ТОП просматриваемых книг сайта:
Die Mohicaner von Paris. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Die Mohicaner von Paris
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Die Dinge waren nach dem festgestellten Programm vor sich gegangen: die zwei jungen Leute hatten im Wagen von Herrn Jackal Platz genommen, und alle Drei fuhren nach dem Bas-Meudon.
Wir haben es versucht, Herrn Jackal in physischer Hinsicht zu schildern: nun einen Pinselstrich in Betreff des Moralischen.
Herr Jackal war ein vormaliger Polizeikommissär, den seine wunderbaren Fähigkeiten von Stock zu Stock bis zu diesem höchsten Giebel des Chefs der Sicherheitspolizei hatten steigen lassen.
Herr Jackal kannte alle Diebe, alle Gauner, alle Zigeuner in Paris; freigelassene Galeerensklaven, bannbrüchige Galeerensklaven, geübte Diebe, Diebslehrlinge, ausgelernte Diebe, Diebe, die sich aus den Geschäften zurückgezogen, Alles dies wimmelte unter seinem weit umfassenden Blicke im kothigen Pandämonium der alten Lutetia, ohne sich, wie groß auch die Dunkelheit der Nacht, die Tiefe der Steinbrüche, die Zahl der Freischenken sein mochten, seinem Auge entziehen zu können; er war beschlagen in seinen Garnise,14 seinen Spielhäusern, seinen Bordellen, wie Philidor in den Feldern seines Schachbrettes; wenn er einen ausgenommenen Laden, ein zerbrochenes Fenster, einen gegebenen Messerstich nur anschaute, sagte er: »Ah! ich kenne das! Das ist die Manier zu arbeiten von Dem und Dem.«
Und selten irrte er sich.
Herr Jackal schien keinem der Bedürfnisse der Natur unterworfen zu sein. Hatte er nicht Zeit, zu frühstücken, so frühstückte er nicht; hatte er nicht Zeit, zu Mittag zu speisen, so speiste er nicht zu Mittag; hatte er nicht Zeit, zu Nacht zu essen, so aß er nicht zu Nacht; hatte er nicht Zeit, zu schlafen, so schlief er nicht.
Herr Jackal trug mit gleichem Glücke und mit gleicher Bequemlichkeit alle Verkleidungen: Rentier des Marais, General des Kaiserreichs, Mitglied des Caveau, Concierge von vornehmem Hause, Portier von kleinem Gewürzkrämer, Wundmittelhändler, Seiltänzer, Pair von Frankreich, Voltigeur von Gent, er war Alles, was man wollte, und hätte den geschicktesten und vielseitigsten Schauspieler beschämt.
Proteus wäre gegen ihn nur ein Grimassenmacher von Tivoli oder vom Boulevard du Temple gewesen.
Herr Jackal hatte weder Vater, noch Mutter, noch Schwester, noch Bruder, noch Sohn, noch Tochter; er war allein in der Welt und schien der Familie durch eine aufmerksame Vorsehung beraubt worden zu sein, welche ihm indem sie ihm die Zeugen seines Geheimnisvollen Lebens nahm, allein auf seinem Wege zu gehen erlaubte.
Herr Jackal hatte in den vier Fächern seiner Bibliothek vier Ausgaben von Voltaire!
Zu einer Zeit, wo Jedermann, bei der Polizei besonders, Jesuit von der langen Robe oder von der kurzen Robe war, hatte er allein seine freie Sprache, citirte das Dictionnaire philosophique bei jeder Veranlassung und wußte die Pucelle auswendig« Diese vier Exemplare des Verfassers von Candide waren in Chagrin gebunden und am Schnitt versichert, ein Traueremblem des begrabenen Glaubens ihres Eigenthümers.
Jackal glaubte nicht an das Gute; das Böse beherrschte für ihn die ganze Schöpfung. Das Böse unterdrücken schien ihm der einzige Zweck des Lebens zu sein; er begriff eine Welt mit anderen Endzwecken nicht.
Es war eine Art von Erzengel Michael der niederen Regionen; das jüngste Gericht hatte schon für ihn angefangen, und er machte Gebrauch von der Gewalt, die ihm die Gesellschaft anvertraut, wie der Würgengel sich seines Schwertes bedient.
Die Menschen schienen ihm eine große Sammlung von Marionetten und von Gliedermännchen zu sein, welche alte Arten von Gewerben treiben; die Fäden dieser Marionetten und dieser Gliedermännchen setzten, nach seiner Ansicht, die Frauen in Bewegung; er hatte auch eine Monomanie, von der wir ein Muster bei den ersten Worten, die er, sein Cabinet öffnend, sprach, gesehen haben, eine Monomanie, die ihn beinahe unfehlbar zur Entdeckung des Verbrechens führte, dessen Urheber er wollte kennen lernen.
