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sie noch offen haben.“

      „Verzieh dich!“ grollte der Profos.

      Buck Buchanan verschwand zähneknirschend nach vorn. Bevor er in die Kombüse ging, drehte er sich noch einmal um und ballte die Hände zu Fäusten.

      „Wartet nur, ihr verdammten Hurensöhne!“ schrie er. „Euch werde ich den Fraß morgen versalzen, daß ihr glaubt, der Atlantik wäre das reinste Zukkerwasser!“

      Nach dieser fürchterlichen Drohung verschwand er. Noch auf der Treppe zog er gekränkt den Kopf ein, als er das harte Poltern vernahm. Ein Koffeenagel donnerte an die Tür. Wer ihn geworfen hatte, blieb für Buck Buchanan allezeit ein Rätsel.

      Carberry zog sich grollend zurück, als der Streit beigelegt war. Er rollte mit den Schultern und ging zu Brighton und Batuti, die ihn beide angrinsten.

      „Es geht wieder mal los“, sagte der Profos. „So wie jetzt fängt es immer an. Kaum sehen diese Rübenschweine Land und riechen eine Kneipe, schon ist ihr Verstand in der Pütz.“

      „Und du nichts Kneipe, nichts Weiber?“ Batuti lachte. „Du nur denken an Arbeit, he?“

      „Ach, laß mich doch in Ruhe. Die Kerle sind nun einmal so, daran läßt sich nichts ändern“, sagte der Profos, der im Grunde genommen ja genauso dachte. Ihm erging es nicht anders, nur hatte er sich besser in der Gewalt.

      Brightons Gestalt straffte sich. Er war zu einem Entschluß gelangt, der ihm nicht gerade leicht fiel, weil er seine Männer kannte. Die mußten sich wieder einmal richtig austoben, sonst war hier an Bord der Teufel los. Sonst ging wieder alles drunter und drüber.

      „Gut“, sagte er. „Die Männer sollen ihr Vergnügen haben. Natürlich nur ein Teil, alle können nicht an Land. Wir halten es so wie das letzte Mal. Eine kleine Truppe zieht los, die anderen bleiben an Bord. Morgen verfahren wir umgekehrt.“

      Carberry grinste plötzlich über sein ganzes zernarbtes Gesicht.

      „Landgang“, sagte er andächtig. „Das ist schon eine feine Angelegenheit.“

      „Eben du noch geschimpft auf andere“, sagte der Neger. „Du auch Kneipe gehen, Verstand weg. In Pütz.“

      Bedenken, daß man sie hier in der versteckt liegenden Bucht fand, hatte Brighton nicht. Es war ziemlich unwahrscheinlich, denn von See aus war nur ein Teil der Bucht einzusehen, und sie waren ja noch ein Stückchen weiter hinaufgesegelt und hatten sich in der Mündung des Bude River versteckt.

      „Wer geht alles mit?“ forschte Carberry, der sich selbst schon an erster Stelle sah. Saufen, Weiber, eine handfeste Prügelei, dachte er, das würde die Kerle wieder aufmuntern, die eine ganze Weile wie die Mönche gelebt hatten.

      „Du führst den Trupp, Ed. Wie steht’s mit dir, Batuti? Willst du auch an Land gehen?“

      Der riesige Gambia-Neger schüttelte den Kopf.

      „Batuti bleiben an Bord. Land nicht gut für Batuti. An Land immer sagen verdammtes Nigger.“

      „Das sollte ich mal hören“, grollte der Profos. „Dem würde ich die Haut in Streifen von seinem Affenarsch ...“

      „Schon gut“, sagte Ben. „Wenn Batuti an Bord bleiben will, dann soll er. An Land wird er doch nur immer herausfordernd angestarrt. Er hat schon ganz recht mit seinen Bedenken. Die Leute hier sind kleinkariert. Du nimmst also Smoky, Luke Morgan, Nils Larsen, Sven Nyborg, Sam Roscill und Pete Ballie mit. Insgesamt seid ihr dann sieben Mann. Und noch etwas, Ed: Sieh zu, daß die englische Küste heil bleibt. Vielleicht geht es auch einmal ohne Prügelei ab. Wir haben uns verstanden? Aufsehen schadet uns nur. Es ist besser, wir halten uns still und unauffällig im Hintergrund, bis wir Hasard wieder an Bord haben.“

      „Aye, aye, alles klar. Dann können wir heute abend also abziehen?“

      „Bei Anbruch der Dunkelheit. Ruf die Leute nach dem Essen zusammen, sie erhalten etwas von mir, wenn es soweit ist.“

      Carberrys mächtiger Brustkorb blähte sich noch mehr auf, als er zur Kuhl hinunterging. Seine Gedanken waren schon ein paar Stunden der Zeit vorausgeeilt.

