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Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Derjenige, welcher auf dem Stuhle in der Mitte saß, stand auf und sprach, indem er sich gegen die Versammlung wandte:
»Wie viel sind wir hier, meine Brüder?«
»Dreihundert,« antworteten die Gespenster mit einer Stimme, welche im Saale donnerte und sich beinahe in demselben Augenblick an dem Leichenbehänge der Wände brach.
»Dreihundert, von denen jeder zehntausend Verbündete vertritt,« sagte der Präsident, »dreihundert Schwerter, welche so viel werth sind, als drei Millionen Dolche.«
Dann sich an den Reisenden wendend fragte er:
»Was verlangst Du?«
»Das Licht zu sehen,« antwortete dieser.
»Die Pfade, welche auf den Feuerberg führen, sind rauh und hart; fürchtest Du Dich nicht, dieselben zu betreten?«
»Ich fürchte nichts.«
»Hast Du einmal einen Schritt vorwärts gemacht, so ist es Dir nicht mehr gestattet, umzukehren Bedenke dies.«
»Ich werde nur stille stehen, wenn ich das Ziel berührt habe.«
»Bist Du bereit, zu schwören?«
»Sprecht mir den Schwur vor und ich werde ihn wiederholen.«
Der Präsident erhob die Hand und sprach mit langsamem, feierlichem Tone folgende Worte:
»Im Namen des gekreuzigten Sohnes schwöret, die fleischlichen Bande zu brechen, welche Euch noch an Vater, Mutter, Brüder, Schwestern, Frau, Verwandte, Freunde, Geliebtinnen, Könige, Wohlthäter und an irgend ein Wesen binden, dem Ihr Treue, Gehorsam, Dankbarkeit oder Dienstbarkeit gelobt habt.«
Der Reisende wiederholte mit fester Stimme die Worte, die ihm von dem Präsidenten vorgesprochen wurden, welcher zum zweiten Paragraphen des Schwures überging und gleich langsam und feierlich fortfuhr:
»Von diesem Augenblicke an seid Ihr von dem dem Vaterlande und den Gesetzen geleisteten angeblichen Eide frei; schwöret also dem neuen Haupte, das Ihr anerkennt, zu enthüllen, was Ihr gesehen oder gethan, gelesen oder gehört, erfahren oder errathen habt, und sogar das, was sich Euren Augen nicht bieten würde, zu erforschen und zu erspähen.«
Der Präsident schwieg und der Unbekannte wiederholte die Worte, die er gehört hatte.
Dann fuhr der Präsident, ohne den Ton zu verändern, fort:
»Ehret und achtet die Aqua Tosana als ein rasches, sicheres, nothwendiges Mittel, um die Erde durch den Tod oder durch die Verblödung derjenigen zu reinigen, welche die Wahrheit zu erniedrigen oder unsern Händen zu entreißen suchen.«
Ein Echo hätte nicht getreuer diese Worte wiedergegeben, als es der Unbekannte that; der Präsident fuhr fort:
»Flieht Spanien, flieht Neapel, flieht jedes verfluchte Land, flieht die Versuchung, irgend etwas von dem, was Ihr hören oder sehen werdet, zu enthüllen, denn der Blitz trifft nicht rascher, als Euch, wo Ihr auch immer sein möget, das unsichtbare und unvermeidliche Messer erreichen wird.«
»Lebet im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.«
Trotz der Drohung, welche diese letzten Zeilen enthielten, war es unmöglich, eine Bewegung auf dem Antlitz des Unbekannten wahrzunehmen, der das Ende des Schwures und die Anrufung, die ihm folgte, mit eben so ruhigem Tone aussprach, als er den Ansang gesprochen hatte.
»Und nun umhüllt die Stirne des Aufzunehmenden mit der heiligen Binde,« sagte der Präsident.
Zwei Gespenster näherten sich dem Unbekannten; dieser neigte das Haupt, und eines von ihnen legte auf seine Stirne ein aurorfarbiges Band, das mit silbernen Charakteren beladen war, unter denen das Bild von Unserer Lieben Frau von Loretto sichtbar wurde; das andere Gespenst knüpfte hinter ihm die zwei Enden unten am Halse.
