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seiner erhöhten Lage wegen allein verschonend.

      Holzbrücken vermitteln die Verbindung der Stadt mit den Feldern und umliegenden Dörfern. Die Landungsbrücke ist 3 Kilometer lang und 15 Meter breit, die andern geben ihr nicht viel nach. Amarapura bildet ein Quadrat, dessen einzelne Seiten 1600 Meter in der Länge messen, und wird von einer festen Mauer umschlossen, die 6 Meter hoch ist und von 56 Türmen gekrönt wird. Zwölf Tore, auf jeder Seite drei, führen in die Stadt. In einer Entfernung von 30 Meter zieht sich um sie ein 6 Meter tiefer und ebenso breiter Festungsgraben, der mit Zugbrücken versehen ist und in Kriegszeiten ein nicht zu unterschätzendes Hindernis für die Feinde bildet.

      Die Hauptstadt ist somit eine Festung ersten Ranges für das Land und für asiatische Truppen geradezu uneinnehmbar.

      Unterwegs fragte ich den Lastträger: »Weißt du, wo Wongy Mangvé wohnt?«

      »Gewiß, er wohnt in unmittelbarer Nähe des Tempels des Senmeng, da ihn Seine glorreiche Majestät zu dessen Ritter ernannt hat.«

      »Ist dieser Posten so ehrenvoll?« fragte ich etwas erstaunt, daß ein hoher Würdenträger des kaiserlichen Hofes zum Ritter eines Elefanten bestellt wurde.

      »Ohne Zweifel! Würde ihn sonst der Kaiser seinem treuen Wongy zuweisen?«

      Nach einer guten Stunde gelangten wir über eine Zugbrücke zu einem der Stadttore, das von vier Soldaten bewacht wurde. Sie lagen auf der Erde, die unvermeidliche Betelschachtel neben sich und die nach alter Art gearbeiteten Gewehre zwischen den Knien. Als sie mich erblickten, kreuzten sie dieselben, mir auf diese Weise den Eintritt verwehrend.

      Aus einem hölzernen Häuschen trat ein Offizier, lehnte sich gemächlich an die Mauer und frug mich barsch in birmanischer Sprache: »Wohin willst du?«

      Ich hatte bereits in meinem Vaterlande die Gelegenheit wahrgenommen, mir in etwas diese Sprache anzueignen und entgegnete also ebenfalls in ihr und nicht weniger barsch: »In die Stadt.«

      »Du sprichst unsere Sprache?« rief der Soldat überrascht.

      »Du erwartetest es wohl nicht?« fragte ich nicht ohne Stolz.

      »Nein!«

      »Warum fragtest du mich dann auf birmanisch?«

      Der Offizier zog es vor, diese berechtigte Frage unbeantwortet zu lassen und setzte das Verhör fort: »Besitzest du die Erlaubnis, die Stadt zu betreten?«

      »Ich bin ein Freund Mangvé-Mengyis.«

      »So magst du passieren. Aber spute dich, denn binnen kurzem möchte dir die Freundschaft des Wongy verhängnisvoll werden.«

      »Wieso?« forschte ich, bestürzt über diese Eröffnung.

      »Du wirst es erfahren zu seiner Zeit. Jetzt beeile dich, wenn dir dein Leben lieb ist.« Damit kehrte er mir den Rücken und entfernte sich rasch.

      Nachdenklich betrat ich die Stadt. Welche Bedeutung sollte ich jenen Worten beimessen? Die Freundschaft des Wongy konnte mir in einer kurzen Spanne Zeit verhängnisvoll werden. Aber warum das? Sollte der Wongy in Ungnade bei dem Kaiser gefallen sein? War es denn klug von mir, mich als seinen Freund auszugeben, ihn überhaupt aufzusuchen? Konnte er nicht auch mich in mehr oder minder schwerer Weise mit in sein Verhängnis verwickeln?

      Aber vielleicht war es auch nur ein Scherz von dem Offizier gewesen. Die Freundschaft des Wongy konnte mir verhängnisvoll werden; bis jetzt also war sie es noch nicht.

      »Zum Tempel des Senmeng!« befahl ich meinem Begleiter, einen entschiedenen Anlauf nehmend.

      Wir schritten weiter.

      Amarapura ist sehr regelmäßig gebaut. Lange saubere Straßen führen von einem Tore der Stadt zu dem anderen und schneiden sich in geraden Winkeln. Die Straßen sind nicht gepflastert, sondern aus festgestampfter Tonerde gebildet. Sie sind bei trockener Witterung vorzüglich, aber während der großen Regen werden sie fast ungangbar; in den Hauptstraßen versinkt man dann bis über die Knie und noch tiefer im Schlamm.

