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Brote wie vordem! Falsch teilt man uns zu! Gerechtigkeit!

      DER TÜRHÜTER:

       Nachum teilt jedem das gleiche zu. Er ist gerecht.

      EINE STIMME:

       Wo ist er?

      ANDERE STIMMEN:

       Ja, wo ist er? Wir wollen ihn sehen!… Wo ist er… er soll uns Rede stehn… Heraus mit ihm… Er bestiehlt uns… wo ist er…

      EINE STIMME (aufreizend, grell):

       Zu Hause sitzt er und mästet die Seinen. Kringel und Kuchen backen sie.

      EIN ANDERER:

       Ja, sie haben alles beiseite geschafft, die Reichen!

      ANDERE:

       Und wir sollen hungern… nein! nein!… Sie bestehlen uns… Brot für die Armen… Brot… Brot…

      DIE AUFREIZENDE GRELLE STIMME:

       Beim Könige sind die goldenen Schüsseln voll mit Wildbret und Leckerei. Den Hunden werfen sie im Palast lieber die Reste vor als unseren Kindern.

      EINE STIMME:

       Das ist nicht wahr.

      ANDERE STIMMEN:

       Ja… ja… ich habe es selbst gesehen… meine Schwester sagt es auch… Wo ist Nachum… Vorwärts… Hinauf… Brot… Brot… Verschwunden sind sie jetzt alle… Brot… Brot…

      (DIE STIMMEN schwellen allmählich zu einem einzigen gewaltigen Schrei »Brot! Brot!« an. Die Menge flutet die Treppen in steigender Erregung hinauf, die Vordersten wollen schon den Türhüter greifen und hämmern mit ihren Fäusten an die verschlossene Tür.) (DER TÜRHÜTER hat in ein Horn gestoßen. Aus dem Palast eilt sofort ABIMELECH mit einigen Kriegsknechten herbei.)

      ABIMELECH:

       Fort!… Stoßt sie zurück… Hinunter die Treppen… hinunter… Raum vor dem Palast.

      (DIE MENGE flüchtet, gestoßen von den umgekehrten Lanzen, hinab in panischem Tumult.)

      DIE STIMMEN (durcheinander):

       Wehe… Er hat mich geschlagen… Sie töten uns… Wehe… Wo ist mein Kind… Weh… Gewalt… Zu Hilfe!

      (DIE MENGE hinabgedrängt, wogt unten in zorniger Erregung.)

      ABIMELECH:

       Seid ihr rasend! Der Feind wirft sich wider uns. Vor dem Walle stehe ich seit morgens gegen seinen Ansturm, und derweil brecht ihr hier vor? Was wollt ihr, Rotte?

      DIE STIMMEN:

       Brot… Wir haben Hunger… Brot… Unsere Kinder verhungern.

      ABIMELECH:

       Jedem ist Brot zugeteilt.

      DIE STIMMEN:

       Mir nicht… Man hat mich vergessen… Nicht genug…

      ABIMELECH:

       Der Feind berennt die Stadt! Spannt den Riemen enger. Kriegszeit ist jetzt.

      DIE STIMMEN:

       Nicht genug… Wir haben Hunger…

      ABIMELECH:

       So hungert! Ihr könnt hungern, wenn wir bluten! Erst die Stadt, dann ihr! (Aufmunternd): Es lebe Jerusalem!

      EINE EINZIGE STIMME (aus der Menge, schwach):

       Es lebe Jerusalem!

      DIE AUFREIZENDE STIMME (grell):

       Wer ist Jerusalem? Hat es Magen und Blut? Steine und Mauern sind nicht Jerusalem. Wir sind Jerusalem!

      DIE MENGE:

       Ja! Wir sind Jerusalem… wir wollen leben… wir wollen nicht verhungern… Meine Kinder sollen leben… Was ist mir Jerusalem? Brot… Brot…

      ABIMELECH (aufstampfend):

       Ruhig, Volk! In die Häuser mit euch! Was steht ihr müßig auf dem Markt statt an der Mauer! Es ist Krieg jetzt.

      EIN WEIB:

       Warum ist Krieg?

      VIELE STIMMEN:

       Ja, warum? Warum ist Krieg? Machen wir Friede… Friede… Friede… Brot…

      DIE AUFREIZENDE STIMME:

       War uns nicht wohl unter Nabukadnezar, war sein Joch nicht sanft, und linde unsere Tage?

      VIELE STIMMEN:

       Ja… ja… Friede mit ihm… Friede… Ja… ja… Endet den Krieg… Nieder mit dem Krieg… Fluch dem, der ihn begann…

      EIN WEIB:

       Zedekia hat ihn gewollt um der Ägypter willen…

      STIMMEN:

       Ja… Er hat uns verkauft… Unsere Räte haben uns verraten… Zedekia hat uns verraten… er hat sich verkrochen bei seinen Weibern.

      ABIMELECH:

       Wer wagt, den Gesalbten des Herrn zu schmälen? Der Erste ist er im Kampfe…

      DIE AUFREIZENDE STIMME:

       Das ist nicht wahr!

      ABIMELECH:

       Wer sagt, es ist nicht wahr? Er trete vor, der Verleumder, ich will ihn vor mein Schwert. Wer hat es gesagt?

      (DIE MENGE schweigt.)

      ABIMELECH:

       Hütet euch vor den Verleumdern! Und jetzt in die Häuser, und wer Kraft hat, an die Wälle.

      STIMMEN (von rückwärts):

       Nachum… Nachum… da ist er.

      DIE MENGE (verteilt sich, flutet gegen Nachum, den sie umringt): Nachum, guter Nachum… Gib uns Brot… Brot… Brot… Du bist der Gerechte… Nachum… Hilf uns… Guter Nachum…

      NACHUM (sich losringend):

       Laßt mich los! Gebt mich frei!

      DIE MENGE (hinter ihm die Treppen emporwogend):

       Nachum, Nachum…

      ABIMELECH:

       Zurück mit euch!

      (DIE KNECHTE heben die Speere, die Menge bleibt schreiend unten.)

      NACHUM:

       Was wollt ihr von mir?

      EINE STIMME:

       Die Speicher schließ auf!

      NACHUM:

       Sie sind leer. Jedem ein Brot des Tages, das muß reichen.

      DIE STIMMEN VON FRÜHER:

       Ich habe keines bekommen… ich auch nicht… tu auf die Speicher… tu auf die Speicher…

      NACHUM:

       Die Speicher sind leer.

      DIE AUFREIZENDE STIMME:

       Wir wollen sie sehen.

      VIELE STIMMEN:

       Ja, wir wollen sie sehen… ich glaube es nicht… es ist nicht wahr… mit unseren Augen wollen wir es sehen… schließe sie auf… wir wollen selbst sehen… ja… ja… schließe auf… ich glaube es nicht…

      NACHUM:

       Ich schwöre euch…

      DIE AUFREIZENDE STIMME:

       Wir glauben nur, was wir sehen. Zuviel hat man uns gelogen.

      VIELE STIMMEN:

       Ja… alle haben uns belogen… die Priester… Ja, alle… der König… Her mit den Schlüsseln… Alle haben sie Lügen gesagt… Sieg haben sie verkündet.

      ANDERE STIMMEN (immer stärker ausbrechend):

       Wo sind die Ägypter… Wir wollen sie sehen… Zedekia hat sie verheißen…

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