresgleichen, niemand quälte, niemand belästigte mich – und jetzt lag ich hier zertreten, zermalmt! Würde ich mich jemals wieder erheben können?
»Niemals«, dachte ich; und brennend, glühend wurde der Wunsch in mir rege, sterben zu können. Während ich in gebrochenen Lauten diesen Wunsch hervorstammelte, näherte sich mir jemand; ich fuhr empor – wiederum war Helen Burns mir nahe; das erlöschende Feuer ließ mich gerade noch erkennen, wie sie durch das große, leere Zimmer daher kam, sie brachte mir Kaffee und Brot.
»Komm, iss ein wenig«, sagte sie; aber ich schob beides zurück; mir war, als hätte ein Bissen, ein Tropfen in meinem gegenwärtigen Zustande eine Erstickung herbeiführen müssen. Helen sah mich wahrscheinlich mit Erstaunen an; wie sehr ich mich auch bemühte, jetzt konnte ich meiner Erregung nicht Herr werden. Ich fuhr fort laut zu weinen. Sie setzte sich zu mir auf den Fußboden, schlang die Arme um ihre Knie und legte ihren Kopf auf dieselben; in dieser Stellung verharrte sie regungslos wie ein Indianer. Ich war die erste, die sprach:
»Helen, weshalb bleibst du bei einem Mädchen, das jedermann für eine Lügnerin hält?«
»Jedermann, Jane? Nun, es sind doch nur achtzig Wesen, welche dich so nennen hörten, und die Welt trägt ihrer Hunderte von Millionen.«
»Aber was habe ich mit Millionen zu tun? Die achtzig, welche ich kenne, verachten mich.«
»Jane, du irrst; wahrscheinlich ist nicht eine einzige in der ganzen Schule, die dich verachtet oder dich hasst; viele – dessen bin ich gewiss – bedauern dich von ganzem Herzen.«
»Wie können sie mich nach dem, was Mr. Brocklehurst gesagt hat, noch bedauern?«
»Mr. Brocklehurst ist kein Gott; er ist nicht einmal ein großer und bewunderter Mensch; man liebt ihn hier nicht; er hat auch niemals irgend etwas getan, um sich beliebt zu machen. Wenn er dich wie seinen besonderen Liebling behandelt hätte, so würdest du rund umher nur Feinde gefunden haben, offene oder heimliche, – wie die Dinge jetzt aber liegen, würden die meisten Mädchen die Sympathie gern beweisen, wenn sie nur den Mut dazu hätten. Möglich ist es, dass Lehrerinnen und Schülerinnen dich während der nächsten zwei, drei Tage mit kalten Blicken betrachten, aber glaub mir, freundliche Gefühle und Gesinnungen tragen sie für dich im Herzen. Und wenn du fortfährst, gut und fleißig zu sein, so werden diese Gefühle binnen kurzem umso augenscheinlicher zu Tage treten, weil sie eine Zeit lang unterdrückt werden mussten. Außerdem, Jane« – – sie hielt inne.
»Nun, Helen?« fragte ich und legte meine Hand in die ihre; zärtlich rieb sie meine Finger, um sie zu erwärmen und fuhr dann fort:
»Wenn