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Zum dritten Anlauf machte sich Parrots Gruppe am 26. September in aller Frühe auf, um recht schnell die Schneegrenze zu erreichen und von dort aus am nächsten Tag auf anderer Route zum Gipfel und wieder zurück zu gelangen.

      Parrot beschreibt die Ankunft auf dem Ararat überschwänglich:

      »Wir überschritten ohne Aufenthalt noch ein paar Hügel; da wehte Gipfelluft; ich trat hinter einem der Schneebuckel des Abhanges hervor und – der äußerste Kegel, die höchste Kuppe des Ararat lag unverkennbar vor meinen freudetrunkenen Blicken. Noch ein letztes Aufgebot unserer Kräfte war nötig, nur noch eine Eisfläche mittels Stufen zu ersteigen, und wir standen auf dem Gipfel des Ararat um ein Viertel nach 3 Uhr des 27. Septembers 1829!

      Mein erstes Streben und Genießen war Ruhe; ich breitete meinen Mantel unter mir aus und setzte mich nieder. Ich befand mich auf einer schwach gewölbten, fast kreisförmigen Fläche von ungefähr 200 Schritt im Umkreise, die am Rande nach allen Seiten hin ziemlich steil abfiel; besonders aber gegen Süd- und Nordost; es war das starre, von ewigem Eise gebildete, durch keinen Felsen, keinen Stein unterbrochene Silberhaupt des alten Ararat. […] Wenn irgendein Punkt des Gipfels dafür angenommen werden soll, derjenige zu sein, auf welchem Noahs Arche sich niedergelassen hat, dann diese Vertiefung; denn an Raum würde es daselbst nicht gefehlt haben, da die Arche, wenn sie auch nach Genesis 6,15 dreihundert Ellen lang und fünfzig Ellen breit gewesen ist, noch nicht den zehnten Teil ihrer Oberfläche eingenommen hätte.«6

      Folgende fünf Personen waren neben Parrot die Ersten auf dem Gipfel des höchsten Berges der heutigen Türkei: »Chatschatur Abowian, Diakon in Etschmiadsin, Sohn eines Landmannes aus Kanakir bei Eriwan, Alexej Sdrowenko und Matwej Tschalpanow vom 41. [russischen] Jägerregimente sowie Owannes Aiwassian und Murat Pogossian, Bauern aus Arguri.«7 Die Datumsangaben Parrots beziehen sich auf den julianischen Kalender; nach der gregorianischen Zeitrechnung war der Tag der Erstbesteigung der 9. Oktober 1829.

Eine Zeichnung des Berges von Friedrich Parrot. Es ist noch das St.-Jakob-Kloster zu sehen, das durch den Bergsturz im Jahr 1840 zerstört wurde.

      Eine Zeichnung des Berges von Friedrich Parrot. Es ist noch das St.-Jakob-Kloster zu sehen, das durch den Bergsturz im Jahr 1840 zerstört wurde.

      Weitere Besteigungen folgten. 1835 bezwang Karl Behrens den Ararat, Wilhelm Hermann Abich erreichte 1845 als erster den östlichen, zehn Meter tiefer gelegenen Gipfel, der nun seinen Namen trägt. 1846 war H. Danby Seymour auf dem Berg.

      Eine größere russische Expedition machte sich 1850 zum Ararat auf. Schwere Unwetter verhinderten jedoch die geplanten ausführlichen Vermessungsarbeiten.8

      »Entdeckungen«

      Als die »früheste bekannte Entdeckung der Arche Noah in moderner Zeit«9 gilt im Arche-Noah-Bestseller von Balsiger und Sellier ein Ereignis, das wohl »irgendwann zwischen 1850 und 1880 stattfand: Ein Armenier namens Haji Yearam berichtete von ›alljährlichen Wallfahrten hinauf zur Arche‹ und dem ›Bug eines riesigen Schiffes‹«10, der in einem Gletschersee aus dem Eis ragen würde. Nur einem kleinen Kreis habe Yearam die Geschichte weitererzählt, da ihm für den Fall des Verrats der Beobachtung Folter und Tod angedroht worden sei. Im Jahre 1918 habe dann in London ein Wissenschaftler die Geschichte bestätigt, als er auf seinem Sterbebett den damals geleisteten Schwur brach. Überliefert hat die Anekdote ein Adventistenpastor namens Harold W. Williams.

      Etwas glaubwürdiger als diese ominöse Geschichte ohne handfesten Beleg ist der Bericht des britischen Juristen, Historikers und Politikers James Bryce (1838–1922), der 1876 auf dem Ararat war. Er behauptete, auf 4000 Metern Höhe »ein Stück bearbeitetes Holz«11 gesehen zu haben. Er habe sogar ein Fragment davon mitgenommen, machte aber kein großes Aufheben darum, da er sich persönlich gut vorstellen konnte, »dass ihm für die Existenz dieses Holzstücks auf den Felsen in so großer Höhe durchaus auch eine andere Erklärung einfallen könnte«12.