Dann entfernten sie sich und ließen den Unbekannten abermals allein.
»Was verlangst Du?« sprach der Präsident zu ihm.
»Drei Dinge,« antwortete der Candidat.
»Welche Dinge?«
»Die eiserne Hand, das feurige Schwert, die diamantene Wage.«
»Warum wünschest Du die eiserne Hand?«
»Um die Tyrannen zu ersticken.«
»Warum wünschest Du das feurige Schwert?«
»Um den Unreinen von der Erde zu verjagen.«
»Warum wünschest Du die diamantene Wage?«
»Um die Geschicke der Menschheit abzuwägen.«
»Bist Du für die Proben vorbereitet?«
»Der Starke ist zu Allem vorbereitet.«
»Die Proben! die Proben!« riefen mehrere Stimmen.
»Kehre Dich um,« sagte der Präsident.
Der Unbekannte gehorchte und sah sich gegenüber einen Menschen, der bleich wie der Tod, geknebelt und gebunden war.
»Was siehst Du?« fragte der Präsident.
»Einen Verbrecher oder ein Opfer.«
»Es ist ein Verräther, der, nachdem er den Eid geleistet, den Du geleistet hast, das Geheimniß des Ordens offenbarte.«
»Es ist also ein Verbrecher.«
»Ja; welche Strafe hat er verdient?«
»Den Tod.«
Die dreihundert Gespenster wiederholten: »Den Tod!«
In demselben Augenblick wurde der Verurtheilte trotz übermenschlicher Gegenwehr in die Tiefen des Saales fortgezogen; der Reisende sah, wie er sich in den Händen seiner Henker krümmte und sträubte; er hörte seine pfeifende Stimme durch das Hinderniß des Knebels, Ein Dolch funkelte und wiederstrahlte wie ein Blitz im Schimmer der Lampen; dann hörte man einen matten Stoß, und das Geräusch eines schwerfällig aus den Boden fallenden Körpers erscholl dumpf und schauervoll.
»Es ist Gerechtigkeit geschehen,« sprach der Unbekannte, sich gegen den furchtbaren Kreis umwendend, der mit gierigen Blicken durch die Schweißtücher dieses Schauspiel verschlungen hatte.
»Du billigst also die Hinrichtung, welche so eben stattgefunden hat?« sagte der Präsident.
»Ja, wenn derjenige, welcher den Streich erhalten, wirklich schuldig war.«
»Und Du würdest auf den Tod jedes Menschen trinken, der, wie er, die Geheimnisse der heiligen Verbindung verriethe?«
»Ich würde trinken.«
»Was für ein Getränke es auch sein möchte?«
»Was für eines es auch sein möchte.«
»Bringt die Schale,« sprach der Präsident.
Einer von den zwei Henkern näherte sich dem Aufzunehmenden und reichte ihm einen rothen, lauen Saft in einem Menschenschädel, der auf einem bronzenen Fuße befestigt war.
Der Unbekannte nahm die Schale aus den Händen des Henkers, erhob sie über seinen Kopf und sprach:
»Ich trinke auf den Tod jedes Menschen, der die Geheimnisse der heiligen Verbindung verräth.«
Dann senkte er die Schale zur Höhe seiner Lippen, leerte sie bis auf den letzten Tropfen und gab sie kalt demjenigen zurück, welcher sie ihm gereicht hatte.
Ein Gemurmel des Erstaunens durchlief die Versammlung, und die Gespenster schienen sich einander durch ihre Leichentücher anzuschauen.
»Es ist gut,« sprach der Präsident. »Die Pistole!«
Ein Gespenst näherte sich dem Präsidenten, in einer Hand eine Pistole, in der andern eine bleierne Kugel und eine Ladung Pulver haltend.
Der Aufzunehmende wandte kaum seine Augen nach dem Gespenste.
»Du gelobst