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immer mehr aus, während die Dünste, welche vom Boden aufstiegen, sich an sie anhingen; man sah sie auch in ihrer unheilvollen Weiße alle die anderen bläulichen Wolken zurückstoßen, welche sich unter den Wind zu stellen suchten, wie es die Schiffe an einem Schlachttage thun.

      Durch diese Wolke, die sich mit der Schnelligkeit einer steigenden Fluth am Himmel ausbreitete, wurden bald die letzten Sonnenstrahlen aufgefangen; ein gräuliches, trübes Licht filtrirte nur mühsam auf die Erde und die Blätter, welche zitterten, ohne daß der geringste Wind durch die Luft strich, nahmen die schwarze Tinte an, mit der sie sich unter den ersten auf die Abwesenheit der Sonne folgenden Lagen der Dunkelheit bekleiden.

      Plötzlich durchfurchte ein Blitz die Wolke, der Himmel spaltete sich in Feuerrauten, und das erschrockene Auge konnte in die unermeßlichen, wie die Hölle glühenden Tiefen des Firmaments tauchen.

      Ein Donnerschlag erschütterte, von Baum zu Baum bis zu dem Gehölze springend, durch das sich die Straße zog, beinahe in demselben Augenblicke sogar die Erde und ließ die große Wolke wie ein wüthendes Pferd laufen.

      Der Wagen rollte immer weiter und spie aus seinem Kamin fortwährend Rauch aus; nur war dieser Rauch, zuvor schwarz, nunmehr zart und opalfarbig geworden.

      Hienach verfinsterte sich der Himmel gleichsam in Stößen; das Fenster der Imperiale wurde von einem lebhaften, purpurrothen Schimmer übergossen und blieb beleuchtet; offenbar nahm der Bewohner dieser rollenden Zelle, den äußeren Erscheinungen fremd, seine Maßregeln gegen die Nacht, um nicht in dem Werke, das er vollführte, unterbrochen zu werden.

      Der Wagen war noch auf dem Plateau des Berges, er hatte die Fahrt abwärts noch nicht begonnen, als ein zweiter Donnerschlag, noch heftiger als der erste und noch mehr mit metallischen Vibrirungen beladen, den Regen von den Wolken löste; er fiel Anfangs in großen Tropfen, stürzte aber bald dicht und starr herab, wie Arme voll Pfeile, die man vom Himmel geschleudert hätte.

      Die Postillons schienen sich zu berathen, der Wagen hielt an.

      »Nun!« rief dieselbe Stimme, doch diesmal in vortrefflichem Französisch, »was Teufels machen wir?«

      »Wir fragen uns, ob wir weiter fahren sollen,« antworteten die Postillons.

      »Es scheint mir, daß man mich das fragen müßte, und nicht Euch,« versetzte die Stimme. »Vorwärts!«

      Es lag ein so mächtiger Ausdruck des Befehls in dieser Stimme, daß die Postillons gehorchten und der Wagen auf dem Abhange des Gebirges hinabzurollen begann.

      »Gut so!« rief die Stimme.

      Und die einen Augenblick geöffneten ledernen Vorhänge fielen abermals zwischen die Reisenden und das Vordergestell der Kutsche.

      Doch die von Natur thonige und feuchte, durch die vom Himmel fallenden Regenströme erweichte Erde wurde plötzlich so schlüpfrig, daß die Pferde vorzurücken sich weigerten.

      »Mein Herr,« sagte der Postillon, der das Deichselpferd ritt, »es ist unmöglich, weiter zu gehen.«

      »Warum dies?« fragte die uns bekannte Stimme.

      »Weil die Pferde nicht mehr marschiren.«

      »Wie weit sind wir noch von der Station entfernt?«

      »Ah! diese ist lang, wir haben noch vier Lieues.«

      »Wohl, Postillon, lege Deinen Pferden silberne Hufeisen an, und sie werden marschiren,« sprach der Fremde, indem er den Vorhang öffnete und ihm vier Sechs-Livres-Thaler reichte.

      »Sie sind sehr gütig,« sagte der Postillon, nahm die Thaler in seine breite Hand und steckte sie in seinen großen Stiefel.

      »Der Herr spricht mit Dir, wie mir scheint,« sagte der zweite Postillon, der den silbernen Klang gehört hatte, welchen die Sechs-Livres-Thaler bei ihrer Versenkung von sich gaben, und von einem Gespräch, das ein so großes Interesse bot, nicht ausgeschlossen sein wollte.

      »Ja, er sagt so etwa, wir sollen vorwärts fahren.«

      »Habt Ihr etwas gegen diesen Wunsch einzuwenden, mein Freund?« rief der Reisende mit einem wohlwollenden, aber zugleich festen Tone, aus dem zu entnehmen war, daß er in diesem Punkte keinen Widerspruch dulden würde.