So oft man ihm eine Verschwörung, einen Mord, einen Diebstahl, eine Entführung, einen Einbruch, eine Heiligthumsentweihung, einen Selbstmord anzeigte, gab er nur zur Antwort: »Suchet die Frau!«
Man suchte die Frau, und wenn die Frau gefunden war, brauchte man sich um nichts mehr zu bekümmern: das ürbrige fand sich ganz allein.
Er hatte selbst den Beweis hiervon gegeben, indem er das Beispiel des Deckers citirte, der von einem Dache auf das Pflaster herabgestürzt war.
Herr Jackal hatte eine Frau im Grunde dieses Unfalls gesehen, wo ein Anderer einen falschen Tritt, eine Blendung, einen Schwindel gesehen haben würde.
Und die Erfahrung hatte bewiesen, daß Herr Jackal recht gesehen.«
Herr Jackal war also seinem Grundsatze treu, als er zu Salvator in Betreff der Entführung von Mina sagte: »Suchet die Frau!«
Dies war, – und wir bleiben sehr hinter dem Portrait, das wir geraden ihm hätten zeichnen mögen, – dies war Herr Jackal, das heißt, der Mann, mit welchem und in dessen Wagen Salvator und Jean Robert längs dem Quai der Tuilerien hinfuhren.
Ah! wir vergessen einen charakteristischen Zug der Physiognomie von Herrn Jackal: er trug eine grüne Brille, nicht um besser zu sehen, sondern damit man ihn weniger sehe.
Wollte er den freien Gebrauch seiner Augen haben, so hob er mit einer raschen Bewegung seine Brille an seine Stirne empor; der Strahl seines in allen Farben spielenden Blickes warf eine Flamme zwischen seinen Augenlidern aus, dann senkte er seine Brille wieder, doch ohne die Hände daran zu legen, durch ein leichtes Schauern der Schlafmuskeln: beim Schauern dieser Muskeln fiel die Brille von selbst nieder und nahm wieder ihren Platz in der Fuge ein, die ihr stählerner Bogen nach und nach auf der Nase von Herrn Jackal ausgegraben hatte.
Selten brauchte er diese Inspectiont zu erneuern, so rasch, tief und sicher war sein Blick.
Dieser Blick glich jenen stillen Sommerblumen, welche zwischen zwei Wolken in den heißen Abenden im Monat August durchzucken.
XXXV
Suchet die Frau
Herr Jackal, als er die zwei jungen Leute in seinem Wagen aufnahm, fing damit an, daß er seine Brille emporhob und auf Jean Robert einen von den Blicken warf, die ihm den moralischen und den physischen Menschen offenbarten.
Nach einer Secunde fiel seine Brille wieder nieder, mochte er nun Jean Robert als einen Dichter, der, wie gesagt, schon den erstern Kreis der Popularität überschritten, erkannt haben, oder hatten die redlichen Linien im Gesichte des jungen Mannes genügt, um ihm anzuzeigen, es werde nie etwas für ihn auf dieser Seite zuthun sein.
»Ah!« sprach er, als er es sich in einer der aufgepolsterten Ecken seines Wagens bequem gemacht, welche Ecke er Salvator hatte abtreten wollen, was aber dieser beharrlich ausgeschlagen, »wir sagen also, es handle sich um eine Entführung?«
Herr Jackal nahm seine Tabaksdose, – eine reizende, zarte, feine Bonbonnière, welche einst Pastillen für die Pompadour oder die Dubarry enthalten mußte, – und schlürfte mit Wollust eine starke Prise Tabak.
»Nun, so erzählen Sie mir das.«
Jeder Mensch hat seine schwache Seite, seine schlecht in den Stix getauchte Ferse, seinen verwundbaren Punkt.
Herr Jackal hatte den seinigen, und wir haben es – ein ungetreuer Geschichtschreiber, – unterlassen, desselben zu erwähnen.
Herr Jackal konnte das Essen, das Trinken, das Schlafen entbehren, doch er konnte das Schnupfen nicht entbehren.
Seine Tabatière und sein Tabak waren für ihn unerläßliche Dinge.
Man hätte glauben sollen, aus seiner Tabaksdose schöpfe er die zahllose Serie geistreicher Gedanken, durch deren augenblickliche und unablässige Produktion er seine Zeitgenossen in Erstaunen setzte.
Er schlürfte also seine Prise und sagte: »Nun, so erzählen Sie das.«
Was er zum zweiten Male hören sollte, hatte Herr Jackal schon ein erstes Mal gehört, doch schlecht, zwischen zwei Thüren, mit andern Ideen beschäftigt.
Es war für ihn Bedürfniß, die Sache noch
14
Häuser, wo Schlafstellen für einzelne Nächte vermiethet werden.