      Er nahm sich die Leute vor, die an dem Landgang teilnehmen durften, und bereitete sie darauf vor. Bald umringte ihn eine ausgelassene Horde. Die anderen, die nicht mitkonnten und erst für den anderen Tag vorgesehen waren, konnten diese Freude verständlicherweise nicht teilen, obwohl es unter ihnen keinen direkten Neid gab.

      Aber die Kerle arbeiteten plötzlich alle wie besessen, obwohl es im Augenblick nicht viel zu tun gab, wie Carberry verwundert feststellte. Sie heizten sich schon für den Abend vor.

      Und dann war es endlich soweit. Carberry erschien mit seiner Horde verwegen aussehender Gestalten auf der Kuhl, wo Ben Brighton sie bereits erwartete.

      „Keinen unnötigen Ärger, Männer“, schärfte er ihnen nochmals ein. „Benehmt euch so, wie es sich für anständige Freibeuter gehört. Hier, Ed, sind zehn Pfund in Gold für dich. Die anderen Männer erhalten ebenfalls jeder die gleiche Summe in Gold. Damit könnt ihr sämtliche Kneipen leersaufen und die Puppen tanzen lassen.“

      Carberry starrte die Münzen an, die Brighton ihm reichte. Sein Gesicht war eitel Freude und Sonnenschein. Sein Rammkinn war noch weiter vorgeschoben als sonst. Auch Smoky, Morgan und die anderen starrten fassungslos auf das Geld. Zehn Pfund waren ein Vermögen! Mit zehn englischen Pfund konnte man die halbe Welt kaufen, das waren ihre Überlegungen.

      „Nehmt es nur“, sagte Brighton, als die Männer nur zögernd nach dem Geldsegen griffen. „Ihr alle habt es euch ehrlich verdient. Und außerdem stammt das Geld aus dem Verkauf der Tabakballen, die wir dem fetten Mitchell in Penzance angedreht haben.“

      Ja, daran erinnerten sie sich noch genau. Auf der „Isabella“ hatte es ein Gelächter gegeben wie selten zuvor. Der Held des Tages war damals Jean Ribault gewesen, der so meisterhaft den französischen Kauffahrer gespielt hatte.

      „Auf, ihr Rübenschweine!“ brüllte Carberry. „Was steht ihr noch herum und glotzt. Oder soll ich den Landgang wieder abblasen?“

      Er hatte noch nicht fertig gesprochen, als die sechs Männer wie die Affen von Bord flitzten und sich in Sekundenschnelle vor dem Schiff versammelten. Vom Hauptdeck aus blickten ihnen die anderen nach, darauf hoffend, daß auch sie bald an der Reihe waren.

      Es dunkelte bereits, als sie in Bude eintrafen. In dem kleinen Fischerhafen lagen die Boote ruhig auf dem schwarzen Wasser. Krabbenfischer, Heringsfischer und Gammelboote, die alles mitnahmen, was in ihre Netze gelangte. Am Hafen selbst brannte kein Licht.

      Es roch nach Teer, Seewasser, Tran und verfaultem Fisch.

      „Die Kneipe ist genau richtig!“ Der Profos zeigte mit der ausgestreckten Hand auf die Schenke zur linken Seite. Hinter den halbblinden Scheiben flackerte Licht, vor der Bohlentür hing eine Ölfunzel, die ein Schild beleuchtete. „Bude Bay“ stand darauf, in eine schwere Holzplanke geschnitzt.

      „Scheint mir verdammt ruhig zu sein, der Laden“, meinte Smoky. „Aber wir werden schon für Lärm sorgen!“

      Auf dem staubigen Bürgersteig vor der Kneipe lag ein betrunkener Penner in abgewrackter Kleidung. Er rülpste laut, als die Männer vorbeigingen, drehte sich halb zur Seite und schnarchte weiter.

      „Keine Sorge“, sagte Carberry, „der Laden sieht nur so ruhig aus. Da wird gewürfelt, gespielt, gesoffen – und Weiber gibt’s auch. Hier verkehren fast nur Fischer, Knechte und solche Pennbrüder wie der hier.“

      Der Penner raffte sich gerade auf, torkelte hinter ihnen her und klammerte sich an dem bulligen Pete Ballie fest.

      Eine Ausdünstung von saurem Wein schlug Ballie ins Gesicht. Torkelnd stand der Pennbruder vor ihm.

      „He, Kumpel“, grölte er, „ich kenn da ein Mädchen, äh, ein Mädchen, sage ich dir ...“

      Ballie spürte, wie zwei Finger in seine Jackentasche glitten und nach den Goldstücken griffen. Der Kerl tat es geschickt, er berührte

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