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ihn vor Wonne strahlen. Er drückte die Hände an die Stirne und verneigte sich bis zur Erde.

      »Laß wenigstens das Gewehr hier,« bat er noch.

      »Das behalte ich bei mir.«

      »Aber ich bitte dich, Herr! Du trägst ja schon zwei kleine Feuerwaffen, sowie einen Dolch bei dir. Hast du an diesen Waffen noch nicht genug?«

      »Die Waffen sind die Ehre des Mannes und ich trenne mich nicht von den meinen.«

      »Aber in ganz Amarapura sieht man nichts dergleichen.«

      »So wird man es jetzt sehen.«

      »Auf diese Weise gibst du dich sofort als Europäer zu erkennen.«

      »Den wird man auch ohne die Waffen herausfinden. Gehen wir jetzt. Dein Herr erwartet uns.«

      Wieder ging es über den langen Korridor zurück in den Saal, in dem der Berater der birmanischen Krone meiner wartete. Sein Antlitz drückte nun nicht mehr so tiefe Niedergeschlagenheit aus, als er mich sah, blitzte es sogar freudig auf in seinen Augen.

      »Gehen wir zu dem Senmeng,« sagte er.

      Der Weg zum Tempel führte durch den großen, wohlgepflegten Garten. Zu jeder anderen Zeit hätte ich dessen entzückende Schönheit bewundert. Die seltensten tropischen Gewächse fanden sich hier vereinigt. Jetzt jedoch konnte ich dieser Pracht nur einen flüchtigen Blick schenken, auch nur flüchtig den schönen Tempel bewundern. Der Wongy hatte Eile; sein Elefant lag ihm zu sehr am Herzen.

      Hastig durchschritten wir den Garten und gelangten an eine Seitenpforte des Tempels. Der Wongy schloß sie auf, ich überschritt die Schwelle und – befand mich ›Seiner Hoheit‹ gegenüber.

      Zweites Kapitel.

      Die Flucht

      Der weiße Elefant steht in ganz Hinterindien in hohem Ansehen; wahrhaft göttliche Ehren aber erweist man ihm doch nur in den beiden Reichen Siam und Birma.

      Vor alten Zeiten waren die weißen Elefanten besonderes Eigentum der Krone. Die früheren Herrscher von Birma ritten nur auf diesen Tieren. Der weiße Elefant war, sozusagen, die Verkörperung des kaiserlichen Glückes. Befand er sich wohl, dann stand es gut um das Land, erkrankte er, so war das ein offenkundiges Zeichen, daß Buddha zürnte und schweres Unglück über den Staat hereinbrechen würde, starb er gar, so war der Bestand desselben in höchster Gefahr. Dann mußte so schleunig als möglich ein neuer Schutzgeist für den Kaiser gesucht werden und die Zeit, die während dieses Suchens verging, war eine Zeit der Angst und Trauer für das Volk. Oft dauert dieses Suchen sehr lange, denn die weißen Elefanten sind selten.

      Der nun im Sterben liegende Elefant residierte seit fünfzig Jahren in seinem Tempel und während dieses langen Zeitraumes hatte sich in dem großen Kaiserreich noch nicht ein würdiger Nachfolger für ihn gefunden, eine einzige Ausnahme abgerechnet, von der ich später sprechen werde.

      Der Tempel, in den wir eintraten, war in der Form einer hohlen Pyramide erbaut. Den Grund bildete ein 10 Meter langes und ebenso breites Viereck, von dem die Mauern in der Weise emporstiegen, daß sie einen Winkel von 60 Grad darstellten und in der Höhe von 12 Meter zusammenstießen.

      Der Fußboden war von einem kostbaren Teppich von ausgesucht feiner Arbeit bedeckt; in den fast ganz vergoldeten Wänden waren in der Höhe von 3 Meter mehrere schmale, schießschartenähnliche Fenster eingelassen, durch welche das Licht in den eigenartigen Raum eindrang.

      Senmeng, ein riesiges Tier von mehr als 3 Meter Höhe, mit einem gewaltigen Kopfe und tadellos schönen langen Stoßzähnen, lag auf dem Teppich. Die Farbe seiner Haut war ein mattes Weiß, die Ohren und der Rüssel wiesen leichte Flecken auf, wie wir sie fast bei allen Tieren dieser Art finden.

