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wie es schien, in trübe Gedanken versunken. Dann kehrte er sich gebieterisch zu dem Zeremonienmeister: »Laß uns allein.«

      Der Sklave gehorchte.

      »Nimm Platz,« wandte sich Mangvé wieder zu mir, auf einen Sessel deutend. Er selbst ließ sich mir gegenüber nieder.

      »Lord Faire empfiehlt dich mir. Ich kenne meinen englischen Freund gut genug, um zu wissen, daß er mir niemals einen Mann empfehlen würde, der meines Hauses unwürdig ist,« fuhr er dann fort.

      »Das glaube ich auch,« entgegnete ich trocken.

      »Du bist ein Edelmann und gefällst mir.«

      Ich quittierte die Schmeichelei mit einer leichten Verbeugung.

      »Du bist auch gelehrt. Du bist der einzige Europäer meiner Bekanntschaft, der unsere Sprache spricht.«

      »Ich kenne kaum zwanzig Worte davon,« wehrte ich ab.

      »Nein, du sprichst sehr gut birmanisch. Wärest du nicht als Engländer gekleidet, ich würde wahrhaftig glauben, du seiest an den Ufern des Irawadi geboren. Gewiß bist du auch ein großer Arzt,« sagte der Wongy, der ebenfalls in dem Glauben befangen war, daß jeder Europäer ein vorzüglicher Mediziner sein müsse.

      Ich antwortete bejahend auf seine Frage. Ich verstand ja ein wenig von der Arzneikunde; aber hätte ich das auch geleugnet, er hätte mir doch nicht geglaubt.

      »Die europäischen Ärzte verstehen viel mehr, als die birmanischen,« fuhr der freundliche Alte fort.

      »Auch in Ara ist die Heilkunde weit vorgeschritten,« entgegnete ich sehr gegen meine Überzeugung.

      »Ich weiß, daß mein Vaterland groß ist in jeder Beziehung, aber die Gabe, Krankheiten zu heilen, verlieh Buddha den Engländern. Herr, möchtest du mir einen großen Gefallen erweisen?«

      »Jeden, der in meiner Macht steht.«

      »Wenn es dir gelingt, rettest du mir das Leben und machst du mich ewig zu deinem Schuldner.«

      Ich erriet jetzt, welche Gefälligkeit der Wongy von mir wünschte. Der weiße Elefant lag im Sterben und sein Hüter hielt mich für einen berühmten Arzt, ja, das war ich, aber doch kein Tierarzt!

      »Sprich,« sagte ich.

      »Du weißt wohl, daß ich der Hüter des Senmeng bin.«

      »Gewiß! Erlaube mir, daß ich dir zu dieser hohen Ehre gratuliere.«

      »Danke, aber jetzt steht vieles auf dem Spiele. Seine Hoheit ist tödlich erkrankt. Wehe mir! Stirbt er, so bin ich verloren. Der Kaiser zieht meine Güter ein, mein Weib wird von ihren Eltern verstoßen werden, mein einziger Sohn muß in die Verbannung wandern und ich – ich —« Er brach ab und senkte müde den Kopf.

      »Und du?«

      »Ich werde getötet,« entgegnete er dumpf.

      »Auch wenn der Senmeng eines natürlichen Todes stirbt?«

      »Auch dann.«

      »Aber das ist eine Ungerechtigkeit.«

      »Das Gesetz schreibt es so vor. Das Gesetz aber hat der Kaiser gemacht und was der Kaiser will, ist gut. Deshalb bitte, ja beschwöre ich dich, begleite mich in den Tempel und untersuche den Elefanten. Wer weiß, vielleicht gelingt es dir, ihn wieder herzustellen,« flehte der alte Mann.

      »Ich bin aber kein Tierarzt,« entgegnete ich. Das Verlangen war doch zu seltsam, als daß ich ihm gern entsprochen hätte.

      »Der weiße Elefant ist aber auch kein gewöhnliches Tier. Er ist der Schutzgeist des Kaisers und sein geheiligtes Leben gilt mir mehr als das Leben von zehntausend Mann oder hunderttausend Frauen,« erklärte der Wongy.

      Sollte ich die Bitte abschlagen? Ich hätte es gern getan, denn die Aussicht, einen Elefanten kurieren zu sollen, hatte wenig Verlockendes für mich.

      Aber vielleicht fand ich ein Mittel. So entschied ich mich kurz.