      »Nein, mein Herr, nicht ich, sondern die Pferde; sehen Sie, sie weigern sich, vorwärts zu gehen.«

      »Wozu dienen denn die Sporen?« versetzte der Reisende.

      »Ah! wenn ich ihnen das Spornrad ganz und gar in den Bauch drückte, sie würden keinen Schritt mehr machen; der Himmel soll mich vertilgen, wenn . . .,«

      Der Postillon konnte seine Blasphemie nicht vollenden, ein Blitzstreich, gleich furchtbar durch das Geräusch und die Flamme, schnitt ihm das Wort ab.

      »Das ist ein unchristliches Wetter,« sagte der brave Mann, »Ei! mein Herr, sehen Sie doch, der Wagen rückt jetzt ganz allein vor, in fünf Minuten wird er schneller gehen, als wir wollen. Mein Jesus und Herr! wir rollen unwillkührlich fort.«

      Auf das Kreuz der Pferde drückend, welche sie in Ermangelung von Anhalten nicht mehr stützen konnten, nahm die schwere Carrosse in der That eine Bewegung progressiven Laufes, welche die Vervielfältigung der Schweren bald in eine stürmische Umdrehung verwandelte.

      Die Pferde wurden vor Schmerz wild und die Equipage flog, sichtbar dem Präcipiß sich nähernd, wie ein Pfeil den dunkeln Abhang hinab.

      Es war nicht mehr allein die Stimme, sondern auch der Kopf des Reisenden, was nun aus dem Wagen hervor kam.

      »Ungeschickter!« rief er, »Du wirst uns Alle tödten, links die Leitseilc! links doch.«

      »Ei! mein Herr, ich möchte Sie wohl hier sehen,« erwiederte der erschrockene Postillon, während er vergebens seine Zügel zusammenzufassen und die verlorene Herrschaft über seine Pferde wieder zu gewinnen suchte.

      »Joseph!« rief eine Frauenstimme, die sich zum ersten Male hörbar machte; »Joseph! zu Hülfe! zu Hülfe! Ah! heilige Mutter Gottes.«

      Die Gefahr war wirklich dringend, furchtbar, und konnte dieses Anrufen der Mutter Gottes wohl begründen. Stets durch sein Gewicht fortgerissen und nicht mehr durch eine sichere Hand gelenkt, rückte der Wagen immer näher gegen den Abgrund, auf welchem bereits eines von den zwei Pferden zu hängen schien; noch drei Umdrehungen des Rads, und Pferde, Wagen, Postillons, Alles war hinabgeschleudert, zermalmt, vernichtet, als der Reisende aus dem Cabriolet auf die Deichsel stürzte, den Postillon am Rockkragen und am Gürtel seiner Hose faßte, aufhob, wie er es nur mit einem Kinde gethan haben könnte, zehn Schritte hinausschleuderte, an seine Stelle auf den Sattel sprang, die Zügel zusammenfaßte, und mit furchtbarer Stimme dem zweiten Postillon zurief:

      »Links, Bursche, links oder ich zerschmettre Dir die Hirnschale!«

      Der Befehl brachte eine magische Wirkung hervor; der Postillon, der die Vorderpferde führte, machte, verfolgt von dem Geschrei seines unglücklichen Gefährten, eine übermenschliche Anstrengung, gab dem Wagen die Richtung und führte ihn, mächtig unterstützt durch den Reisenden, auf die Mitte des Pflasters, wo er mit der Geschwindigkeit und dem Lärmen des Donners, gegen den er zu kämpfen schien, hinrollte.

      »Im Galopp!« rief der Reisende, »im Galopp; wenn Du nachläßt, fahre ich Dir und Deinen Pferden über den Leib.«

      Der Postillon begriff, daß dies keine leere Drohung war, er verdoppelte seine Energie, und der Wagen fuhr mit gräßlicher Geschwindigkeit den Berg hinab; wer ihn in der Nacht hätte vorüberkommen sehen, mit seinem furchtbaren Geräusche, mit seinem flammenden Kamine und dem erstickten Geschrei, dürfte geglaubt haben, er erblicke ein höllisches Fuhrwerk, fortgerissen durch phantastische Pferde und verfolgt von einem Orkan.

      Doch die Reisenden hatten nur eine Gefahr vermieden, um in eine andere zu gerathen. Die über dem Thale schwebende elektrische Wolke hatte Flügel und eilte so rasch fort, als die Pferde. Von Zeit zu Zeit schaute der Reisende empor, dies besonders wenn ein Blitz die Wolke zerriß, und bei dem Schimmer dieses Blitzes konnte man auf seinem Gesichte eine Regung der Unruhe unterscheiden, die er nicht zu verbergen suchte, denn Niemand außer Gott war da, um ihn zu beobachten. In dem Augenblick, wo der Wagen den Fuß des Abhanges erreichte und durch seinen

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