      Er war ohne Zügel, doch lag sein Zaumwerk in geringer Entfernung von ihm auf dem Teppich. Der mit einem Häkchen versehene Stachel war von massivem Golde mit kristallenem Griff und seiner ganzen Länge nach mit Perlen und Rubinen besetzt. Daneben lagen auch die Abzeichen seiner Würde: eine dreifache Krone aus rotem Tuche, reich mit großen Rubinen und Diamanten von reinstem Wasser besetzt, sowie ein Diadem, das sonst gewöhnlich die Stirne des heiligen Tieres umschloß und an welchem der Talisman befestigt war, ein Ring von neun kostbaren Edelsteinen, die vor dem bösen Blick schützen sollten. Ein Halbmond, ebenfalls aus wertvollem Gestein, hing von dem Diadem herab, sowie ein goldenes Schild, auf welchem die Titel des Elefanten eingraviert waren. Die Ohrringe, die ›Seine Hoheit‹ trug, waren von lauterstem Golde.

      Der Elefant lag da, schweratmend und mit halb geschlossenen Augen. Vier bloßfüßige Birmanen knieten um ihn und hielten vier Sonnenschirme aus Goldbrokat über sein Haupt ausgebreitet.

      ›Seine Hoheit‹ ist auch der Eigentümer eines großen Lehengutes, dessen Einkünfte zur Bestreitung seines Unterhaltes verwendet werden. Er wird gehegt und gepflegt wie ein wirklicher Prinz; dreißig Lakaien sind allein für seinen Dienst bestimmt.

      »Wie geht es dem ›Herrn‹?« erkundigte sich der Wongy sofort nach seinem Eintritte in den Tempel.

      »Der Herr leidet sehr,« erwiderten die Diener.

      Der Wongy wandte sich zu mir. »Willst du so freundlich sein, Seine Hoheit zu untersuchen?« bat er.

      Ein einziger Blick auf die Bestie überzeugte mich, daß es mit ihr zu Ende ging. Sie war alt und unterlag nun der Last der Jahre. Doch um dem Wongy zu genügen, beugte ich mich zu dem Tiere nieder und untersuchte es auf das eingehendste.

      »Nun?« fragte Mangvé, als ich mich wieder aufrichtete, in banger Spannung.

      »Mangvé, du bist ein Mann —,« sagte ich ernst.

      »Der Herr —?« stieß er angstvoll hervor.

      »Er wird den Tag nicht überleben.«

      »Es ist keine Hilfe mehr für ihn?«

      »Leider keine.«

      Der Wongy ließ meine Hand fahren, die er krampfhaft zwischen den seinen gepreßt hatte und brach in ein schmerzliches Stöhnen aus. Auch die vier Diener zeigten sich durch meine Worte niedergeschmettert. Sie ließen die Schirme fallen und ergingen sich in langen Jammerrufen. Der Tod des Elefanten bedeutet ja auch den ihren.

      Es tat mir weh, die Schmerzensausbrüche dieser Männer mit anhören zu müssen.

      Ich näherte mich dem Wongy und legte meine Hand auf seine Schulter. »Fasse dich, Mangvé! Deine Lage ist noch nicht so verzweifelt, als es dir scheint. Noch hast du Zeit zum Handeln,« sagte ich.

      »Nicht so verzweifelt? Mit mir ist es vorbei,« entgegnete er mit dumpfer Ergebung. »Der Elefant stirbt. Mein Leben, meine Familie, meine Güter – alles, alles ist verloren!«

      »Der Kaiser weiß noch nichts von dem bedenklichen Zustand des Herrn. Noch hast du Zeit – benütze sie, um zu fliehen.«

      »Fliehen? Wohin denn? Die Macht des Kaisers reicht weit, und wenn er erzürnt ist, läßt er keine Milde walten. Er würde mich überall zu finden wissen.«

      »Auch jenseits der Grenzen von Birma? Fliehe in ein fernes Land, wohin die Macht des Kaisers nicht reicht, und du hast nichts mehr zu fürchten.«

      »Dein Rat ist der eines Freundes,« entgegnete der Wongy und wiegte nachdenklich den Kopf. »Aber ich kann ihn nicht ausführen.«

      »Warum nicht? Bedenke, daß es sich um dein Leben handelt.«

      »Ich weiß es wohl. Aber ich bin nicht nur ein Edelmann, sondern auch ein Krieger. Alle Krieger ziehen den Tod der Schande vor. Wenn ich nun fliehe, wird man mich feige schelten, ja vielleicht sogar mutmaßen, daß ich den Tod des Herrn böswilligerweise herbeigeführt habe, während mein Tod alle Flecken tilgt, die jetzt noch auf meinem Namen sind, so daß derselbe für ewige Zeiten ehrenvoll in dem Gedächtnis meiner Mitbürger haften wird.«

      Ich konnte nun zwar diese Ansichten des Wongy nicht teilen, mußte ihn aber dessenungeachtet um derselben willen bewundern.

      Ich wollte eben nochmals in ihn dringen, doch meinem Rate zu folgen, als von der Straße her wirres Geräusch an mein Ohr schlug. Eine Menge Stimmen riefen durcheinander und dann ertönte ein Kommandoruf:

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