      »Ich stehe zu deiner Verfügung.«

      »Dank! – Dank!« rief der Alte erfreut. »O ich wußte wohl, daß ich dein edles Herz nicht vergeblich anrufen würde. Aber ehe ich dich in den Tempel führe, mußt du mir Versprechen, mein Gast zu sein.«

      »Ich verspreche es dir.«

      »Ich danke dir! Doch erlaube mir noch eine Bemerkung. Deine europäische Kleidung wird dir hier sehr hinderlich werden. Sie fällt unangenehm auf und wird überall die Aufmerksamkeit auf dich lenken.«

      »Du meinst also, ich solle mich nach birmanischer Art kleiden?«

      »Ja, das meine ich.«

      »Ich würde mich wohl dazu verstehen, aber ich glaube nicht, daß es viel helfen würde. Meine Gesichtszüge und Hautfarbe verraten mich ja doch sofort als Europäer.«

      »O darauf achtet niemand. In birmanische Kleidung gehüllt, verschwindest du unter der Menge.«

      »Gut denn, ich werde sofort gehen, und mir ein solches Gewand kaufen.«

      »Nein, das ist unnötig. Ich werde dir eines zur Verfügung stellen, wie es sich für deinen Rang und deine Stellung ziemt – ziemt auch für den Mann, der den Schutzgeist des Kaisers heilen soll.«

      »Ich nehme mit Dank dein gütiges Anerbieten an, aber du würdest mich doppelt verpflichten, wenn du das Gewand mir sofort übergeben ließest. Wir wollen den Besuch beim Senmeng nicht aufschieben.«

      »Du hast recht. Verzeih, wenn ich dir Speise und Trank erst später anbieten werde. Jetzt mag dich mein Zeremonienmeister vor allem in meine Garderobe führen, wo du dich umkleiden kannst.«

      Der Hüter des heiligen Tieres klatschte in die Hände, der Zeremonienmeister erschien.

      »Führe diesen fremden Wongy in meine Garderobe und hilf ihm, das beste meiner Gewänder anzulegen,« befahl ihm sein Herr.

      Über einen langen Korridor hinweg gelangten wir in die Garderobe, ein mäßig großes Zimmer.

      Da hingen an den Wänden die langen mantelähnlichen Oberkleider aus dunkelblauem, weißem und cremfarbenem Samt neben den Unterkleidern aus feinster Seide und – nach orientalischer Sitte – sehr lange Hosen. Da hingen auch seidene Jacken, wie sie die Diener nötig hatten und auf zwei langen Tafeln lagen Baretts in allen Farben, Formen und Größen und daneben elfenbeinerne Instrumente, ähnlich jenem, das ich den Zolloffizier hatte handhaben sehen, sowie Kassetten für den unentbehrlichen Betel, Spucknäpfe von Gold, Silber, Elfenbein und Bein, zum Teil fein ziseliert und viele Hörrohre, von denen fast jeder birmanische Würdenträger eines zur Seite hängen hat.

      Ich warf meinen Rock ab, nachdem ich seine Taschen ihres Inhaltes entledigt. Der Zeremonienmeister riet mir, auch die Hosen und die Weste abzulegen, aber dazu wollte ich mich nicht verstehen, sondern zog das hemdähnliche Unterkleid aus weißer Seide über diese europäischen Kleidungsstücke an und warf dann noch einen cremfarbigen Mantel um, der meine Gestalt ganz verhüllte und in dessen weiten Taschen ich auch den früheren Inhalt meines Rockes unterbrachte.

      Die Schwere des samtenen Oberkleides empfand ich allerdings nicht besonders angenehm. Amarapura liegt unter dem dreiundzwanzigsten Grad südlicher Breite.

      Ich setzte noch ein samtenes Barett auf den Kopf, hing ein silbernes Hörrohr an meine Seite und nahm in die Hand die Betelkassette und den Spucknapf.

      »Entledige dich erst noch der Stiefel, Herr,« bat mich höflich der Zeremonienmeister.

      »Aber ich sehe hier keine andere Fußbekleidung als Pantoffeln,« entgegnete ich.

      »Bei uns gehen alle, selbst der Kaiser, in Pantoffeln. Wenn du also unsere Tracht anlegen willst, mußt du auch die Pantoffeln tragen.«

      Dieser Brauch war aber gar nicht nach meinem Geschmack.

      Die Straßen waren schlecht; jeder Tag konnte Regen bringen.

      »Die Stiefel kann ich nicht ablegen. Laß uns jetzt zum Wongy zurückkehren,« entschied ich.

      »Du bist der Herr und ich muß dir gehorchen, doch bitte ich dich, dem Wongy zu sagen, daß es nicht

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