      Bryce erwähnt auch die Katastrophe, die im Jahr 1840 das Dörfchen Arguri und das Kloster St. Jakob zerstörte, in dem Parrot untergekommen war. Beschreibungen und Zeichnungen Parrots sind somit die einzigen überlieferten Erinnerungen an das Kloster. »Das kleine Kloster, wo Parrot von den Mönchen, die sich vor den Störnissen der Welt zu dieser heiligen Stätte zurückgezogen hatten, so freundlich aufgenommen worden war, ist für immer dahin; auf dem Berge der Arche Noah ertönt kein Glockengeläut mehr, wird kein christlicher Gottesdienst mehr abgehalten«13, schreibt James Bryce.

      »Augenzeugen«

      Als die bis heute zuverlässigsten Augenzeugenberichte gelten die unabhängigen und doch auffällig übereinstimmenden Erzählungen des Armeniers George Hagopian, des russischen Fliegers Wladimir Raskowitskis und des US-Soldaten Ed Davis. An diesen drei Zeugen hielt zuletzt im Oktober 2011 Rick Lanser fest, um den Ararat als Landeplatz gegenüber der später noch ausführlich zu diskutierenden Alternative, dem 300 km südwestlich gelegenen Berg Cudi, zu untermauern.14 Er führt das biblische Prinzip (Matthäus 18,16; 5. Mose 19,15) der zwei oder drei Zeugen an, die man nicht so einfach als unglaubwürdig beiseite wischen könne, wie dies die Vertreter der Cudi-These – namentlich Bill Crouse – machen würden.

      Hagopians Geschichte lautet wie folgt:

      »Mein Großvater war der Priester der großen armenischen Kirche in Wan [am Wan-See], und er hatte mir oft von dem heiligen Schiff auf dem heiligen Berg erzählt. Und eines Tages sagte dann mein Onkel zu mir: ›Komm, Junge, ich will dir die heilige Arche zeigen.‹ Wir beluden seinen Esel mit Proviant und machten uns beide auf die Wanderung hinauf zum Ararat. Mir wurden vom Laufen die Füße wund, und der Esel wollte immer anders lang als wir, doch wir zogen immer weiter hinauf. Als wir auf ungefähr halber Höhe angelangt waren, lud sich der Onkel den Proviant selbst auf den Rücken und mich obendrein. Wir stiegen und stiegen ...

      Insgesamt, also vom Aufbruch in Wan an, brauchten wir fast acht Tage, bis wir zu der Stelle auf dem heiligen Berge kamen, wo, wie der Großvater und der Onkel gesagt hatten, das heilige Schiff ruhte. Dass mich der Onkel gerade in jenem Jahr dort hinführte, hatte seinen Grund wohl darin, dass es ein mildes Jahr mit nicht viel Schnee war, so wie es dort nur alle zwanzig Jahre eines gibt. Und dann kamen wir an die Arche. Um uns herum wurde es neblig und dunkel. Der Onkel warf sein Bündel ab, und gemeinsam begannen wir, gegen die Seite des Schiffes Steine hochzuschichten. Nicht lange, und wir hatten einen hohen Stapel, eine richtige Treppe aufgetürmt. ›Komm her‹, sagte der Onkel und zog mich am Arm zu sich heran. ›Du wirst jetzt auf das heilige Schiff hinaufklettern.‹

      Damit hob er mich auf seine Schultern und stieg so mit mir die Steine hinauf. Als er oben angelangt war, packte er mit beiden Händen meine Knöchel und begann, mich hochzuschieben. ›Fass nach oben‹, rief er. ›Halt dich am Rand fest und zieh dich empor!‹ Als ich mich dann auf dem Dach aufrichtete und hochstellte, konnte ich das ganze Schiff überblicken. Es war sehr lang und vielleicht zwölf Meter hoch. ›Schau in die Arche hinein‹, rief der Onkel zu mir hinauf. ›Such die Luken, vor allem die große. Guck hinein und sag mir, was du siehst.‹ Vor Kälte und auch vor Angst zitternd, schaute ich in die Runde. Ja, die Luke war da, ein großes, gähnendes Loch. Ich spähte in die dunkle Öffnung hinein, sah aber nichts. Dann kniete ich nieder und küsste die heilige Arche. Ihr Dach war mit einer dünnen Schicht von frischgefallenem Schnee bedeckt. Doch als ich etwas davon beiseitefegte, sah ich, dass da grünes Moos wuchs. Ich kratzte ein Stückchen ab – und es kam Holz zum Vorschein. Die Maserung war deutlich zu erkennen. Durch dieses Moos fühlte sich die Arche weich und wie vermodert an. Ich erinnere mich, dass sich auf dem Dach außer der einen großen Öffnung noch lauter kleine befanden. Und zwar von vorn bis hinten durch. Wie viele, kann ich nicht genau sagen, aber es müssen mindestens fünfzig gewesen sein; sie zogen sich in kleinen Abständen das ganze Mittelstück entlang. Der Onkel erklärte mir, das wären Belüftungslöcher. Das Dach war flach bis auf eben jenen erhöhten schmalen Teil mit den Löchern, der vom Bug bis zum Heck reichte. Ich weiß auch noch, dass der Onkel sein Gewehr nahm und in die Wand der Arche schoß, die Kugel aber nicht eindrang. Danach

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