      In der Mitte der Straßen, wenige Schritte von den Häusern entfernt, erheben sich zwei Reihen von Palisaden, hoch und solid gearbeitet, die mit weißer Kalkfarbe bestrichen und von Terrakottavasen gekrönt sind, aus denen liebliche Blumen wohlriechende Düfte entsenden. – Auf diese Weise werden die an sich sehr breiten Straßen in drei schmale Gänge geteilt, von denen der mittelste der breiteste ist. Wer von einer Seite der Straße auf die andere gelangen will, muß daher weite Umwege beschreiben, ehe er sein Ziel erreicht. Diese eigenartigen Palisaden führen den Namen Yaja-mat oder kaiserliche Palisaden und verfolgen den Zweck, das Volk bei einem etwaigen Ausgange des Monarchen abzuhalten, sich an diesen heranzudrängen. Die orientalischen Herrscher und darunter besonders der von Birma, verbergen sich gerne unter einem mysteriösen Schleier vor ihren Untertanen, weil sie glauben, dadurch majestätischer zu erscheinen. Sie lassen sich deshalb selten sehen.

      Im Vergleich mit den Straßen erscheinen die Häuser, die sich zu ihren Seiten hinziehen, armselig. Der Brand von 1831 zerstörte zwei gute Dritteile der Hauptstadt, darunter die herrlichsten Paläste, prachtvolle Tempel und die reichsten Wohngebäude. Die Stadt wurde zwar wieder aufgebaut; aber während die Tempel und wenigen öffentlichen Gebäude in noch größerem Glanze erstanden und die alten an Schönheit und Reichtum verdunkelten, gestalteten sich die Privathäuser dürftig. Viele Städter verließen die Hauptstadt, weil das Leben dort teuer ist und die zahllosen Holztempel eine stete Gefahr im Falle des Ausbruches eines Feuers sind und siedelten sich anderswo an. Nur die Beamten und die ärmere Klasse blieben zurück.

      In der Mitte der Stadt befindet sich der prachtvolle kaiserliche Palast. Er bildet ein Quadrat, dessen Seiten parallel mit der Mauer laufen, die Amarapura umschließt. Drei Mauergürtel umgeben den mittelsten Teil, die Wohnung des Monarchen, denn eigentlich besteht der Palast aus einer Anhäufung von Gebäuden. Diese sind unter einem gemeinsamen Dache vereinigt, welches von reich mit vergoldeter Holzschnitzerei verzierten Säulen getragen wird, und teilweise aus Holz, teilweise aus Steinen errichtet sind.

      An der nördlichen Mauer erhob sich der ganz aus vergoldetem Holze erbaute Tempel des weißen Elefanten – das Ziel meines Weges.

      Die wenigen Personen, die uns begegneten, waren lediglich Eingeborene. Keiner von ihnen schenkte mir auch nur einen Blick; sie sprachen eifrig miteinander, ihre Gesichter drückten unverkennbar Furcht und Schrecken aus.

      »Hat die Stadt vielleicht ein schweres Unglück betroffen?« fragte ich meinen Führer.

      »Nicht, daß ich wüßte,« lautete die Antwort.

      »Die Leute, die uns begegneten, schienen mir so niedergeschlagen.«

      »Auch ich machte bereits diese Wahrnehmung. Niemand kümmert sich um dich, niemand fragt mich, wer du seiest, damit ich ihnen erzählen könnte, daß ich heute die Ehre habe, einen Pair von England zu führen,« sagte der Packträger mit betrübter Naivetät.

      Wir gelangten jetzt in die Nähe einer Gruppe von fünf Personen, die eifrig gestikulierten.

      »Der weiße Elefant —« hörten wir einen von ihnen sprechen.

      Dieses Wort erregte die Neugierde des Packträgers. »Entschuldige mich, Herr,« sagte er und näherte sich der Gruppe. Ich ging unterdessen langsam weiter.

      Bald holte er mich ein. Seine Züge zeigten hohen Ernst.

      »Was hast du in Erfahrung gebracht?« erkundigte ich mich.

      »Ein schweres Unglück bedroht Amarapura, Herr!«

      »Ist der Kaiser erkrankt?« fragte ich, da ich die Worte des Trägers sofort in Verbindung mit jenen brachte, die der wachthabende Offizier zu mir gesprochen. »Es ist schlimmer, Herr, viel schlimmer.«

      »So sprich doch!« rief ich ungeduldig.

      »Der weiße Elefant —«. Er stockte.

      »Ist entflohen?«

      »Wenn es nur das wäre!«

      »Also krank?«

      »Er liegt im Sterben!« sagte der Mann tieftraurig.

      »Im Sterben?« wiederholte ich erschrocken.

      »Im

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